HR Today Nr. 3/2017: Weiterbildung

Trends in der HR-Weiterbildung

Inwieweit werden die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt die Berufsbilder der HR Professionals erneuern und die Weiterentwicklung der HR-spezifischen Qualifizierungsangebote vorantreiben? Behalten anerkannte Abschlüsse weiterhin eine wichtige Rolle? Die HR-Weiterbildungsverantwortlichen Richard Müller und Gery Bruederlin von der Fachhochschule Nordwestschweiz geben einen Einblick in den Dschungel der HR-Ausbildungen und wagen eine Trendprognose.

Wie die nebenstehende Grafik zeigt, herrscht in der HR-Aus- und Weiterbildung ein ziemlicher Wildwuchs. Grundsätzlich kann zwischen eidgenössischen Berufsabschlüssen und akademischen Abschlüssen unterschieden werden. Beginnen wir mit den Grundausbildungen auf Stufe Personalassistenz (1)und Sachbearbeitung Personal (2), die auf eidgenössischen Berufsabschlüssen basieren: Die entsprechenden Zertifikatsprüfungen «Personalassisten­tin/-assistent» vom Trägerverband Human Resources Swiss Exams (HRSE) und «Sachbearbeiter/-in Personal» von den kaufmännischen Weiterbildungszentren fördern die fachlichen Kompetenzen von HR-Mitarbeitenden in den Bereichen Personaladministration, Saläre und Sozialversicherungen. Beides sind Grundausbildungen für (Wieder-)Einsteiger/-innen ins Personalwesen. Das am Ende stehende Zertifikat ist der Nachweis über aktualisiertes Wissen. Da besonders die einfacheren administrativen Arbeiten der elektronischen Datenverarbeitung betroffen sind, darf erwartet werden, dass zukünftig vermehrt betriebswirtschaftliches Grundlagenwissen in diese Ausbildungen einfliessen wird. Bei der HRSE-Zertifikatsausbildung wurde der Trend zur Digitalisierung im Jahr 2015 mit der webbasierten Zertifikatsprüfung aufgenommen. Diesen Übergang weg von reinem «Papier und Bleistift» hin zum (zumindest unterstützenden) Blended Learning werden auch die Ausbildungsinstitutionen gehen müssen. Vor dem Hintergrund, dass auf der Stufe der Personalassistenz vor allem junge Menschen und Wiedereinsteiger/-innen anzutreffen sind, wird neben dem Lernen am Arbeitsplatz die klassische externe Weiterbildung ihre Wichtigkeit behalten.

Berufsprüfung: Fundamentale Neuausrichtung

Auf der Stufe «HR-Fachmann/HR-Fachfrau mit eidgenössischem Fachausweis» (3) wird 2017 zum ersten Mal die grundlegend neu gestaltete Berufsprüfung durchgeführt. Die in drei Fachrichtungen (Betriebliches Human Resource Management, Öffentliche Personalvermittlung und -beratung sowie Private Personalvermittlung und -verleih) angebotene Ausbildung ist konsequent auf die von der Praxis geforderten Handlungskompetenzen fokussiert. Die Praxisorientierung richtet sich an HR-Tätigkeiten, die nicht durch die Digitalisierung zur Verfügung gestellt werden können. Themen wie Beratungsgespräche, Kommunikation und Verhandlungstechnik bekommen etliches mehr Raum als Wissensbereiche wie Sozialversicherung oder Arbeitsrecht. Ebenso sind die Lernmethoden auf ein gegenseitiges Lernen «von Praktikern für Praktiker» ausgerichtet. Diese eidgenössische Qualifizierung erfährt aktuell eine fundamentale Neuausrichtung und muss sich erst wieder stabilisieren. Beachtliche inhaltliche oder formale Reformen sind im Moment nicht angezeigt. Der Besuch eines Lehrgangs ist keine Zulassungsvoraussetzung, wird aber die mit grossem Abstand häufigste Vorbereitung auf die Berufsprüfung bleiben.

