Für einmal alles digital
Die digitale St. Galler Diversity & Inclusion Week ersetzte in diesem Jahr die Diversity & Inclusion Tagung der Universität St. Gallen. Vom 7. bis 11. September konnten sich Führungskräfte, Personalverantwortliche, Diversity-Experten, Gleichstellungsbeauftragte und am Thema Interessierte in kostenlosen Online-Sessions die neusten Forschungsergebnissen sowie Best Practices zu Gemüte führen.
Vorbereitung für die Online-Session «Leaders for Equality» am Dienstagmittag. V. l.: Julia Nentwich, Lehrstuhl für Organisationspsychologie an der Universität St. Gallen, Hans-Caspar Schegg, Head Business Partnering International Helvetia Versicherungen, Manuela Bärtsch, HR Business Partner International, Helvetia Versicherungen, und an der Kamera Julio Prina, Technology & Innovation Manager, Executive School der Universität St. Gallen. (Foto: zVg)
Über 100 Teilnehmende aus 80 Unternehmen beteiligten sich am 7. September an der ersten Online-Session der St. Galler Diversity & Inclusion Week. In ihrem Beitrag widmeten sich Professor Stephan Alexander Böhm vom CDI-HSG und Ueli Streit von MindStep den Chancen und Herausforderungen der steigenden (Alters-)Diversität am Arbeitsplatz. Während Böhm den wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu deren Auswirkungen skizzierte, stellte Streit die Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit dem CDI-HSG und dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung vor. Session-Teilnehmende konnten sich dank virtuellen Umfragen beteiligen und ihre Einschätzung zu bestimmten Themen abgeben. So wollte Böhm beispielsweise wissen, wie stark Diversität in Teams und Unternehmen deren Produktivität beeinflusst. Rund 53 Prozent fanden «sehr stark», 34 Prozent «eher positiv», 13 Prozent «neutral» und die restlichen 4 Prozent «eher bis stark negativ». Um leistungsstärker zu werden, reiche Diversität alleine jedoch nicht aus. «Es braucht auch Inklusion», betonten Böhm und Streit. Das bedeute Chancengleichheit, Perspektivenvielfalt, Authentizität und Zugehörigkeit. Um Inklusion zu schaffen, sei die Rolle des Personalmanagements zentral. So stünden besonders altersinklusive HR-Praktiken im Zusammenhang mit einem positiven Inklusionsklima. Dieses wiederum erhöhe die Firmenleistung, beziehungsweise verringere Kündigungsabsichten. Im Anschluss an die Vorträge stellten die Teilnehmenden Böhm und Streit weiterreichende Fragen. So wollte ein Teilnehmer wissen, wie Unternehmen mit höheren Kosten von älteren Arbeitnehmenden umgehen sollten. Die Antwort? «Entlöhnung und Karrieremanagement müssen dringend neu gedacht werden», so Böhm. «Weg von hierarchischen hin zu Fachkarrieren.» Abschliessend plädierte er dafür, Arbeitnehmenden bis zum Renteneintritt die Möglichkeit zu geben, am Arbeitsmarkt zu partizipieren.
In der zweiten Online-Session traf Professor Gudrun Sander auf Stephanie Schoss, beide von der Universität St. Gallen. Anhand von Praxisbeispielen veranschaulichten sie, wie sich Deep-Level-Diversity auf Konflikte und Erfolg in einem Team oder einer Organisation auswirkt und wie diese gezielt für eine erfolgreiche Zusammenarbeit genutzt werden kann.
Doch was ist unter diesem Begriff zu verstehen? Deep-Level-Diversity beschreibt die kognitiven, emotionalen und motivationalen Unterschiede von Teammitgliedern, die das Gelingen oder Scheitern eines Teams oft mehr beeinflussen als die Geschlechter- oder Altersdiversität. Was macht also ein Team erfolgreich? Gemäss Schoss braucht es dazu vier Persönlichkeitsprofile: «Einen Teamworker, einen Spezialisten, einen Extrovertierten und einen Macher.» Doch nicht nur reale, auch virtuelle Teams standen im Fokus dieses Beitrags. Bei Letzteren steht es nicht zum Besten: Wie jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, beurteilen Führungskräfte die virtuelle Teamsituation oft rosiger als deren Teammitglieder. Schoss riet Führungskräften deshalb, vermehrt mit Mitarbeitenden über die Unternehmensvision zu sprechen, Mitarbeitenden Orientierung und Ziele zu bieten und den persönlichen Kontakt trotz räumlicher Distanz nicht zu verlieren.