Diversity

«Frauen im Kader – ein Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen»

Wie Bundespräsidentin Doris Leuthard festhält, zeigen es die Statistiken deutlich: In der Schweiz sind Frauen in Führungspositionen in den Unternehmen noch immer deutlich untervertreten (1). Dabei gibt es viel weibliches Knowhow, das hierzulande nutzbar gemacht werden könnte. Die Autoren des Artikels haben ehemalige EMBA-Absolventinnen der Hochschule Luzern gefragt, weshalb Frauen im Topmanagement einen wichtigen Wettbewerbsvorteil darstellen.

Ein Blick in die neueste Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) zeichnet ein nachdenklich stimmendes Bild des Anteils von Frauen als Vorgesetzte in der Schweizerischen Wirtschaft. Diese sind in der Schweiz eindeutig geringer vertreten als in den Nachbarländern und in Gesamteuropa. Der Prozentsatz der Kaderfrauen in der Schweiz ist bei 20 % und liegt damit auf der untersten Stufe im europäischen Vergleich. Wegen des zunehmenden Mangels an qualifizierten Arbeitskräften sowie der schrittweisen Überalterung der Gesellschaft ist es wichtig, Massnahmen im Bereich Frauenförderung zu initiieren.

Es ist eine Tatsache: Bei der Gewinnung von «Young Talents» stehen bestens ausgebildete Frauen mit einem Masterabschluss in der Tasche, nahezu paritätisch im Verhältnis zu den männlichen Kollegen auf dem Arbeitsmarkt zur Auswahl. Je weiter aber der Blick die Hierarchiestufen hinauf geht, desto weniger Frauen sind dort zu finden.

Frauen als Wettbewerbsvorteil

Bei rund 70% aller privaten Kaufentscheide europaweit sind Frauen verantwortlich (2), obwohl sie «nur» 51% der Bevölkerung ausmachen. Damit die Sicht der Kundinnen als Entscheidungsträgerinnen optimal berücksichtigt wird, sind Firmen stark gefordert, mehr Frauen in die betrieblichen Entscheidungsprozesse zu integrieren.

Ein eindrückliches Bild ergibt eine europäische Untersuchung von McKinsey von 2007 (3). Firmen mit einem höheren Anteil an Frauen in Geschäftsleitungen sind wirtschaftlich erfolgreicher (vgl. Abbildung 1). Die Analyse ergibt, dass Firmen mit gemischten Teams auf Topmanagementstufe einerseits eine um 10% höhere Eigenkapitalrendite und andererseits fast ein doppelt so hohes Betriebsergebnis wie die Konkurrenten erzielt haben. Zudem ist der Aktienpreis bei den Unternehmen mit hohem Frauenanteil um 64% gewachsen im Gegensatz zu den untersuchten Konkurrenten, bei welchen das Wachstum im Schnitt nur 47% betrug.

Eine weitere Studie von McKinsey aus dem Jahr 2008 (4) kommt ebenfalls zum Schluss, dass Führungskompetenzen, die weibliche Führungskräfte häufiger einsetzen, dem Unternehmenserfolg nachweislich zugutekommen. Gemäss der Studie schneiden weibliche Führungskräfte in den Führungskompetenzen «Mitarbeitende entwickeln», «Inspiration» und «Vorbildfunktion» im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen signifikant besser ab.

Die Mehrheit der zwölf befragten EMBA-Absolventinnen sind der Meinung, dass Diversität im Unternehmen den Unterschied ausmacht. In gemischten Teams profitiert das Unternehmen von unterschiedlichen Sichtweisen. Zudem beeinflussen Frauen positiv die Unternehmens- und Gesprächskultur; beides Aspekte, die zu einer höheren Motivation und daher zu tieferen Fluktuationsraten bei der Belegschaft führen.

