Checkliste

Fünf Schlüssel-Elemente gegen den Fachkräftemangel

Stehen einem Unternehmen nicht genügend Mitarbeitende zur Verfügung, kann das zu Umsatzeinbussen führen. Gleichzeitig steigen die Lohnkosten für Fachkräfte. Fünf Ansatzpunkte, um dieser Zwickmühle zu entkommen.

Ein grosser Teil der Schweizer Unternehmen sucht Personal. Viele bekunden jedoch Mühe, qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Es gibt ein ganzes Bündel an Lösungen und Ansätzen, um Fachkräfteengpässe aufzulösen beziehungsweise einen Fachkräftemangel gar nicht erst entstehen zu lassen. Grundsätzlich gilt es auf dem Arbeitsmarkt, Ressourcen zu erschliessen, die bisher noch nicht ausreichend eingebunden sind. Bei der Planung und Umsetzung von geeigneten Massnahmen sollten fünf Schlüsselelemente im Vordergrund stehen.

1. Flexible Arbeitszeitmodelle

Die Corona-Krise hat sie zutage gefördert – flexible und hybride Arbeitsmodelle. In zahlreichen Unternehmen können Fachkräfte problemlos mobil arbeiten, arbeitsrechtlich und technisch passende Lösungen sind vorausgesetzt. Selbst wenn Remote Work nicht überall zur Regel wird, die Entwicklung hybrider Arbeitsmodelle sorgt gleichermassen für hohe Produktivität und Motivation bei bereits vorhandenen Fachkräften und erhöht die Attraktivität eines Unternehmens bei der Rekrutierung.

Solche Modelle helfen auch, Eltern in der Familienphase besser in den Arbeitsalltag einzubinden. Um auf diese Ressourcen zurückgreifen zu können, soll die Vereinbarung von Familie und Beruf flexibler gestaltet werden. Etwa durch individualisierte Arbeitszeitgestaltung und Angebote im Unternehmen, welche die Eltern entlasten.

Ein weiteres Potenzial für geeignete Fachkräfte bietet die Aufstockung des Arbeitspensum von Teilzeitkräften. Der Schlüssel, diese zur Aufstockung zu bewegen, steckt in den Arbeitszeitmodellen, die möglichst flexibel und attraktiv sein müssen.

2. Diversität fördern

Die zunehmende Frühverrentung vieler Beschäftigter hat zu einem erheblichen Fachkräfteverlust geführt. Ältere Fachkräfte sollten zum Bleiben oder zur Rückkehr bewegt werden, eine entsprechende Qualifizierung erhalten und durch ein starkes betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Gestaltung der Arbeit im Unternehmen gehalten werden.

Zur Diversität gehören auch Fachkräfte aus dem Ausland. Ohne jegliche Zuwanderung gäbe es in der Schweiz im Jahr 2060 einen Drittel weniger Erwerbstätige. Dies ist ein grosser Hebel, der von vielen mittelgrossen Unternehmen immer noch ungenutzt ist. Fachkräfte können allerdings nur dann gezielt im Ausland angeworben werden, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen (zum Beispiel Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis).

Auch Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen gehören zu einer diversen Belegschaft, fallen aber bei der Personalauswahl häufig durchs Raster. Noch immer kursiert teilweise das Vorurteil, sie seien nicht genügend qualifiziert oder es fehle an der geeigneten Kompetenz. Dabei bringen Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen etwas ganz Wichtiges mit: den Blick über den Tellerrand.

3. Unternehmenskultur optimieren

Eine gute Arbeitgebermarke zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Identität eines Unternehmens als Arbeitgeber zum Ausdruck bringt. Employer Branding sollte eine Antwort darauf geben, warum das Unternehmen für potenzielle und bestehende Mitarbeitende attraktiv ist, welche Stärken es hat und was es einzigartig macht. Die Stärkung des Employer Brandings muss im Massnahmenkatalog für das Entgegenwirken eines Fachkräftemangels ein integraler Bestandteil sein.