Eidgenössische Diplomausbildung: Sorgenkind

Das bekannte Sorgenkind innerhalb der HR-Weiterbildungswelt ist die vom HRSE angebotene Höhere Fachprüfung «Diplomierte Leiterin/diplomierter Leiter Human Resources» (4). Die seit Jahren schwindende Anzahl Interessenten führte im Dezember 2015 zum Grundsatzentscheid über eine massive Neugestaltung dieses Diplomabschlusses. Die Weiterbildung soll innovativ sein und sich stark an den praktischen Bedürfnissen sowie aktuellen Herausforderungen des Werkplatzes Schweiz ausrichten. Die Trainingsschwerpunkte werden Analyse und Entwicklung von Konzepten für komplexe Anliegen auf der Ebene Geschäftsleitung sein. Die eidgenössische Diplomprüfung wird ihre Nische suchen müssen und sich dafür in starkem Masse von den HR-Weiterbildungsangeboten der Fachhochschulen (DAS, MAS) mit Abschluss als «Leiter/-in Human Resources» (5), der Höheren Fachschulen (NDS) mit Abschluss als «Dipl. Personalleiter/-in» (6) sowie der Universitäten (MBA, EMBA) differenzieren müssen. Eine Nische könnte für die Diplomausbildung darin bestehen, praxisorientierte Quereinsteiger anzusprechen.

Grundsätzlich ist ein Trend zu beobachten, dass Personalprofis anstelle von HR-Fachweiterbildungen häufiger auf Weiterbildungen setzen, die im Feld der angewandten Psychologie verortet sind, oder sie streben direkt einen Masterabschluss an einer Fachhochschule oder Universität an. Die Durchlässigkeit zwischen den Fachgebieten, der stetige Anstieg an Zulassungen «sur dossier» und die Tatsache, dass HR Professionals den Masterabschluss als die für ihre Karriere zielführendere Qualifikation bewerten, unterstützen diesen Trend. Für die Zukunft der eidgenössischen Diplomausbildungen wird entscheidend sein, in welchem Umfang es dem HRSE gelingt, eine echte Steigerung der Attraktivität des Titels «diplomiert» zu erreichen. Je nach Passung und Akzeptanz der erneuerten Diplomausbildung im Markt werden Fachhochschulen beziehungsweise Höhere Fachschulen Vorbereitungslehrgänge für die frühestens auf 2019 geplante erste Prüfungssequenz anbieten. Gespräche in diese Richtung laufen bereits.

Master of Advanced Studies HRM: Flaggschiff

Das erwähnte Interesse für die Masterlehrgänge «Master of Advanced Studies in Human Resource Management» (7) ist in der Tat ungebrochen. Dabei überwiegen die «normalen» Aufnahmen leicht gegenüber dem Zugang «sur dossier». Bei ersteren handelt es sich um MAS-HRM-Teilnehmende mit einem Bachelor- oder Masterdiplom in der Tasche, während letztere über keinen Studienabschluss verfügen, dafür aber in der Regel den eidgenössischen Fachausweis (HR-Fachmann/HR-Fachfrau) oder eine vergleichbare Weiterbildung gemacht haben. Es ist wichtig anzumerken, dass für beide Segmente mehrjährige praktische Erfahrung in einem oder mehreren Personalbereichen eine entscheidende Rolle spielt. Dies erlaubt, während des Studiums den gegenseitigen fachlichen Austausch zu forcieren, wovon alle Teilnehmenden enorm profitieren können.

Der von wenigen Fachhochschulen (FHNW, ZHAW, HWZ) angebotene MAS HRM darf als  Flaggschiff der Schweizer HR-Weiterbildungslandschaft bezeichnet werden. Das liegt daran, dass einige dieser Programme nicht nur auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken können, sondern auch aufgrund ihrer Dauer von zwei Jahren und ihrer Intensität (Präsenztage kombiniert mit Prüfungen und dem Verfassen einer Masterarbeit) inhaltlich praktisch alle für einen HR-Profi wesentlichen Fähigkeiten abdecken. Dazu zählen in erster Linie Kernkompetenzen im Personalmanagement, aber auch betriebswirtschaftliche und sozial-kommunikative Kompetenzen, die für ein zielgerichtetes und überzeugendes Führen der HR-Funktion unerlässlich sind. Es kommt deshalb nicht von ungefähr, dass viele Unternehmen den Abschluss eines MAS für ihre HR-Führungs- und -Spezialis­tenrollen voraussetzen.

