Flexibel im Arbeitsleben – und in der beruflichen Vorsorge
Der Werkplatz Schweiz verändert sich laufend. Human Resources und Pensionskassen schaffen daher neue Lösungen, um den Bedürfnissen der Versicherten, zum Beispiel nach flexiblen Teilzeitmodellen, Rechnung zu tragen.
Die heutige stark zersplitterte Gesellschaft ruft nach mehr Individualisierung in allen Lebensbereichen – so auch im Arbeitsleben. Flexiblere Arbeitsformen wie Teilzeitmodelle, Arbeitsunterbrüche oder gestaffelte Rücktritte werden von immer mehr Arbeitgebern angeboten. Viele Pensionskassen haben den Trend aufgenommen und bieten den Versicherten auch in der Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge Wahlmöglichkeiten an.
Spielraum bei den Leistungen
Was früher gang und gäbe war – eine Arbeitsstelle fürs Leben mit stets gleichen Arbeitszeiten – ist heute vielerorts passé: Die meisten Arbeitnehmer möchten selber bestimmen, in welcher Lebensphase sie für welche Zeitspanne arbeiten. Dieser Wunsch nach mehr Flexibilität hat auch die berufliche Vorsorge verändert. Bekanntestes Beispiel für flexible Leistungen einer Pensionskasse ist das variable Rentenalter. Statt im ordentlichen AHV-Rücktrittsalter (Männer 65 Jahre, Frauen 64 Jahre) in Pension zu gehen, können Versicherte beispielsweise den Zeitpunkt des Rücktritts zwischen dem 58. und 70. Altersjahr frei wählen. Mit dem aufgeschobenen Rücktritt über das ordentliche Pensionierungsalter hinaus bleibt das Know-how älterer Mitarbeitenden für die Unternehmung länger erhalten. Die politischen Diskussionen um die demografische Entwicklung deuten zudem auf eine Erhöhung des ordentlichen Rücktrittsalters. Der Zeitrahmen der flexiblen Pensionierung würde sich entsprechend anpassen.
Viele Pensionskassen bieten auch die Möglichkeit eines gestaffelten Altersrücktritts, also einer gestaffelten Reduktion des Arbeitspensums. Der Versicherte hat dabei die Möglichkeit, auf dem bisherigen vollen Lohn Beiträge für die Pensionskasse zu leisten. Der gestaffelte Rücktritt kann der Unternehmung bei der Nachfolgeplanung helfen, da der bisherige Stelleninhaber noch über eine gewisse Zeitspanne im Teilzeitpensum zur Verfügung steht. So kann er den Nachfolger gründlich einarbeiten und sich selber einen sanfteren Übergang ins Rentnerdasein ermöglichen.
Auch bei den Altersleistungen bieten immer mehr Pensionskassen Wahlmöglichkeiten an: Versicherte können zum Zeitpunkt der Pensionierung entscheiden, ob sie ihr Sparkapital beziehungsweise Teile davon als einmalige Auszahlung oder als monatliche Rente beziehen möchten. Gemäss Gesetz hat der Versicherte Anrecht, 25 Prozent seines BVG-Anteils in Kapitalform zu beziehen. Viele Pensionskassen gehen aber weiter und bieten die Möglichkeit, bis zu 100 Prozent des Kapitals zu beziehen.
Auch die Rente lässt sich flexibilisieren: Bei einigen Pensionskassen können Versicherte beim Altersrückritt auf Wunsch die mitversicherte Ehegattenrente erhöhen und so im Todesfall den überlebenden Ehegatten besser absichern. Im Gegenzug wird die Altersrente lebenslang gekürzt. Weitere Beispiele von individuellen Leistungen der Pensionskasse sind der Kapitalvorbezug beziehungsweise die Kapitalverpfändung für den Erwerb von Wohneigentum oder die Möglichkeit, beim Wechsel des Arbeitgebers in der bisherigen Pensionskasse zu verbleiben.
Finanzierung nach eigenem Gusto
Bei der Finanzierung der beruflichen Vorsorge geht der Trend ebenfalls zur Flexibilität: In vielen Pensionskassen können die Versicherten ihre Vorsorge bis zu einem gewissen Grad selber massschneidern. So bieten beispielsweise immer mehr Pensionskassen die Wahl zwischen zwei oder drei verschiedenen Sparplänen an: So können Versicherte aufgrund ihrer individuellen Lebenssituation entscheiden, wann sie wie hohe monatliche Lohnabzüge für die Pensionskasse tätigen möchten.
Während einer berufsbegleitenden Ausbildung oder in der Familienzeit, in der sie in einem Teilzeitpensum tätig sind, können sie tiefere monatliche Lohnabzüge wählen. Diese Beitragslücke kann später mit höheren monatlichen Beiträgen oder durch freiwillige Einkäufe wieder ausgeglichen werden. So erreichen Versicherte einen höheren Vorsorgeschutz im Leistungsfall (Tod oder Invalidität) beziehungsweise eine höhere Altersvorsorge. Weiterer Vorteil von höheren monatlichen Sparbeiträgen und freiwilligen Einkäufen: Sie reduzieren die Steuerbelastung.
Weniger bekannt und von Pensionskassen erst zögerlich eingesetzt, ist die individuelle Vermögensanlage: Die Versicherten wählen aus verschiedenen Anlagestrategien oder aus verschiedenen Verzinsungsmodellen aus. Versicherte partizipieren bei der individuellen Vermögensanlage voll an den Risiken und Chancen der Vermögensanlage mit Wertschriften. Deshalb lässt der Gesetzgeber individuelle Anlagen auch nur beim überobligatorischen Teil des Sparkapitals zu (ab 125 280 Franken, Stand 2012).
Diese Themen betreffen nicht nur Versicherte und Pensionskassen, sondern auch HR-Verantwortliche: Sie sind erste Anlaufstellen für Versicherte und können auf die Ausgestaltung ihrer Pensionskassen Einfluss nehmen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen HR und Pensionskassen ermöglicht, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzubringen, so zum Beispiel bei der Ausgestaltung des Leistungsreglements. Ein weiterer Vorteil für Human Resources: Mit einer guten Pensionskasse kann sich eine Unternehmung einen Vorteil verschaffen im «Kampf» um die besten Mitarbeitenden.