Freigestellt und trotzdem mit dem Firmenauto unterwegs? Ja, durchaus möglich
Häufig werden leitende Angestellte während der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt. Auch wenn sie aus den Augen sind, aus dem Sinn sind sie noch nicht: Wie sieht es aus mit der Nutzung des Firmenhandys, wie ist der Ferienbezug oder die Aufnahme einer anderen Tätigkeit geregelt? Eine Freistellungsvereinbarung kann Streitigkeiten verhindern.
Dürfen freigestellte Arbeitnehmende während der Freistellung Geschäftswagen und -handys nutzen? (Foto: Stockpictures)
Freistellungen erfolgen deshalb, weil leitende Angestellte aufgrund ihrer Funktion starken Einfluss auf den Unternehmensgang haben und der Arbeitgeber genau dies für die Restzeit des Vertrages verhindern will. Kader haben Vorbildfunktion, müssen Mitarbeiter führen und haben Einfluss auf wichtige Entscheidungen. Der Gefahr, dass während der Auflösungszeit ein negativer Einfluss ausgeübt wird, soll durch die Freistellung begegnet werden.
Die Freistellung bedeutet, dass der Arbeitgeber einseitig auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verzichtet. Meist wird auf die gesamte Arbeitsleistung verzichtet. Es kommt aber auch vor, dass einige wenige Aufgaben weiterhin erfüllt werden müssen. Auch eine solche Regelung ist zulässig. Abgesehen von der Pflicht zur Arbeitsleistung bleiben alle anderen Rechte und Pflichten der Parteien während der Freistellungszeit weiterbestehen. Der Arbeitnehmer ist so zu stellen, wie wenn er gearbeitet hätte. Die Freistellung ist gesetzlich nicht geregelt, die Gerichtspraxis und die Lehre haben aber zu den wichtigsten Fragen Antworten gegeben. Diese werden im Folgenden erläutert.
Hat der Arbeitnehmer Anrecht auf den variablen Lohnbestandteil?
Der Lohn ist vollständig geschuldet. Damit ist neben dem Grundlohn grundsätzlich auch der variable Lohn zu bezahlen. Dies gilt aber nur, wenn eine Freistellung durch den Arbeitgeber angeordnet wird. Es kann in einer Freistellungsvereinbarung, das heisst einer Einigung zwischen den Parteien, der Wegfall eines variablen Lohnbestandteils vereinbart werden. Hierzu muss der Arbeitnehmer sein Einverständnis geben und dies wird er wohl nur tun, wenn er im Gegenzug für diesen Verzicht etwas Gleichwertiges erhält.
Ist die Nutzung von Geschäftswagen und -telefon weiterhin erlaubt?
Oft wird im Moment der Freistellung die Rückgabe des Geschäftswagens und des Geschäftstelefons verlangt. Dies ist zulässig, wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung mehr erbringen muss. Zu beachten ist dabei, dass eine allfällig vereinbarte Privatnutzung des Geschäftswagens als Naturallohn gilt und damit weiterhin zu entgelten ist. Weil Arbeitnehmer auf die Wegnahme des Wagens und des Telefons oft stark reagieren, wird in der Praxis «um des Friedens willen» oft die Nutzung des Geschäftswagens und des Telefons (wobei die Privattelefonate selber zu bezahlen sind) bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin gewährt.
Ist die Aufnahme einer anderen Tätigkeit zulässig?
Gemäss Art. 324 Abs. 2 OR und auch nach dem Bundesgericht (BGE 118 II 139 ff) muss sich der Arbeitnehmer auf den Lohn anrechnen lassen, was er wegen der Verhinderung an der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen hat.
Es empfiehlt sich trotz dieser eindeutigen Rechtslage der Klarheit und Sicherheit halber, auf jeden Fall in der Freistellungserklärung oder -vereinbarung eine explizite, klare Regelung in Bezug auf die Zulässigkeit der Aufnahme einer anderen Tätigkeit und der Anrechnung eines allfälligen Verdienstes vorzunehmen.
Erkrankung während der Freistellungsdauer
Bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers verlängert sich der Arbeitsvertrag (höchstens) bis zum Ablauf der entsprechenden Sperrfrist. Dies ergibt sich dadurch, dass der Arbeitsvertrag vom Grundsatz her unverändert weiterläuft.
Die Verlängerung der Kündigungsfrist und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind im Obligationenrecht nicht aufeinander abgestimmt worden. Diese zwei Fragen sind deshalb separat anzuschauen. Es könnte theoretisch vorkommen, dass die Kündigungsfrist verlängert wird, gleichzeitig aber keine Lohnfortzahlungspflicht bestehen würde. Da heute bei den meisten Betrieben eine Taggeldversicherung besteht, ist die Gefahr, dass eine verlängerte Kündigungsfrist nicht durch eine entsprechende Lohnzahlung abgedeckt ist, relativ gering.
Muss der Arbeitnehmer in einem solchen Fall seine Arbeitsleistung anbieten? Das Arbeitsgericht Zürich hat in einem neueren Entscheid beschlossen, dass nach einer Verlängerung der Kündigungsfrist durch eine Sperrfrist der Arbeitnehmer seine Arbeit wieder anbieten muss, wenn er seinen Lohnanspruch nicht verlieren will.