Mögliche Lösungsansätze

Auch heute sind es vornehmlich die Frauen, die – neben einem verantwortungsvollen Job – die Hauptverantwortung für Familie und Haushalt übernehmen. Daher ist der grösste Karriereknick die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wenn Frauen nach der Geburt wieder zurück ins Arbeitsleben gehen, dann häufig nicht mehr in derselben Position und damit verbunden unter schlechteren Anstellungsbedingungen.

Ein wichtiger Ansatz für mehr Frauen in Führungspositionen ist die Möglichkeit auch auf Kaderstufe Teilzeit und flexibel arbeiten zu können. Eine hohe Anwesenheitszeit wird in der Gesellschaft z.T. immer noch mit hohem Engagement und Leistungsbereitschaft gleichgesetzt. Viele Firmen sind deshalb gefordert, den Schwerpunkt bzgl. Arbeitseinsatz vermehrt auf Effizienz und Effektivität zu fokussieren, um eine «Präsentismus-Kultur» zu verhindern. Daher sind die Manager gefordert, Teilzeitarbeit aktiv zu unterstützen.

Eine EMBA-Absolventin berichtet, dass in ihrer Firma Sitzungen möglichst nicht an Randzeiten durchgeführt werden, damit vor allem Frauen im Kader die Kinderbetreuung optimal gewährleisten können. Sind flexible Arbeitszeiten (einschliesslich Home Office) oder Teilzeitmodelle in den Firmen erst mal eingeführt, machen auch Männer gerne davon Gebrauch.

Ein weiterer Stolperstein, den die Kaderfrauen in den Interviews ansprechen: Frauen unterschätzen den Aufbau und die Pflege von Netzwerken innerhalb des Unternehmens. Dabei laufen sie Gefahr, in der Karriereentwicklung den Anschluss zu verlieren. Einige Unternehmen bieten als Lösung für ihre Mitarbeiterinnen ein internes Frauennetzwerk oder Programme im Bereich Karriere-Mentoring an, bei welchen Mitarbeiterinnen durch Vertreter des obersten Kaders für ein Jahr durch regelmässige Treffen und Gespräche begleitet werden.

Fazit

Das eindeutige Committment des Topmanagements für eine spürbare Erhöhung des Frauenanteils ist die Basis. Dabei sind die Unternehmen gefordert, konkrete Massnahmen umzusetzen, wie beispielsweise die Möglichkeit, auf Kaderstufe einen flexiblen Arbeitseinsatz zu leisten, Telearbeitszeit zu ermöglichen und spezifische Programme für Frauen zu initiieren. Darunter fallen z.B. Netzwerktreffen, Selbstmarketingkurse und Mentoring-Programme für Frauen. Ein wichtiger Bestandteil zur Verbesserung der aktuellen Situation ist zudem eine Weiterentwicklung der Familienpolitik.

Eine gemischte Zusammensetzung von Frauen und Männern im Kader ist nicht ein moralisches Gebot, sondern führt zu messbaren Wettbewerbsvorteilen. Welche Firma will davon nicht profitieren?

Quellen

  • (1) Staatssekretariat für Wirtschaft SECO: Frauen in Führungspositionen. So gelingt’s, S. 4.
  • (2) Devillard, S. und Desvaux, G. (2007): Women Matter - A corporate performance driver, S. 10. http://www.mckinsey.de/downloads/publikation/women_matter/Women_Matter_1_brochure.pdf
  • (3) Devillard, S. und Desvaux, G. (2007): Women Matter - A corporate performance driver, S. 14.
  • (4) Devillard, S. und Desvaux, G. (2008): Women Matter. Female leadership, a competing edge for the future, S. 6ff.   
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Dr. Isabell‘ Lieselotte Kopp, Teilnehmende des Executive MBA der Hochschule Luzern – Wirtschaft, ist Head of Human Resources bei der Mettler-Toledo AG, Global Electronics.

 

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Daniel Marti, Teilnehmender des Executive MBA der Hochschule Luzern – Wirtschaft, ist Leiter HR Beratung bei der PostFinance.

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