Gebhard Borck
Teilen Sie den Eindruck, dass viele Ihrer Mitarbeiter häufiger Dienst nach Vorschrift schieben, als ihre ganze Klugheit fürs Unternehmen in die Waagschale zu werfen? Das ist ein Neben-effekt mangelnder Information, um über wirtschaftliche Zusammenhänge sinnhaft zu entscheiden. Viele meiner Kunden kennen ihre Erlössituation sehr gut. Stolz zeigen sie mir die Aufgliederung der gestellten Rechnungen nach Kundengruppen, Produkten, Auftragsarten, Vertriebsmitarbeiter oder Regionen. Frage ich etwas genauer nach der Aufwandsseite, sinkt die Stimmung.
Nennen Sie mich konservativ, doch ich halte Deckungsbeiträge für grundlegende Informationen. In unserer volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Welt gewinnt die schnelle dezentral und dennoch klug getroffene Entscheidung an Bedeutung. Doch derartige Entscheidungen von Mitarbeitern zu verlangen, fällt vor allem dort schwer, wo geheime Gehälter einen erheblichen Teil der Aufwände ausmachen. Die schlichte Offenlegung erzeugt zumindest kurzfristig sehr viel Unruhe.
Bei den einschlägig bekannten Firmenbeispielen kehrte jedoch bald wieder Ruhe ein, bei den unbekannten Fällen führte es im schlimmsten Fall zum Aus der Firma.
Was also ist zu tun? Vor der Lohntransparenz muss Klarheit über die unterschiedlichen Leistungs- und Wertbeiträge des Menschen herrschen. Generieren Sie mit Ihrer Belegschaft zuerst einen Überblick darüber, wer was hineingibt. So entsteht automatisch auch ein Bild, wer wie viel verdient. Die Auseinandersetzung über den eigenen Beitrag rechtfertigt den nötigen Aufwand. Selten werden Sie eine aufschlussreichere Kommunikation in Ihrer Firma erleben.
Ökonomisch klug handelt, wer die Geldverteilung dynamisiert und mit dem kommerziellen Markterfolg koppelt. So schlagen Sie mehrere Fliegen mit einer Klappe: Das Unternehmen gibt nur noch so viel Geld für Gehälter aus, wie es auch einnimmt. Diskutieren Sie über sinnvolle Leistungs- und Wertbeiträge, statt über Einkommen zu streiten. Mitarbeiter entwickeln sich durch die direkte Kopplung des eigenen Einkommens an den Markterfolg automatisch zu «Unternehmern im Unternehmen». Versteht Ihre Belegschaft erst einmal die Einkommensverteilung, interessiert sie sich kurz darauf auch für den Rest der Aufwände. Daran schliesst sich der Wunsch an, die Geschicke der Firma ganz grundlegend mitzugestalten. Menschen sind fähig, schnell mündig sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Auch jenseits des eigenen Nutzens. Ob wir es können, hängt auch von der Güte der zur Verfügung stehenden Informationen ab. Solange wir den Einnahmen keine umfänglichen Ausgaben gegenüberstellen, ist wirtschaftlich kluges Handeln auf die beschränkt, die zumindest einen groben Überblick darüber haben. Wer mündige Personen gängeln will, verschliesst sich den Zugang zur Produktivität, die in ihrer Intelligenz schlummert.
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