Recruiting

Gemeinsam um die gescheitesten Köpfe werben

Unternehmen aus der gleichen Branche schliessen sich zusammen im Kampf um die Hochschulabsolventen: Gemeinsame HR-Marketing-Massnahmen nützen sowohl der einzelnen Firma wie auch dem gesamten Geschäftszweig.

Ohne Wissen und Erfahrung der Mitarbeiter kann kein Unternehmen im Wettbewerb bestehen. Da das Angebot an hochqualifizierten Arbeitnehmern jedoch bereits heute knapp ist, wird sich der Kampf um die besten Hochschulabsolventen weiter zuspitzen. Jedes Unternehmen ist daher gezwungen, Strategien zu entwickeln und Instrumente zu finden, um in diesem «War for Talents» an die passenden Kandidaten zu gelangen. Aus diesem Grund ist es für Arbeitgeber von grösster Bedeutung, den Entscheidungsprozess von High Potentials bei der Arbeitgeberwahl bestmöglich zu verstehen und als Massstab jeglicher Bemühungen im HR-Marketing zu verwenden.

Der Entscheidungsprozess bei High Potentials

Zur Erklärung des Entscheidungsprozesses von High Potentials bedienen wir uns der Erkenntnisse aus der Kaufverhaltensforschung. Wie bei einem Produktentscheid muss sich ein Hochschulabsolvent aus einem vielfältigen Angebot für einen bestimmten Arbeitgeber entscheiden. Da die Wahl des ersten Arbeitgebers eine Entscheidung mit weitreichenden Auswirkungen auf die berufliche und private Zukunft ist, kann die Arbeitgeberwahl als «Kaufentscheid mit hohem Involvement» betrachtet werden.

Insbesondere talentierte Nachwuchskräfte werden also möglichst viele Informationen über ihre beruflichen Möglichkeiten sammeln wollen. Da der Arbeitsmarkt für hochqualifizierte Personen jedoch unzählige Chancen bietet, die verfügbare Zeit aber beschränkt ist, sind der Informationsbeschaffung eines Studierenden zwangsläufig Grenzen ­gesetzt. Gemäss der Kaufverhaltensforschung werden diese Informationslücken mit heuristischen Informationen gefüllt. Der Hochschulabsolvent wird demnach die fehlenden Informationen durch generelle Botschaften wie der Reputation einer Arbeitsregion oder dem Image einer Branche ausfüllen und sich bei der weiteren Informationsbeschaffung durch diese leiten lassen. Er wird aufgrund dieser allgemeinem Reputations- und Imagebilder aus der grossen Informationsflut lediglich noch die für ihn vermeintlich relevanten Informationen heraussuchen. Basierend auf diesem begrenzten Wissen formen sich schlussendlich die Präferenzen des Studierenden bei der Arbeitgeberwahl.

Die Vorzüge der eigenen Branche ­hervorheben

Um im «War for Talents» als Arbeitgeber zu reüssieren, ist es für Unternehmen essentiell, diesen Entscheidungsprozess zu verstehen und daraus ableitend die richtigen Strategien zu entwickeln. Arbeitgeber müssen sich demnach auf zwei Ebenen zusammenschliessen: auf regionaler Ebene sowie auf Branchenebene. Jede Region muss sich eine eigene, unverkennbare Reputation als Arbeitsort aufbauen. Dazu braucht es die Bemühungen der regionalen Arbeitgeber gemeinsam mit den Wirtschaftsvertretern in Politik (Handelskammern etc.) und Verwaltung (kantonale Wirtschaftsförderungen etc.).

In gleicher Weise müssen sich auch die direkten Wettbewerber zusammenschlies­sen und gemeinsam die Vorzüge der eigenen Branche für qualifizierte Nachwuchskräfte hervorheben. Durch diese gemeinsamen Anstrengungen von Arbeitgebern über Regionen und Branchen hinweg kann der Entscheidungsprozess von jungen Talenten zum Vorteil der jeweiligen Region und Branche und damit wiederum der jeweiligen zugehörigen Unternehmen beeinflusst werden. Diese kollektiven Investitionen führen jedoch nicht nur zu ­einer höheren Reputation einer Arbeits­region oder einem besseren Image einer Branche, sondern aufgrund von Synergieeffekten auch zu einer Reduktion der unternehmensspezifischen Gesamtkosten bei der Gewinnung von talentierten Nachwuchskräften.

Zur Verbesserung des Images von ein­zelnen Branchen bei jungen Talenten orga­nisiert die Together AG gemeinsam mit Verbänden und Arbeitgebern aus der ­jeweiligen Branche branchenspezifische Karriereveranstaltungen. So wurden vor einigen Jahren gemeinsam mit Swissmem und Unternehmen aus der Industrie die Engineering Days ins Leben gerufen. Die Industrie kämpft mit dem Problem, dass die Anzahl junger Ingenieure in Relation zum Bedarf zu gering ist. Dieses Problem hat sich in den letzten Jahren zusätzlich verschärft, da immer mehr Studierende technischer Fachrichtungen von ­Unter­nehmen aus der Dienstleistungsbranche mit scheinbar attraktiveren Einstiegsbedingungen abgeworben werden.

Das Ziel der Engineering Days ist es, das Image eines Berufseinstiegs in der Industrie bei jungen Ingenieuren zu verbessern. Mit einem innovativen Arbeits- und Freizeitprogramm gelingt es der Branche, Begeisterung bei jungen potenziellen Arbeitnehmern hervorzurufen und sich im Kollektiv als Branche attraktiv zu positionieren. In der Zwischenzeit hat die Toge­ther AG ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von gemeinsamen Anstrengungen zur Imageverbesserung auch in anderen Branchen geschaffen. Heute berät die Firma Arbeitgeber und Verbände verschiedenster Branchen, wie Life Science, Retail oder IT, damit diese mittels kollektiven HR-­Marketing-Bemühungen als attraktives Arbeitsgebiet für Studierende wahrgenommen werden.

Kurzum: Um den Entscheidungsprozess von High Potentials in einem frühen Stadium positiv zu prägen, ist eine Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Verbänden und Arbeitgebern auf regionaler Ebene und auf Branchenebene notwendig. Nur durch gemeinsame HR-Marketing-Massnahmen können Regionen, Branchen und damit auch die einzelnen Arbeitgeber langfristig im Kampf um Fach- und Führungskräfte Erfolg haben. Gemeinsam statt einsam – der Königsweg im «War for Talents».

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Dr. Rolf Sonderegger ist Geschäftsführer und Inhaber der ­Together AG.

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