HR-Trends 2018: Hot or not?
In welche Themen investieren HR-Profis in den nächsten zwei Jahren Zeit, Budget und Aufmerksamkeit? Zum zweiten Mal ist der HR-Trendbarometer dieser Frage nachgegangen – mit 560 Teilnehmenden eine der grössten je in der Schweiz durchgeführten Studien dieser Art.
Leitfrage: In welche Themen investiert Ihre Organisation von 2018 bis 2019 wie viel Zeit, Finanzen und Aufmerksamkeit? (Bild: 123RF)
Zusammen mit der Avenir Group und dem Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitswelten (Universität St. Gallen) hat die GfK Switzerland AG für die Jahre 2018 und 2019 HR-Trends in Schweizer Organisationen erfragt. Mit 560 Teilnehmenden gehört sie zu den grössten je in der Schweiz durchgeführten Studien dieser Art. Daran beteiligt haben sich unterschiedlichste Unternehmen aus allen Branchen: Sowohl kleine und mittelgrosse Unternehmen (30 Prozent) als auch Konzerne (14 Prozent) waren vertreten. Der Anteil von Antwortenden in einer Führungsfunktion betrug 79 Prozent.
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Besonders hohe und tiefe Investitionsprognosen
Wie schon in der letzten Studie von 2015 ist die Führungskräfteentwicklung das Thema, bei dem am meisten HR-Profis angeben, in den nächsten zwei Jahren hohe Investitionen zu tätigen. Investitionen in Personalentwicklung für Nicht-Führungskräfte landet dagegen auf Platz 7. Auf dem zweiten Platz befindet sich das Thema Digitalisierung im HR, gefolgt von Talentgewinnung und Unternehmenskultur.
Ganz am Ende der Rangliste der Investitionsthemen finden sich Investitionen in den demografischen Wandel, 360°-Feedbacks, Human Capital Controlling (HR Scorecards) und computergestützte Überwachung. Während grosse (meist amerikanische) Unternehmen die computergestützte Überwachung oft auch zum Nutzen der Mitarbeitenden einsetzen – etwa um deren Gesundheit zu fördern –, sind schweizerische Unternehmen zurückhaltend. Nur zwei Prozent geben an, hier zu investieren. Vielleicht auch aus der Überlegung heraus, dass eine digital gestützte Mitarbeiterüberwachung auch viele Schattenseiten aufweisen kann.
Die Ergebnisse lassen neben einer Beschreibung der Ist-Situation der Schweizer HR-Landschaft neu auch Rückschlüsse über die Entwicklung von Themen im Zeitverlauf zu. Im Vergleich zur letzten Befragung (Zeitraum 2016/17), bei der HR-Verantwortlichen dieselbe Frage gestellt wurde, haben insbesondere die Themen HR-Digitalisierung, Personalauswahlprozesse und HR Analytics eine deutlich höhere Bedeutung als noch vor zwei Jahren. Organisationen wollen hier in Zukunft bedeutend mehr investieren – was zum Teil allerdings auch dem nicht geringen Aufholbedarf geschuldet sein dürfte. Demgegenüber haben 360°-Feedbacks, Leistungs- und Potenzialbeurteilungen sowie Human Capital Controlling (HR Scorecards) am meisten an Bedeutung verloren.
Bereit für die Zukunft?
Neben der Frage nach den Investitionen für die nächsten zwei Jahre haben wir HR-Verantwortliche auch gefragt, inwieweit ihre Organisation heute schon die Kompetenz besitzt, die im Barometer angeführten Themenfelder abzudecken. Themen, die als Dauerbrenner bezeichnet werden könnten, sind demnach diejenigen mit hohen Investitionen und gleichzeitig hoher Bereitschaft. Darunter finden sich namentlich Themen wie Führungskräfteentwicklung, Unternehmenskultur, Mitarbeiterengagement und -bindung oder auch Prozesse zur Personalauswahl, Leistungsbeurteilung oder Talentgewinnung – also insgesamt alles klassische HR-Aufgaben, die zu den Kernfunktionen einer leistungsfähigen HR-Organisation gehören.
Für die Zukunft gerüstet
Interessant ist der Blick auf die Themen HR-Digitalisierung sowie organisationale Transformation, denen aktuell noch eine unterdurchschnittliche Kompetenz bescheinigt wird, in die jedoch überdurchschnittlich hohe Investitionen getätigt werden. Dabei könnte es sich um Themen handeln, wo HR-Verantwortliche sich aktuell mit überdurchschnittlichen Investitionen rüsten, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Genau anders herum – nämlich mit überdurchschnittlicher Kompetenz und unterdurchschnittlichen Investitionen – verhält es sich bei Themen wie Kompetenzmodelle, Vergütungspolitik sowie der Befragung von Mitarbeitenden. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Themen im Verlauf der Zeit entweder bereits eine hohe Maturität erlangt haben oder mehr oder weniger vollständig outgesourct werden – was insbesondere bei Vergütungsmodellen und Mitarbeiterbefragungen auch Sinn macht, zumal diese Instrumente nicht zuletzt durch eine breite Palette von (externen) Vergleichswerten und Benchmarks überhaupt erst umfassende Schlussfolgerungen zulassen.
