Flexible Ausbildung für eingespannte Manager
Einbrüche spüren die Schweizer Kaderschmieden für Manager im Moment noch kaum. Allerdings haben auch sie auf die Krise reagiert. Weil die Führungskräfte im Moment in ihren Unternehmen wesentlich mehr gefordert sind als noch vor einigen Monaten und diesen auch weniger fernbleiben können, sind die Executive-MBA-Kurse flexibler, modularer und interaktiver geworden.
(Illustration: uk)
Obwohl zurzeit in vielen Unternehmen die Budgets für Aus- und Weiterbildung teils drastisch zusammengestrichen werden, spüren die renommierten Schweizer Anbieter von MBA- oder EMBA-Programmen, wenn überhaupt, nur einen minimen Rückgang bei den Anmeldungen. Sowohl das IMD in Lausanne, die Universitäten Zürich und St. Gallen als auch die Zürcher GSBA vermelden nach wie vor volle Hörsäle in ihren General-Management-Programmen.
Einzig das IMD verzeichnet bis dato einen leichten Rückgang, und zwar hauptsächlich bei den auf Firmen massgeschneiderten Programmen. Die «Open Programs» dagegen seien aber gleich stark gebucht wie immer. Trotzdem weist Executive Director Jim Pulcrano darauf hin, dass 2009 etwas schlechter aussehen dürfte als das Rekordjahr 2008.
Daher hat das renommierte Lausanner Institut bereits reagiert. Und zwar mit denselben Massnahmen, welche die meisten IMD-Absolventen in ihren Firmen ebenfalls schon ergriffen haben. Zum ersten Mal seit 1991 musste das IMD Leute entlassen, und Jim Pulcrano kam die Aufgabe zu, seinen Mitarbeitenden klarzumachen, dass «draussen» eine Krise herrscht und dass sie sich nun so zu verhalten hätten, wie sie es auch in den Vorlesungen dozierten. «Dabei ging es um Themen wie Kosten- und Kundenbewusstsein. Dazu gehört auch, dass die Kunden nun mehr Facts und Figures über unsere Programme hören wollen und weniger Marketingfloskeln.»
Auch bei den Kursen wurden gewisse Veränderungen initiiert. «Dies allerdings bereits zu Beginn des letzten Jahres – vor dem Ausbruch der Finanzkrise», wie Jim Pulcrano betont. Damals führte das IMD neben seinem etablierten Program for Executive Development (PED) ein Accelerated PED ein. Dieses dauert anstatt zehn Wochen dreimal zwei Wochen und setzt stark auf E-Learning-Module. Ein Schritt, der sich in der aktuellen Krise zu bewähren scheint. «Wenn sich ihr Unternehmen in einer schwierigen Situation befindet, können viele Führungskräfte ihrem Arbeitsplatz nicht mehr länger als zwei Wochen am Stück fernbleiben», begründet der IMD Executive Director die Flexibilisierung.
Mehr Kurse aus dem Bereich der Soft Skills
Flexibilisiert wurde auch das EMBA-Programm der Universität St. Gallen. Seit diesem Jahr können die Teilnehmenden zwischen einer Laufzeit von 18 bis 48 Monaten sowie verschiedenen thematischen Wahlmodulen auswählen. Gemäss Studienleiter Markus Seitz wurde diese Neuerung genau zum richtigen Zeitpunkt initiiert, wird doch im Rahmen der zunehmenden Marktdynamik der Ruf nach flexiblen und individuell gestaltbaren EMBA-Programmen stärker.
Neu bietet das St. Galler EMBA seinen Studenten intensive Beratungen in den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung und Vitality sowie Beruf und Karriere an. Dies, weil «Wirtschaft und Staat verantwortungsvolle Manager brauchen, die auch in druckvollen Situationen die richtigen Entscheidungen treffen und unter schwierigen Bedingungen erfolgreich führen», wie Seitz ausführt. Daneben bietet das Programm neu mehr Module zu Soft Skills und Entscheidungskompetenzen an. Dazu zählen gemäss dem Studienleiter Komplexitätsmanagement genauso wie integratives Management, Kommunikation, Konfliktmanagement oder Dienstleistungskompetenz.
