HR Today Nr. 4/2018: Rollenwandel

HR in der Transformation zum strategischen Partner

Unternehmensleitungen verlangen vom HR vermehrt businessorientiertes und strategisch 
ausgerichtetes Handeln. Doch welchen Beitrag leisten HR-Abteilungen zum Unternehmenserfolg und der erfolgreichen Strategieumsetzung und wie liesse sich der Beitrag steigern? 
Gedanken zum HR-Rollenwandel.

Bei der Transformation der HR-Rolle geht es grundlegend um eine konsequente Neuausrichtung: weg vom administrativen Dienstleister, hin zum strategischen Partner. Konkret bedeutet dies, als Partner der Linie das Business der verschiedenen Unternehmensbereiche zu kennen, zu verstehen und mit dem eigenen Kernbereich, dem HR-Management, zu verknüpfen. Hierfür erforderlich sind sowohl Managementkompetenzen als auch ein fundiertes Wissen betreffend Unternehmensstrategie, Prozesse und die externe Marktsituation. Ferner müssen die verantwortlichen HR-Partner über herausragende Beratungskompetenzen verfügen.

Gemäss einer aktuellen Studie¹ von Kienbaum und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. haben knapp zwei Drittel der Unternehmen im deutschsprachigen Raum modernere HR-Organisationsmodelle etabliert, wie beispielsweise das HR-Businesspartner-Modell nach Dave Ulrich.

Dass eine derartige Transformation nicht selten mit grossen Herausforderungen verbunden ist, zeigt ein Blick in die aktuelle Unternehmensrealität: Vielerorts besteht eine Diskrepanz zwischen den durchgeführten strukturellen Anpassungen und der tatsächlich ausgeübten Funktion.

Laut HR-Experte Walter Jochmann² konzentrieren sich die HR-Mitarbeitenden in rund 60 Prozent der Fälle weiterhin auf transaktionale Tätigkeiten, sprich die Administration. Dass auf die strukturellen Veränderungen ein Kulturwandel mit einer positiven Verankerung des Konzepts des strategischen Partners erfolgt, ist Aufgabe eines wirkungsvollen Transformationsmanagements.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass das Gelingen der Transformation zum strategischen Partner von unterschiedlichen Faktoren abhängt: sowohl von der systematischen und kompletten Umstellung der formalen Strukturen, Prozesse, Systeme und Instrumente als auch vom erforderlichen Change auf der Mindset-, Kompetenz- und Verhaltensebene. Damit die Bezeichnung des strategischen Partners nicht eine leere Worthülse bleibt und die Leistungsfähigkeit, sprich das Wertbeitragspotenzial eines strategisch ausgerichteten Personalwesens, optimal genutzt werden kann, muss auf die Umstellung von Strukturen ein Bewusstseinswandel aller involvierten Personen erfolgen. In diesem Zusammenhang bedarf es einer konkreten Auseinandersetzung mit folgenden drei Aspekten: Neues Selbstverständnis, Klarer Aufgabenbereich und Erweiterte Kompetenzen.

Neues Selbstverständnis

Als strategischer, businessorientierter Partner befindet sich das Personalwesen auf Augenhöhe mit Führungsbereichen. Um in dieser Position selbstsicher und verantwortungsbewusst agieren zu können, ist zunächst das Bewusstsein für den eigenen Wertbeitrag notwendig. Konkret bedeutet dies, dass vorab, zum Beispiel im Rahmen eines Workshops, gemeinsam definiert werden muss, worin der genaue Leistungsbeitrag zugunsten der Linie besteht. Anschliessend bedarf es einer Klärung des Beitrags jedes Einzelnen in seiner Funktion und Rolle. Des Weiteren sind Trainings in Bezug auf die Auftrittskompetenz unabdingbar, um die Anforderungen hinsichtlich einer proaktiven und gewandten Kommunikation mit Führungskräften zu erfüllen.

Vor dem Hintergrund des neu gewonnenen Selbstverständnisses braucht es eine Neupositionierung im Unternehmen. Hierfür hilfreich sind – abgesehen von einer fundierten Planung – auch Schlüsselpersonen, die mit Stolz und Überzeugung den Mehrwert und Nutzen eines strategischen HR aufzeigen und aktiv kommunizieren. Mit einer erfolgreichen Neupositionierung eng verbunden und dieser dienlich sind geklärte Verhältnisse hinsichtlich des Aufgabenbereichs.

Klarer Aufgabenbereich

Unter diesem Begriff stehen zwei Aspekte im Mittelpunkt: die Etablierung einer klaren Rolle und die Ausrichtung der Funktionen auf wertschöpfende Aufgaben. Die Rollenklarheit wurde im Zuge des Wandels im Personalwesen mehrfach herausgefordert. Vorhandenen Unsicherheiten gilt es durch eindeutige Abgrenzung zu anderen Arbeitsfeldern, eine präzise Bestimmung von Schnittpunkten und ein exaktes Abstecken des eigenen Aufgabenbereichs zu begegnen. Kurz: Die Rolle jedes HR-Mitarbeitenden muss neu definiert werden.