Allerdings besteht auch die Gefahr, dass neue Trends – etwa im Performance Management – verpasst werden (siehe Beiträge der Studien-Co-Autoren Prof. Dr. Antoinette Weibel und Dr. Marcel Oertig im Anschluss).
Fazit
Neben den bereits beschriebenen Veränderungen einzelner Themen bezüglich der Investitionsbereitschaft fällt vor allem auch eine hohe Stabilität der Bewertung durch HR-Fachkräfte auf: Vergleicht man die Rangreihenfolge der Themen heute mit denen von 2015, so sind die meisten, die damals hohe beziehungsweise tiefe Investitionen erhalten hatten, auch heute noch an diesem Ort in der Rangliste zu finden.
Zwar haben einzelne Themen bezüglich der Investitionen deutlich zugelegt (zum Beispiel HR-Digitalisierung). Trotzdem antworten die befragten HR-Verantwortlichen mit einer hohen Konstanz und lassen sich von Hypes offenbar nicht übermässig beeinflussen.
Nichtsdestotrotz sei die Frage erlaubt: Wäre es nicht an der Zeit, auch wichtigen gesellschaftlichen Herausforderungen – wie etwa dem demografischen Wandel – mehr Aufmerksamkeit zu schenken?
Welche HR-Fähigkeiten führen zum Unternehmenserfolg?
Im Rahmen der HR-Trendstudie haben wir HR-Experten unter anderem auch folgende Frage gestellt: «Welche Fähigkeiten sind entscheidend dafür, dass HR-Management einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten kann?»
Die Analyse dieser Frage hat eine Reihe interessanter Ergebnisse zutage gefördert, die wir mit einem Visualisierungsprogramm in ein «Wordle» umgewandelt haben (siehe Abbildung oben). Bei dieser Methode werden Begriffe, die von den Teilnehmenden häufig genannt wurden, mit grösserer Schrift dargestellt. Dabei zeigte sich, dass «Businessverständnis» als zentrale Kompetenz essenziell ist, wenn es darum geht, dass die HR-Funktion tatsächlich zum Unternehmenserfolg beitragen soll.
Dazu passend auf dem zweiten Rang der am häufigsten genannten HR-Fähigkeiten findet sich «Linienbegleitung» – also die Akzeptanz bei der Linie als kompetenter Begleiter, während «HR-Fachkompetenz» den dritten Platz bekleidet. Damit verwandt sind weitere häufig genannte Kompetenzen, die in den ersten zehn Rängen auftauchen – etwa «Business Partnering», «operative» und «strategische HR-Kompetenz» sowie «betriebswirtschaftliche Kenntnisse». Ebenfalls ein grosses Gewicht erhalten Themen wie «Flexibilität», «Veränderungsbereitschaft» und «Agilität» beziehungsweise Kompetenzen im Bereich von «Change Management». Passend zu den wichtigsten Investitionsthemen (siehe Einleitung) findet sich auch die «Digitalisierungskompetenz» unter den am häufigsten genannten HR-Fähigkeiten.
Im Mittelfeld befindet sich ein Cluster von Kompetenzen wie «Analysefähigkeit», «Innovationsfähigkeit», «Lösungsorientierung» und «vernetztes Denken». Es scheint ganz so, als ob die von Laszlo Bock* geforderte Verstärkung der HR-Funktion mit vermehrt analytischen Kompetenzen in (wenngleich noch schüchternen) Ansätzen bereits Realität ist.
Eher wenig Gewicht erhalten hingegen vermeintlich typische HR-Attribute wie «Personalorientierung», «Wertschätzung» und «Vertrauen» sowie «Kommunikation», «Offenheit», «Glaubwürdigkeit» und «Sozialkompetenz».
Insgesamt spiegeln die Antworten der Teilnehmenden die Ansicht, dass die HR-Funktion nur in enger Verbindung mit der Linie dem Unternehmen zu nachhaltigem Erfolg verhelfen kann. Namentlich durch eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Führungskräften und Geschäftsleitung.
Um die Glaubwürdigkeit der HR-Rolle zu erhalten, bedarf es heute mehr als nur der klassischen (vermeintlich weichen) und menschenorientierten Kompetenzen und Werte: Es braucht ein umfassendes Verständnis der Unternehmensstrategie, der Wertschöpfungsprozesse und der wirtschaftlichen Mechanismen – inklusive entsprechender Analyse-, Innovations- und Digitalisierungskompetenzen. Allerdings fordern gerade agile Ansätze auch eine Rückbesinnung auf ehemals wichtige Themen wie Vertrauen und Kommunikation. Wir sind gespannt, wie sich diese in den nächsten Jahren entwickeln.