Happige Nachzahlung wegen lückenhafter Bonusregelung
Urteil des Bundesgerichts vom 9. November 2011 (4A_356/2011).
Das Urteil
Der Kläger war von April 2000 bis September 2003 bei der Beklagten angestellt. Im Arbeitsvertrag war ein jährlicher Fixlohn von 270 000 Franken vorgesehen sowie eine grosszügige Bonusregelung. Für den Verlust des Bonus für das Jahr 1999 beim vorherigen Arbeitgeber erhielt er 850 000 Franken, und für die Jahre 2000 und 2001 einen Betrag von 880 000 beziehungsweise 800 000 Franken. 2003 hätte der Arbeitnehmer dann nach London versetzt werden sollen, aber da sich die Parteien nicht über die Details einig wurden, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis im März 2003 und weigerte sich, ihm für das Jahr 2002 noch einen Bonus auszuzahlen.
Der Arbeitnehmer machte daraufhin klageweise einen Bonusanspruch von 800 000 Franken abzüglich einer Kürzung um 30 Prozent aufgrund der deutlichen Verluste der Aktienmärkte geltend. Das Arbeitsgericht Zürich gab ihm nur teilweise Recht und sprach ihm einen Bonus von 100 000 Franken zu. Dagegen legte der Kläger Berufung ein und das Obergericht erhöhte seinen Bonus auf 267 000 Franken.
Doch damit war nun die Arbeitgeberin nicht einverstanden und gelangte an das Bundesgericht. Vergeblich argumentierte sie, dass aufgrund des qualifizierten Schweigens im Vertrag eine Gratifikation ab dem Jahr 2002 freiwillig gewesen sei, der Arbeitnehmer schlechte Leistungen erbracht habe und ein Bonus aufgrund der Kündigung ohnehin obsolet gewesen sei. Sowohl das Obergericht als auch das Bundesgericht gingen davon aus, dass beide Parteien bei Vertragsabschluss für die Zeit ab 2002 wenigstens grundsätzlich von einem Anspruch auf Bonus ausgegangen seien und der Vertrag entsprechend lückenhaft und durch den Richter zu ergänzen sei.
Da die Arbeitgeberin für das Jahr 2002 mit einer Ausnahme all ihren Frontoffice-Mitarbeitern einen Bonus ausbezahlt hat und eine Arbeitgeberin einen Mitarbeiter nicht willkürlich schlechter stellen darf als die übrigen, wurde ein Bonusanspruch des Arbeitnehmers für das Jahr 2002 im Grundsatz bejaht. Bei der Bemessung wurde auf die Tatsache abgestellt, dass sein Bonus 2000 und 2001 jeweils der höchste gewesen war.
Das Obergericht nahm deshalb den für 2002 von der Arbeitgeberin ausgerichteten Maximalbonus von 400 000 Franken und reduzierte diesen Betrag aufgrund des gekündigten Arbeitsverhältnisses um einen Drittel auf 267 000 Franken. Das Bundesgericht hatte gegen diese Berechnungsmethode keine Einwände und wies die Beschwerde der Arbeitgeberin ab.
Konsequenz für die Praxis
Bonusregelungen ist besonderes Augenmerk zu widmen, da sie vermehrt Anlass zu Rechtsstreitigkeiten geben. Nicht selten kommt es vor, dass ein Arbeitgeber letztendlich mehr Bonus zahlen muss, als er sich ursprünglich vorgestellt hat, weil ihm die Ermessensfreiheit in diesem Bereich rasch aberkannt wird und Stillschweigen in der Regel nicht sachdienlich ist. Dies ist sowohl bei der Abfassung von entsprechenden Bonusklauseln als auch in der praktischen Umsetzung und Verteilung von Gratifikationen zu berücksichtigen.