Arbeitslose Manager als neue Zielgruppe
Auch MBA-Pionier, Albert Stähli, Mitgründer und Dean der Zürcher GSBA, hat das Kursangebot modularisiert. «Weil sich die heutigen Führungskräfte in ihrem Job oder ihrer Rolle laufend mit Veränderungen konfrontiert sehen, haben wir zum Beispiel sogenannte Open-Enrollment-Kurse ins Leben gerufen. Diese dauern zwischen 2 und 14 Tagen, werden von E-Learning-Massnahmen unterstützt und geben unterschiedlich viele Credits.» Dadurch könne sich jeder Teilnehmer sein ganz persönliches General-Management-Programm zusammenstellen. «Er oder sie kann die Schwerpunkte exakt auf den Bereich legen, in dem ein neuer Job angestrebt wird oder in dem er oder sie noch Lücken aufweist.»
Besonders geeignet seien diese «Patchwork-Ausbildungen» auch für Führungskräfte, die zwischen zwei Jobs ein paar Monate frei hätten oder gekündigt worden seien. Überhaupt stellen die arbeitslosen Manager für den GSBA-Dean eine völlig neue Zielgruppe dar. Deren Nachfrage nach den Kursen sei sehr rege. «Gerade Manager aus der Finanzwelt, die noch einige Monate Salär beziehen, nutzen die plötzlich vorhandene Zeit für diese Kurse.» Generell kann Albert Stähli der aktuellen Krise nur Positives abgewinnen. «Die fundamentalen Veränderungen geben den Führungskräften einen ungemeinen Drive, sich zielgerichtet weiterzubilden. In wirtschaftlich guten Zeiten denken viele von ihnen gar nicht gross über ihre Weiterbildung nach.»
Als zweite Neuerung hat die GSBA in diesem Jahr neu ein World Executive MBA (WEMBA) initiiert. «Mit diesem», so Stähli, «wollen wir die regionalen Bedürfnisse der globalen Manager abdecken.» Während die Teilnehmer anderer EMBA-Lehrgänge lediglich einen Block an einer Partneruniversität absolvieren können, besteht beim WEMBA die Möglichkeit, aus Universitäten respektive deren Business Schools in den wichtigsten Wirtschaftsregionen rund um den Globus auszuwählen. «Damit können sich unsere Studienteilnehmer genau die Region aussuchen, die für ihre Firma relevant ist.» Während also einige Institutionen ihre Programme flexibilisiert oder sogar erneuert haben, wurde das EMBA der Universität Zürich nicht verändert. «Wir sind sehr gut positioniert und haben schon seit der Lancierung des Programmes auf Themen wie Leadership, Ethik oder Sustainability in einem interkulturellen Kontext gesetzt», betont Direktorin Andrea Schenker-Wicki.
Aktuelle Geschehnisse würden jeweils von den einzelnen Dozierenden ad hoc ins Programm eingeflochten, was von den Teilnehmenden geschätzt und auch gewünscht werde. Dank dem breiten Kursportfolio habe sich auch der Branchen- oder der Nationalitätenmix des Teilnehmerfelds kaum verändert. «Zudem kommt uns zugute, dass wir uns von Anfang an auf Studierende aus dem europäischen Raum konzentriert haben.» Diese Aussage betreffend Teilnehmermix von Andrea Schenker-Wicki teilen alle Direktoren und Programmverantwortlichen der befragten Institutionen. Markus Seitz von der Universität St. Gallen ergänzt: «Wir erhalten etwas mehr Bewerbungen von Führungskräften auf Geschäftsleitungsebene von regionalen und mittelständischen Betrieben.»
Diese Aussage könnte darauf hinweisen, dass viele Unternehmen gelernt haben, dass Investitionen in die Aus- und Weiterbildung ihrer Schlüsselmitarbeitenden eine Investition in die nachhaltige Firmenzukunft darstellen.