Exklusive HR-Zirkel
Vorbildliche Personalarbeit hat viel mit Beziehungspflege zu tun. Doch wie gut ist die Schweizer HR-Szene eigentlich selbst vernetzt? Neben den einschlägig bekannten HR-Verbandsnetzwerken und unzähligen Branchenplattformen gibt es in der Schweiz auch einige exklusive Zirkel, die nur einem handverlesenen Kreis zugänglich sind. Ein Einblick.
Foto: iStockphoto
«Es ist eine Schwäche von HR, auf inhaltlicher Ebene zu netzwerken», meint ein Brancheninsider. «Oft habe ich gemerkt, dass HRler zwar sozial sind und sich treffen, aber einen inhaltlich fundierten Austausch innerhalb einer Industrie gibt es sehr selten, da alle Angst haben, Geheimnisse auszuplaudern oder mit dem C-Level in ihrem Unternehmen Ärger zu bekommen.» Das würden die Disziplinen Finanzen, Kommunikation, IT, Logistik und Marketing «wesentlich effizienter und für ihre operative Arbeit nützlicher tun», so der ehemalige HR-Chef eines namhaften Schweizer Konzerns weiter. Ebenfalls seien Netzwerke sehr wertvoll, welche auf gemeinsam absolvierten Aus- oder Weiterbildungen basieren, weil diese auf eine «sichere Plattform des Austausches und der Reflexion» abstützen. «Egal, ob es sich dabei um MBA-Programme, spezielle HR-Ausbildungen oder andere Weiterbildungen handelt.» Dazu zählen auch informelle Netzwerke in Form generationsübergreifender Gruppen, die sich über die Jahre um einschlägig bekannte HR-Professoren wie Bruno Staffelbach von der Uni Zürich oder Martin Hilb vom Institut für Personalmanagement an der HSG geschart haben.
Apropos HSG: Auf dem Feld der Kontaktpflege scheint die St. Galler Hochschule die Nase vorn zu haben. So verfügt die Elitenschmiede nicht nur generell über ein lebendiges Alumni-Netzwerk, welches von PwC-Partner Urs Landolf mit seinem Vorstand gepflegt wird: «Wir bringen uns aufgrund unseres gemeinsamen Hintergrunds der ‹formative years› an der HSG ein Vorschussvertrauen entgegen. Das kann in schwierigen geschäftlichen Situationen helfen, gordische Knoten zu durchschlagen.» Während der Nutzen von Vitamin B darin bestehe, «dass auch bedeutende Angelegenheiten rasch und unkompliziert angepackt und umgesetzt werden können», liege umgekehrt ein Risiko von Vitamin B darin, «dass man die Augen nicht genügend offen hat für ‹Neues›» – seien das Personen oder Ideen. Mit «ConnexHR» verfügt die HSG seit 1999 zudem auch über einen fachspezifischen HR-Alumni-Club. Dieser wird von Stefanie Rieger präsidiert und hat die Netzwerkpflege und den fachlichen Austausch zum Ziel. Der Club steht ausschliesslich HSG-Absolventen offen, sofern sie «einen beruflichen Schwerpunkt im HR-Management oder in HR-nahen Bereichen» vorweisen können.
Sehen und Gesehenwerden
Neben informellen Netzwerken bei verschiedenen HR-Lehrstühlen, Alumni-Clubs und den offiziellen, eher niederschwellig zugänglichen HR-Foren, welche Verbände wie die Zürcher Gesellschaft für Personalmanagement (ZGP) etwa mit der HR-Nachwuchsplattform «young@zgp» oder mit der «International HR Community» (IHRC) anbietet, existieren in der Schweiz auch exklusivere HR-Zirkel, die nur einem erlauchten Kreis zugänglich sind. Eine dieser Plattformen ist der «CHRO-Circle», welcher nur «Chief HR Officers von grossen internationalen Firmen mit Haupt- oder Europasitz in der Schweiz» offensteht.
Offizielle Ziele des Zirkels sind «die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch in einem geschlossenen, vertrauensvollen Rahmen». Konkret führt der CHRO-Circle regelmässig Roundtable-Gespräche und sogenannte «CHRO-Talks» durch. Laut Insidern werde dort allerdings vor allem auch das «Sehen und Gesehenwerden» gepflegt. Der 2012 von Ruud Rikhof (heute Berater bei der Kennedy Fitch) gegründete Zirkel umfasst über 50 Mitglieder und wird heute von einem dreiköpfigen Vorstand geleitet: Sonova-HR-Chefin Sarah Kreienbühl, Lothar Harings, Chief HR Officer bei Kühne und Nagel sowie Caroline Luscombe, Head HR bei Syngenta.
Mitgliedschaft nur auf Einladung
Etwas nationaler ausgerichtet, aber nicht viel weniger exklusiv präsentiert sich auch der «ZGP-Circle», dessen bestens vernetzter Präsident Matthias Mölleney ebenfalls im CHRO-Circle als Gast einsitzt. Mölleney definiert den anfangs der 1980er-Jahre gegründeten ZGP-Circle mit heute 50 Mitgliedern als «Top-Gremium der wichtigsten ZGP-Mitglieder». Zielpublikum sind dabei «HR-Leitende grosser Schweizer Unternehmen auf GL-Stufe mit einem hohen Engagement für die Weiterentwicklung des Personalmanagements der Schweiz». Eine Mitgliedschaft ist dabei nur auf Einladung des ZGP-Vorstands möglich. Insgesamt habe er nicht den Eindruck, «dass Vitamin B bei der Besetzung von HR-Leiterpositionen eine nennenswerte Rolle spielt», so Matthias Mölleney. «Soweit ich das überblicke, finden dort sogar besonders sorgfältige Auswahlprozesse statt.»
Die Auswahl selber werde nach seiner Kenntnis in der Regel sehr professionell gemacht. Das gelte allerdings immer noch nicht für die Besetzung von VR-Mandaten. «Hier findet zwar ganz, ganz allmählich eine Professionalisierung der Auswahl statt, aber die meisten Mandate werden heute immer noch innerhalb der VR-Netzwerke ‹direkt› vergeben.»
Ähnlich sieht es unser Insider, der selber Part einer «privaten Herrenrunde» ist, die sich «drei- bis viermal im Jahr zu einem Drink oder Dinner» trifft: «Bei der Besetzung von C-Level und VR-Positionen kommen teils ‹Old-Boys-Networks› zum Tragen.» Bei der Besetzung von HR-Spitzenpositionen beobachte er, dass VR-Präsidenten oder CEOs gerne die für sie «passende» HR-Spitzenperson ins Unternehmen holen. Aufgrund des öffentlichen Drucks würde dabei öfters eine Quotenfrau bevorzugt: «Hinter vorgehaltener Hand sagen Headhunter, dass im Moment in sieben von zehn Fällen Frauen bevorzugt eingestellt werden, besonders in VR-Positionen mit Aufgaben in Nominierungs- und Vergütungsausschüssen.»