Höchste Erwartungen an das Team – und an sich selbst
Welches ist ihr Leitmotiv in der Führung? Die Antwort kommt postwendend: «Respekt. Respekt im Umgang mit anderen Menschen ist mir sehr wichtig.» Man müsse die verschiedenen Werte und Kulturen und vor allem auch die daraus entstehenden unterschiedlichen Erwartungen der Mitarbeitenden kennen, verstehen und akzeptieren, sagt sie. Ihr Rezept klingt einfach: Es sei wichtig, erst einmal herauszufinden, wie jemand ein Problem lösen wolle. «Auf den ersten Blick ist es beispielsweise für einen Schweizer nicht offensichtlich, wie der Holländer oder die Italienerin das Problem lösen will.» Und dann gelte es, diese verschiedenen Herangehensweisen für das Unternehmen zu nutzen – denn letztlich seien dessen Kunden ja ebenso heterogen zusammengesetzt.
Hauke Stars stellt, sofern es dazu eine Möglichkeit gibt, ihre Projektteams nach diesem Prinzip zusammen, möglichst vielfältig in Bezug auf Alter, Herkunft, Ausbildung und Erfahrungshintergrund. Oft und gerne spreche sie mit Beat Welte, dem Leiter der Unternehmenskommunikation, auch über die Feinheiten und Nuancen, die es in durchmischten Teams und Organisationen zu berücksichtigen gelte. «Man muss hier mit sehr viel Sensibilität vorgehen», bestätigt dieser, «es kommt sehr wohl auf die Art und Weise an, wie eine Botschaft übermittelt wird.» «Im Zuge der Globalisierung werden in Zukunft die HR-Manager der Kultur im Unternehmen noch stärkere Aufmerksamkeit schenken müssen», glaubt Stars, «und dieses Thema von sich aus immer wieder in die Geschäftsleitungen hineintragen.»
Respekt und Toleranz für Unterschiede gehen bei Hauke Stars allerdings eng einher mit der Forderung nach Höchstleistung: «Wenn wir uns über die Ziele einig sind, erwarte ich von allen, auch von mir, konsequente Umsetzung. Wer nicht mitzieht, kann nicht Teil des Teams sein.» Mitarbeitende von HP hätten lernhungrig und veränderungswillig zu sein, sagt sie und erklärt weshalb: Das Unternehmen generiere ein Drittel seines Umsatzes mit Produkten und Dienstleis-tungen, die nicht älter seien als achtzehn Monate, es wälze innert weniger Jahre sein gesamtes Produkt- und Dienstleistungsportfolio um. «Das heisst, dass wir im Interesse der Kunden und der eigenen Firma immer wieder hinzulernen müssen.» Alle Mitarbeitenden seien gefordert, sich ständig aufs Neue und intensiv mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen, mit denen sie in ihrer Position konfrontiert seien. «Und das tun sie auch», freut sie sich. Das Unternehmen helfe dabei einerseits dadurch, dass die Leistungsanforderungen ständig thematisiert würden: «Unsere Mitarbeitenden werden dazu ermutigt, sich Fragen zu stellen wie ‹Liegt mir diese Aufgabe?› oder ‹Wie kann ich es besser machen?›» Andererseits ergeben sich gerade durch die Schnelllebigkeit der Branche und der Geschäftsmodelle immer wieder Möglichkeiten zur beruflichen Veränderung innerhalb der Organisation.
