Porträt

«Ich kommuniziere relativ einfach 
und wiederhole mich sehr oft»

Seit August 2007 leitet Morten Hannesbo als Managing Director den grössten Schweizer Automobilimporteur Amag. Der 45-jährige Däne mit internationaler Erfahrung will die Position des Familienunternehmens hier zu Lande weiter ausbauen. Seine Mitarbeitenden führt er dabei mit Beharrlichkeit und Detailkenntnis, aber auch mit ansteckend guter Laune.

Morten Hannesbo hat das freundliche Lächeln nicht nur zur Begrüssung aufgesetzt. Es gehört offensichtlich zu ihm wie ein Markenzeichen, das für Ausgeglichenheit und Gelassenheit steht. Selbst unangenehme Situationen, so ist aus seinem Umfeld zu hören, lassen ihn allenfalls die Augenbrauen hochziehen, und wenn er dann – kaum weniger freundlich als sonst – sagt «Das ist nicht gut», dann wissen seine Mitarbeitenden, dass der Chef mit dem präsentierten Ergebnis wirklich nicht zufrieden ist.

Nein, ein Mann der lauten Töne ist Hannesbo wahrlich nicht. Sondern einer, der aufmerksam zuhört und sachlich argumentiert. Und der unermüdlich ist, wenn es darum geht, die gesamte Amag-Belegschaft vom Führungsteam bis zum Lagerarbeiter auf die strategischen Ziele des Autoimporteurs einzuschwören. «Für mich ist Kommunikation sehr wichtig. Ich kommuniziere relativ einfach und wiederhole mich sehr oft», sagt Hannesbo und erklärt, warum: «Ich bestehe darauf, dass meine Mitarbeitenden mit vollem Engagement  bei der Sache sind. Dazu ist eine hohe Motivation wichtig, und dafür müssen die Mitarbeitenden genau wissen, wohin wir mit dem Unternehmen wollen, welche Ziele wir haben.»

Das geschieht bei der Amag – wie in anderen Unternehmen auch – auf verschiedenen Kanälen: durch eine Mitarbeiterzeitschrift, durch Rundschreiben oder Informationsveranstaltungen und natürlich auch durch die Werbung für die Produkte. Hannesbo nutzt aber zudem so viel wie möglich das direkte Gespräch. «Ich versuche, den Abstand zu den Leuten zu verringern.» Und so sahen Mitarbeitende der Importzentrale in Schinznach-Bad im vergangenen Sommer  mit einigem Erstaunen, dass der neue Chef ihrer Einladung zum Töffausflug folgte und mit seiner BMW mitmachte. Oder dass er – wenn möglich – in der Betriebskantine zu Mittag isst. Das war man von seinen Vorgängern nicht gewohnt. «Bei Gelegenheiten wie der Motorradtour können wir auch einmal über anderes reden als nur über Geschäftliches, können einfach zusammen Spass haben», sagt Hannesbo. «Ich bin nicht mit allen, aber mit vielen Mitarbeitenden per du.» Das habe nichts mit Anbiedern zu tun, der gegenseitige Respekt sei unabhängig von der Anrede.

Mit Elan auf dem Weg 
zu hochgesteckten Zielen

Bei aller Offenheit für die Belegschaft – allererste Priorität haben für Hannesbo Zahlen: 4,1 Milliarden Franken Umsatz, 22,6 Prozent Marktanteil. Das sind die Rekordwerte des vergangenen Jahres und das sind auch die Dimensionen, an denen er sich als Managing Director orientieren muss. Zwischen dem Schweizer Markt und den Strategien eines internationalen Konzerns sitzt er wie zwischen Hammer und Amboss. Seit mittlerweile 60 Jahren importiert das Familienunternehmen Amag die Marken des VW-Konzerns. Dazu gehören neben Volkswagen – Personenwagen und Nutzfahrzeuge – auch Audi, Seat und Skoda. Porsche, eine der erfolgreichsten und zudem eine besonders prestigeträchtige Marke, wird ab diesem Jahr den Import in die Schweiz selbst übernehmen. Davon lässt sich Hannesbo nicht beirren und gibt seinen Leuten als Vision eine Steigerung des Marktanteils auf 25 Prozent vor – auch ohne Porsche.