Die Qualität der MAS- (und auch der DAS-) Programme lebt davon, dass deren Inhalte permanent den neusten Entwicklungen im HR-Management angepasst werden. So bilden beispielsweise Themen wie «Strategisches Workforce Management», «Digitalisierung im HR» oder «Social Media Recruting» feste Bestandteile des MAS HRM der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Unter der Voraussetzung, dass die aktuellen MAS-HRM-Programme ihre überzeugenden Formate und Inhalte nicht nur beibehalten, sondern auch weiterentwickeln, ist davon auszugehen, dass sie nicht an Attraktivität verlieren und ihre Spitzenposition im Schweizer HR-Weiterbildungsmarkt behalten werden. Hier bietet sich den HR-Profis also eine recht stabile Situation, die sich in der nächsten Zeit kaum gross verändern dürfte.

Mehr Dynamik gibt es sicher im Bereich der kürzeren HR-bezogenen CAS (Certificates of Advanced Studies) und ähnlich gelagerten Fachkurse: Eine Vielzahl von unterschiedlichsten Programmen, die sich mit allen Bereichen der HR-Wertschöpfungskette – von Rekrutierung über Kompensation bis zu Personalentwicklung und Talentmanagement – auseinandersetzen, werden durch verschiedenste Bildungsinstitutionen, vor allem aber an den Hochschulen angeboten. Wenn es also darum geht, sich in einer bestimmten HR-Disziplin zu vertiefen, ist das Angebot immens. Die Frage darf gestellt werden, ob sich hier in Zukunft und auch in Anbetracht von Kos­tenoptimierungen im Bildungssektor nicht eine gewisse Konsolidierung des Marktes einstellen sollte.

Darüber hinaus bilden diejenigen HR-Kurse, die sich an sehr erfahrene HR-Profis richten, ein interessantes Feld. Im heutigen Marktumfeld zeigt es sich nämlich, dass sich junge Talente möglichst früh möglichst gut aus- und weiterbilden möchten, um sich die besten Voraussetzungen für eine Karriere zu schaffen. Das hat einerseits zur Attraktivität der Masterlehrgänge beigetragen, andererseits zu einem Mangel an weiterführenden Programmen geführt. Auch liegen bei vielen HR-Profis letzte Aus- oder Weiterbildungen im Fachgebiet schon länger zurück. Einige wichtige Player wie die ZHAW oder die Uni St. Gallen haben sich aktuell dieser «Lücke» angenommen und ihr Angebot entsprechend erweitert.

Auch die Hochschule für Wirtschaft FHNW wird neu für HR Seniors einen solchen generalistisch angelegten Fachkurs mit der Bezeichnung «HRM Plus» anbieten. Dieser verfolgt das Ziel, interessierten und weiterdenkenden HR-Fachleuten Inhalte zu vermitteln, die im Moment noch nicht überall auf der Agenda stehen, mittelfristig für die HR-Funktion aber sehr wichtig werden dürften (beispielsweise «HR-Analytics», «Digitalisierung und HR» oder auch «Flexibilisierung der Arbeit»). Die Qualität zukünftiger Personalarbeit und damit auch die Zukunft der HR-Funktion wird nicht unwesentlich davon abhängen, wie gut es den Personalfachleuten gelingt, sich in diesen neuen matchentscheidenden Themen fit zu machen.

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Gery Bruederlin ist Dozent und Professor für Human Resource Management an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und leitet den MAS Human Resource Management.

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Richard Müller
M.Sc.IM, Dozent, Programmleiter
Fachhochschule Nordwestschweiz
Institut für Personalmanagement und Organisation
richard.mueller@fhnw.ch
www.fhnw.ch/wirtschaft

 

Richard Müller ist erfahrener Dozent für Betriebswirtschaft und Personalmanagement an der FHNW und übernimmt 2019 die Leitung Human Resources einer Pflegeeinrichtung. Dank jahrelanger Tätigkeit in seiner eigenen Beratungsfirma kann er spannende Praxiserkenntnisse aufzeigen. Richard Müller publiziert seit mehreren Jahren Fachartikel und Buchbeiträge im Bereich Personalmanagement mit Schwerpunkt Unternehmenskultur.

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