4. Benefits erweitern

Dabei handelt es sich um alle Vorteile, die ein Unternehmen seinen aktuellen und künftigen Arbeitnehmenden über die eigentlichen Lohn- und Gehaltszahlungen hinaus gewährt. Leider wird dieses Instrument oft nicht zielgerichtet genug eingesetzt – dies offenbart die «Benefits Trends Survey» von WTW aus dem Jahr 2022. Im Befragungszeitraum erfassten nur drei von zehn Unternehmen gezielt die Bedürfnisse der Mitarbeitenden.

Die Folge: Unternehmen implementieren Benefits, die in der Belegschaft keinen Anklang finden. Wollen Unternehmen dies ändern, müssen sie zukünftig ihre Mitarbeitenden stärker in die Planung und Auswahl von Benefits einbeziehen. Systematisch lassen sich Mitarbeiter-Benefits in Eintrittsanreize, Leistungsanreize und Bindungsanreize unterteilen. Leistungsanreize nutzen viele Unternehmen schon lange. Im Grunde ist jede individuelle Zielvereinbarung, die das Unternehmen mit variabler Vergütung verbindet, ein Leistungsanreiz.

5. Vergütungsmodelle überdenken

Eine zukunftsgewandte Vergütung, welche alle Ansatzpunkte berücksichtigt, stellt für Unternehmen eine grosse Herausforderung dar, um ein stimmiges Modell für die eigene Organisation zu erarbeiten. All diese Bemühungen fassen wir unter dem Kunstbegriff «New Pay» zusammen. Doch was heisst das konkret für den Bereich Vergütung?

Inhaltlich kommen Fragen auf zu agilen Zielsetzungssystemen, der Abkehr von Bonuszahlungen, Lohngerechtigkeit, Transparenz, nicht monetäre Entlohnungsformen wie Zeit, Sinn und Weiterbildung, Verteilungsgerechtigkeit, der Tabuisierung von Gehaltsrückschritten und zum Zusammenhang zwischen Bezahlung und Macht. Man sieht an diesen Beispielen, dass das Thema vielschichtiger ist, als man auf den ersten Blick vielleicht denkt. Trotz der thematischen Vielfalt zeichneten sich einige Schwerpunkte ab. Ausser der Präferenzverschiebung vom Gehalt hin zu mehr Freizeit und Selbstbestimmung gehörten dazu insbesondere auch die kritische Reflexion sogenannter leistungsgerechter Vergütungsmodelle und die Forderung nach mehr Transparenz beim Thema Vergütung. Boni, Incentives und die leistungsgerechte Vergütung zahlen in der Art und Weise, wie sie heute vielfältig praktiziert werden, demnach selten auf den Unternehmenserfolg ein.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass wenn Fachkräfte für das eigene Unternehmen gewonnen werden konnten, gilt es, sie durch eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur langfristig zu binden. Je offener und flexibler ein Unternehmen mit seinen Beschäftigten umgeht, desto grösser sind die Chancen, auch in Zukunft qualifizierte Fachkräfte gewinnen und halten zu können. In diesem Gebiet haben KMUs viel Potenzial, da diese oftmals flexibler und schneller reagieren können im Vergleich zu Grosskonzernen mit oftmals sehr starren Strukturen.

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Nadine Balmer

Nadine Balmer ist Director Work & Rewards bei WTW Switzerland. WTW bietet datengestützte, evidenzbasierte Lösungen in den Bereichen Mitarbeitende, Risiko und Kapital. In der Schweiz ist WTW mit Niederlassungen in Zürich, Genf und Lausanne vertreten. www.wtwco.com

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Marco Schmid

Marco Schmid ist Director Work & Rewards bei WTW Switzerland. WTW bietet datengestützte, evidenzbasierte Lösungen in den Bereichen Mitarbeitende, Risiko und Kapital. In der Schweiz ist WTW mit Niederlassungen in Zürich, Genf und Lausanne vertreten. www.wtwco.com

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