Dabei werde bei HP grundsätzlich auf Chancengleichheit geachtet, auch bemühe man sich, entsprechende Strukturen zu bieten. «Hier können wir sicherlich noch besser werden», räumt Stars ein, weist aber mit einiger Genugtuung auf den Frauenanteil von 18 Prozent bei HP Schweiz hin, was über dem Branchendurchschnitt liegt. Das Unternehmen biete eine breite Palette unterschiedlicher Konzepte an, angefangen bei flexiblen Arbeitszeiten bis zur Möglichkeit, selbst in Führungspositionen einen Teil der Arbeit von zuhause aus zu erledigen. Auch sie selbst könne sich durchaus vorstellen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen – viel eher, als ihre gegenwärtige Position in einem Teilzeitpensum zu erledigen. «Es wäre wohl nicht realistisch, eine solche Aufgabe in einem reduzierten Pensum erfüllen zu wollen», sagt sie. Ihre Arbeitstage sind lang, die Zeit für alles, was nicht mit dem Beruf zu tun hat, knapp bemessen.
Wie ein Delfin: schnell, neugierig, mutig und gemeinschaftsorientiert
Wie kommt sie damit klar, alles planen, alles organisieren zu müssen, selbst die Freizeit, selbst die Zeit mit dem Ehemann, den Freunden? «Es ist ganz gut so», sagt sie munter, «dadurch lebt man viel bewusster.» Es wird klar, dass zumindest in Bezug auf Hauke Stars nicht stimmt, was ein Journalist im Jahr 2000 über die Preisträger des deutschen Wettbewerbs «Elite der Zukunft» schrieb: «Sie sind latent unzufrieden.» Die damalige Finalistin Stars wirkt heute, acht Jahre später und ein paar Stufen auf der Karriereleiter weiter oben, geradezu ansteckend zufrieden. «Wenn man Unzufriedenheit so interpretiert», stellt sie richtig, «dass man die Dinge in Frage stellt, dann trifft das auch auf mich zu.» Pessimistisches Herumnörgeln ist ihre Sache nicht, lieber steht sie auf dem Gas- als auf dem Bremspedal. So erstaunt auch nicht, dass sie während des ganzen Gesprächs im Board Room der HP der Versuchung widersteht, sich in die weichen Polster ihres breiten schwarzen Ledersessels sinken zu lassen. Kerzengerade sitzt sie da, gar nicht verkrampft, sondern aufmerksam, ihren Gesprächspartnern zugewandt.
«Welches Tier wären Sie gerne, Frau Stars?» Endlich eine Frage, mit der man sie überraschen kann. Tatsächlich, das habe sie sich noch nie überlegt, bestätigt sie, und beginnt sofort damit. Ein Fluchttier? Kaum. Vom Tempo her zwar schon, doch denkt man bei ihr eher an ein Wesen, das seinen Lebensraum selber gestaltet. «Wenn ich wählen könnte, wäre ich gerne ein proaktives Tier, vielleicht ein Jägertyp?» beginnt sie vorsichtig. Dann, bestimmter: «Auf keinen Fall ein Elefant, der ohne natürliche Feinde durch die Landschaft trottet.» Ein Tier, das auf Gemeinschaftssinn achtet, fügt sie nach einer Pause hinzu und verspricht, sich die Frage zu überlegen. Zwei Tage später trifft die Antwort ein: Am ehesten fühle sie sich einem Delfin verwandt: schnell und neugierig, aber auch mutig gegenüber Feinden, ein guter Jäger und durchaus gemeinschaftsorientiert – ja, so könne man sie durchaus sehen.
Hauke Stars
studierte in Magdeburg Angewandte Informatik, danach erwarb sie an der University of Warwick (Grossbritannien) einen Master of Science in Engineering. Erste Berufserfahrungen sammelte sie bei mediaSystems, dem IT-Dienstleister von Bertelsmann. Danach war sie sechs Jahre lang beim Triaton beschäftigt, einer Tochtergesellschaft von ThyssenKrupp, zuerst als Verantwortliche für IT-Dienstleistungen und -Lösungen, zuletzt als Senior Vice President Sales und Marketing. Ein Jahr nach der Übernahme von Triaton durch HP wechselte Stars in das Dienstleistungsgeschäft von HP Niederlande, das sie zwei Jahre lang erfolgreich führte. Hauke Stars ist verheiratet und verbringt ihre Freizeit gerne auf dem Golfplatz.