Outplacement

Gelungener Neustart

Renate Rischs ehemaliger Arbeitgeber, ein Finanzdienstleister, wuchs extrem schnell. Und sie wuchs mit. Bis zu dem Tag, als sie gekündigt und umgehend freigestellt wurde. Für die Zugerin im Nachhinein ein Glücksfall.

Ich habe eine typische Bürokarriere durchlaufen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung war ich in diversen Branchen als Assistentin und Sachbearbeiterin tätig. Vor neun Jahren startete ich bei meinem letzten Arbeitgeber, einem Finanzdienstleister – dynamisch und schnell wachsend. Und ich bin mitgewachsen.

Begonnen habe ich auch da als Assistentin. Am Ende leitete ich dann den «Execution Desk» und führte fünf Mitarbeitende. Ich war zuständig für die Ausführung aller Investments. Weltweit. Bis sich im November 2013 alles änderte.

Die Stunde Null

Man hört immer wieder, dass Mitarbeitende morgens zum Chef gebeten werden und dieser die Kündigung ausspricht, verbunden mit der Aufforderung, den Arbeitsplatz bis am Ende des Tages zu räumen. Etwa so lief das auch bei mir ab.

Einen Tag vor meiner Kündigung erwähnten mein Chef und die HR-Leiterin die Kündigung während eines Meetings bereits «durch die Blume». Am nächsten Tag rief mich mein Chef zu sich, um die Kündigungsvereinbarung auszuhandeln. Danach wurde ich umgehend freigestellt.

Das hat sich angefühlt, als wäre ich mit Vollgas gegen eine Wand gefahren. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet und wurde auf dem «falschen Fuss» erwischt. Ich glaubte immer, dass ich einen krisensicheren Job hätte. Auch im Nachhinein, nach eingehender Analyse, war die Kündigung für mich nicht absehbar gewesen.

Glücksfall Kündigung

Ich denke heute nur noch selten und emotionslos an diese turbulente Zeit zurück. Für mich ist das abgeschlossen und verarbeitet. Es fühlt sich an, als ob es schon lange her wäre. Zum Thema wird es höchstens, wenn ich jemanden treffe, der sich in einer ähnlichen Situation befindet und Rat sucht.

Inzwischen bin ich dankbar dafür, dass es soweit gekommen ist. Und genau zum richtigen Zeitpunkt, obwohl meine beiden Kinder noch mitten in der Ausbildung steckten. Glücklicherweise hatten wir aber weder Schulden noch Hypotheken abzubezahlen und waren als Familie schon immer ein gutes Team gewesen. Das gibt Rückhalt.

Es war meine Chance, gründlich zu reflektieren, wie ich die restlichen 15 Jahre bis zu meiner Pensionierung gestalten will. Diese habe ich definitiv genutzt. Ich wollte nicht einfach möglichst schnell wieder einen Job haben, sondern habe mir überlegt – unterstützt durch meinen Outplacement-Berater Chris­tian Schweingruber von Ahead Executive Consulting –, was mir wichtig ist und was mir in der Vergangenheit gefehlt hat. 

Geld ist nicht alles

Einige Leute aus meinem Bekanntenkreis konnten das  nicht nachvollziehen. Sie meinten, das sei vergeudete Zeit, die ich besser in die Stellensuche investieren solle. Für eine über Fünfzigjährige werde es zunehmend schwieriger, überhaupt noch eine Stelle zu finden. Sie rieten mir zudem, in der Finanzbranche zu bleiben, wegen meines beruflichen Know-hows und der guten Verdienstmöglichkeiten.

Nur – über das Salär alleine holt man sich keine Befriedigung. Eine erfüllende Tätigkeit, wertschätzende Vorgesetzte, nette Kollegen, Anerkennung und die Möglichkeit, sich weiter entwickeln zu können, sind für mich genauso wichtig.

Strukturiert und intensiv

Mein Outplacement-Berater Christian Schweingruber und ich trafen uns während eines halben Jahres wöchentlich für ­jeweils eine Stunde. Nach einer Standortbestimmung ging es daran, realistische Perspektiven für meine berufliche Zukunft zu erarbeiten. Nach all diesen Vorarbeiten begann dann die Bewerbungsphase. Wir haben Stelleninserate eingehend analysiert. War die Ausschreibung danach immer noch attraktiv, holte ich detailliertere Informationen über den potenziellen Arbeitgeber ein. Mich auf mögliche Bewerbungsgespräche vorzubereiten, unter anderem mittels Videotraining, war der nächste Schritt, den wir gemeinsam in Angriff nahmen.

Das ging so weit, dass wir die verschiedenen Typen von Vorgesetzten und deren Bedürfnisse zu antizipieren versuchten. Ich habe gelernt, dass ich mich als Arbeitnehmerin wie ein Unternehmen, und aus Unternehmenssicht, betrachten muss, quasi als «Renate Risch GmbH», die dem «Kunden Arbeitgeber» etwas zu bieten hat. Das veränderte meine Denkweise. 

Es kristallisierte sich heraus, dass ich von meinen Kompetenzen und Neigungen her gut in ein Verwaltungs- oder Verbandsumfeld passen würde. So habe ich mich gezielt in diesem Bereich beworben und kam zu meiner aktuellen Arbeitsstelle bei einer Behörde. Seit Anfang Juli arbeite ich nun dort und es gefällt mir ausgezeichnet.

Was einen guten Coach ausmacht

Ein guter Coach vereint verschiedene Fähigkeiten in sich. Er ist Psychologe, Motivator und Trainer, hat Lebenserfahrung, verfügt über eine hohe Empathie, ist flexibel und passt sein Programm den Bedürfnissen der Klienten an. Er begleitet und ermuntert, stellt auch kritische Fragen, regt den Denkprozess an und hilft, den neuen Weg strukturiert in Angriff zu nehmen. Gehen muss man den Weg aber selber. Ein Coaching funktioniert nur, wenn sich die Klienten aktiv in den Prozess einbringen.

Ich konnte auswählen, ob mich eine Frau oder ein Mann begleitet. Und habe mich für einen Mann entschieden. Männer betrachten Dinge von einer anderen Warte – sie sind meist weniger sentimental. Sicher hätte der Prozess auch mit einer Frau funktioniert, aber ich suchte eine Ergänzung zu meiner Sicht der Dinge. Mit Christian Schweingruber hat zudem die Chemie sofort ­gestimmt.»

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