5. HR Tech World, Amsterdam 2017

Entfesselte Wucht und Grösse

Zu ihrem Fünf-Jahres-Jubiläum fand die HR Tech World in Amsterdam statt. Wir haben uns im Meer von Messeständen und zwischen den Referaten von namhaften Keynote-Speakern mit einigen Gästen über den Anlass unterhalten.

Mit der fünften Ausgabe kehrte die HR Tech World nach mehreren Jahren in Paris im Oktober 2017 an ihre Wurzeln nach Amsterdam zurück – und verpasste sich zum Jubiläum den neuen Namen «Unleash».

Die Konferenz hat sich inzwischen mit einem amerikanischen Ableger in Las Vegas und einer Frühlingsedition in London als die führende HR Technologie-Veranstaltung etabliert, wobei der Messe-Charakter mit einem Stände-Meer aller namhaften Anbieter tendenziell weiter zugenommen hat. Gleichzeitig ist auch das Angebot an Keynote-Referaten und themenspezifischen Sessions nicht kleiner geworden.

Big Data: «Schuldig im Sinne der Anklage»

Nachdem in den vergangenen Jahren wiederholt Sir Richard Brandson als «Zugpferd» fungierte, kam dieses Jahr Blogger-Pionierin Arianna Huffington diese Rolle zu. Neben ihrem Solo-Referat, worin sie die These vertrat, das «Always on»-Credo stelle für Manager von heute ein Auslaufmodell dar.

Daneben war sie auch in einem Podiumsgespräch mit Josh Bersin, Chef und Gründer von Bersin by Deloitte, zu erleben, der mit mehreren Auftritten an beiden Konferenztagen omnipräsent war. Dabei war sein Auftritt in der als Gerichtsverhandlung inszenierten Eröffnungsdebatte am zweiten Konferenztag besonders sehenswert und von hohem Unterhaltungswert.

Unter dem Titel «Big Data – Guilty as charged» übernahm Bersin im schwarzen Talar die Rolle des Fürredners der HR-Digitalisierung – ohne jedoch auf den Seitenhieb zu verzichten, wonach in den HR-Reihen viel zu wenig Basiswissen im Umgang mit Big Data festzustellen sei – etwa bei der Unterscheidung von Korrelation und Kausalität: «Künftig werden im HR nur noch Profile angestellt, die wenigstens über ein minimales statistisches Knowhow im Umgang mit Big Data verfügen.

Jeder CHRO, der in einer Organisation Gehör finden will, sollte sich mit der HR-Technologie beschäftigen und HR-Profis müssen Big Data-Experten werden.» Wenn dies gelinge, habe HR die Chance, sich ähnlich erfolgreich aufzustellen wie das Marketing in den 1980er und 90er-Jahren.

«Chatbots haben wenig mit künstlicher Intelligenz zu tun»

Im direkt daran anschliessenden Podiumsgespräch unter dem Titel «What Rocks And What Doesn’t in The World of HR Tech» mit David Wilson, CEO der Forsay Group, Stacey Harris, Forschungschef bei Sierra Cedar und Phil Wainright, Co-Gründer von Diginomica, wurde in die gleiche Kerbe geschlagen.

Wobei sich die Teilnehmer wohltuenderweise bemühten, den im Messe-Bereich geschürten Hype um die Buzzwords «Chatbots» und «Artificial Intelligence» etwas auf den Boden der Realität zurückzuholen. Auf die Frage, was von diesen «Trends» übrigbleiben dürfte, stellte Phil Wainright klar: «Chatbots haben wenig mit künstlicher Intelligenz zu tun» und mokierte sich auch unüberhörbar süffisant über den aktuellen Trend, den Messebesuchern den Einsatz von Chatbots als «disruptiv-revolutionäre» Technologie zu verkaufen.

Unter den Gästen waren auch einige Schweizer dabei. Neben Thorsten Knievel, Global Head HRIT & Digitalization bei Kuehne & Nagel, auch eine Delegation der Swisscom, bestehend aus HR IT Business Partner Ana Pergl, HR Data Scientist Camille Montalcini und HR Digital Officer Nicolas Meyer: «Es ist wichtig, dass Leute, die im HR tätig sind, an solchen Anlässe teilnehmen, um den Drive und das Potenzial in diesen Themen zu erleben.»

Daneben waren auch auf der HR-Dienstleisterseite Schweizer Vertreter auszumachen. Etwa Ralf Ploner, HR-Digitalisierungsexperte bei der Parexa AG, oder der Serienunternehmer Cornel Müller mit seinem Geschäftspartner Christian Hanisch von X28. Beide waren sich einig, dass die Themen People Analytics und Social-Media-Campaigning definitiv im HR «angekommen» seien.

Start-up-Zone: Alles Chatbot oder was?

In der Start-up-Zone, wo sich auf Schulter an Schulter mehrere Dutzend Jungfirmen präsentierten, ist Cornel Müller derweil die Software-Firma «Candidate ID» aufgefallen, die ein – in seinen Augen – vielversprechendes Talent-Pipeline-Tool entwickelt hat. Christian Hanisch zeigte sich derweil beeindruckt vom schottischen Start-up «Crunch HR» und dessen People Analytics-Reporting-Tool, welches ihm aufgrund des optisch ansprechenden Dashboards aufgefallen war.

Apropos Start-ups: Am Rande des Start-up-Zone traten Müller und Hanisch mit dem in Zürich domestizierten Startup-Investor Klaus Kummermehr von Go Beyond in Kontakt. Dieser teilte die allgemein geäusserte Einschätzung, wonach die Messe mit reichlich viel altem Wein in neuen Schläuchen und wenig wirklich revolutionären Ideen aufwartete und namentlich die Start-up-Zone heuer auffallend viele Chatbot-Anbieter aufwies.

Dabei sei schwierig zu erkennen, welche Anbieter sich auf diesem Gebiet mit welchem Business Case wirklich werden durchsetzen können. Eindrücklich sei jedoch, wie an der HR Tech World – sorry, «Unleash» – die entfesselte Wucht und Grösse der Industrie zu spüren sei.

 

 

 

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Ehemaliger Chefredaktor HR Today.

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