Demgemäss gilt es in einem ersten Schritt, eine Ist-Aufnahme aller existierenden HR-Aufgaben zu machen und diese nachfolgend den einzelnen Leistungsbereichen des HR zuzuordnen. Nach diesen Schritten sollte zum Beispiel deutlich sein, dass diejenigen HR-Funktionen, die strategische Aufgaben zu erfüllen haben, keine administrativen Anfragen mehr entgegennehmen, sich dafür aber beispielsweise mit der strategischen Personalplanung und Organisationsentwicklungsthemen auseinandersetzen. Prinzipiell richtet sich eine adäquate Rollendefinition an der Prämisse des strategischen Wertbeitrags, der erkennbaren Wertschöpfung, aus. Eine Ausrichtung der Funktionen auf wertschöpfende Aufgaben entspricht der Logik des Konzepts des strategischen Partners und unterstützt, quasi nebenbei, ein benötigtes Umdenken bei den Mitarbeitenden – den HR-Mitarbeitenden und bei allen Mitarbeitenden in der Organisation, welche die neue Rolle von HR ebenfalls akzeptieren müssen.

Erfahrungen zeigen allerdings, dass sich diese Neuausrichtung zuweilen als schwierig gestaltet. Oftmals kann festgestellt werden, dass Personalabteilungen, nachdem sie ihren Leis-tungsbeitrag geklärt und sich mit dem entsprechenden Selbstverständnis im Unternehmen positioniert haben, auf gewohnte, sichere Werte zurückgreifen und eine wiederholte Priorisierung der administrativen Aufgaben stattfindet. Zur Vermeidung einer derartigen Entwicklung ist die Schaffung neuer Bedingungen notwendig. Diese stellen sicher, dass jene Personen im HR, die sich den wertschöpfungsorientierten Aufgaben widmen, nicht mit administrativen Tätigkeiten beschäftigt sind. Eine Auslagerung Letzterer in Shared Service Centers wäre beispielsweise eine geeignete Möglichkeit.

Grundsätzlich verhindert eine klare Trennung von administrativen und strategischen Aufgaben ein Festhalten an gewohnten Arbeiten und fördert die schnellere Akzeptanz des Wandels. Damit dieser im Sinne einer umfassenden Transformation vollzogen werden kann, benötigen die involvierten Personen im HR-Bereich erweiterte Kompetenzen.

Erweiterte Kompetenzen

Die Erstellung eines neuen Kompetenzsets und eine sich daran orientierende Befähigung der Mitarbeitenden sind von grosser Bedeutung, um die Rolle als strategisches HR zu bewältigen. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass sich Unternehmen bei der Einführung von neuen Strukturen selten mit zugrundeliegenden Kompetenzen der Mitarbeitenden auseinandersetzen. In der Folge arbeiten Beteiligte oftmals in der neuen Funktion, dies jedoch auf Grundlage eines überholten Kompetenzsets.

Abhilfe kann eine systematische Vorgehensweise leisten, bei der zuerst die erfolgskritischen Kompetenzen für wertschöpfende Tätigkeiten eruiert werden. Zu diesen gehören unter anderem die Fertigkeit, Führungskräfte auf Augenhöhe ganzheitlich und strukturiert zu beraten, sowie Workshops rund um Organisationsentwicklungsthemen zu planen und diese moderativ leiten zu können. Die gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der erforderlichen Kompetenzen bilden die zukünftige Basis für Neurekrutierungen und die Weiterentwicklung der bestehenden HR-Mitarbeitenden.

Die Befähigung der Mitarbeitenden aufgrund des neuen Kompetenzsets kann durch Entwicklungs- und Befähigungsprogramme im Sinne eines gezielten Kompetenztrainings vollzogen werden. Konsequenterweise liegt der Fokus dabei auf der strategischen Arbeit. Auf diese Weise erreicht ein Unternehmen, dass die HR-Partner über vielschichtige Kompetenzen verfügen, die sie benötigen, um die zukünftige Rolle erfolgreich wahrzunehmen.

Fazit

Die Transformation des Personalwesens hin zum strategischen Partner ist ein mitbestimmender Faktor für den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens. Dabei reicht es nicht aus, die formalen Strukturen zu ändern. Zusätzlich bedarf es einer Anpassung des Mindsets, der Fähigkeiten und des Verhaltens der HR-Mitarbeitenden, damit sich die neue Funktion nachhaltig verankern kann. Da der Transformationsprozess mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist, empfiehlt sich ein systematisches Transformationsmanagement. Gemäss Erfahrungen aus der Praxis ist es erfolgversprechend, insbesondere die erörterten Themenbereiche Neues Selbstverständnis, Klarer Aufgabenbereich und Erweiterte Kompetenzen intensiv anzugehen.

Quellen:

  • ¹ Kienbaum und Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (2017). HR-Strategie & -Organisation 2017 (PDF). Zugriff am 17.01.2018. Verfügbar unter http://assets.kienbaum.com/downloads/HR-SO_Kienbaum_2017-2.pdf?mtime=20…
  • ² Walter Jochmann. (2017). Geschäftsmodelle der Personalfunktion im Wandel. In W. Jochmann, I. Böckenholt, S. Diestel (Hrsg.), HR-Exzellenz. Innovative Ansätze in Leadership und Transformation. Springer Gabler.
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Claudia Erni ist Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Gsponer Consulting Group International AG.

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