Bei der Umsetzung setzt er darauf, dass es ihm gelingt, seine eigene Begeisterung auf die Mitarbeitenden zu übertragen: «Ich liebe Autos. Und es ist genial, etwas zu verkaufen, was so sehr mit Emotionen zu tun hat. Ich bin jeden Tag neu begeistert von unseren Autos, von unserem Unternehmen und ebenso von dem, was wir  gemeinsam machen. Ohne diese Begeisterung kann man die Mitarbeitenden nicht mitziehen.» Ebenso wichtig ist ihm Detailkenntnis. Einzelheiten der Produkte, Preisgestaltung und Marketingstrategien hat er stets präsent. Auch dies ist eine Eigenschaft von Hannesbo, an die sich manche Mitarbeitende erst gewöhnen mussten.

Der 45-Jährige kennt die Branche seit über 20 Jahren. Zu Beginn seiner Laufbahn hatte er es allerdings mit sehr viel grösseren «Fahrzeugen» als heute zu tun. Nach der Schule absolvierte er eine Lehre als Schifffahrtskaufmann bei der dänischen Mærsk-Gruppe, dem grössten Unternehmen Skandinaviens, und danach kam er, ein junger Mann von knapp 20, gleich zu seinem ersten Auslandsaufenthalt in der Hamburger Niederlassung des Konzerns. 1986 heuerte er dann beim dänischen Toyota-Importeur an – «damals ein Familienunternehmen wie die Amag», betont Hannesbo – und war über lange Zeit jeden Monat für eine Woche in Japan.

Nachdem er elf Jahre für den nationalen Marktführer gearbeitet und dabei unter anderem die Bereiche Marketing, Verkauf und Presse verantwortet hatte, wechselte Hannesbo 1997 als CEO zum ebenfalls privaten Importeur Nissan Dänemark. Anfang 2000 gab es einen erneuten Perspektivenwechsel: Hannesbo trat in die Dienste des Giganten Ford, wurde zunächst von England aus Brand Manager für den Kleinwagen Fiesta, dann Director Strategy and Operations bei Ford Frankreich in Paris. Nebenbei absolvierte er ein Betriebswirtschaftsstudium, das er 2004 mit dem MBA abschloss. Im selben Jahr wurde Hannesbo zum Verkaufsleiter bei Ford UK in London ernannt, zwei Jahre später kam er dann nach Wallisellen als CEO von Ford Schweiz sowie Regionaldirektor für die Region Schweiz – Österreich.

Die Unterschiede zwischen der Arbeit in einem internationalen Konzern und bei einem nationalen Importeur umreisst Hannesbo so: «Börsenkotierte Unternehmen achten mehr darauf, dass die Zahlen am Ende des Quartals stimmen, sonst reagiert der Aktienhandel negativ. Dieser Zusammenhang führt dazu, dass in diesen Unternehmen oft sehr kurzfristig gedacht wird. Eine solche Haltung ist aber gerade in der Automobilbranche sehr schwierig: Unsere Produkte behält der Kunde im Schnitt vier bis viereinhalb Jahre – da muss man langfristig denken.» Man könne nicht Autos wie Coca-Cola verkaufen, betont Hannesbo. Ein Familienunternehmen wie Amag sei da wahrscheinlich besser positioniert als ein Grossunternehmen. «Ich habe das Glück, über Erfahrungen mit beiden Welten zu verfügen», sagt Hannesbo, «und hatte schon früher Chefs, die ähnliche Werte vertraten, wie sie auch bei der Amag enorm wichtig sind.».

Als Erstes nennt Hannesbo ein hohes Qualitätsbewusstsein, aber auch Innovationsfähigkeit, Nachhaltigkeit sowie Kontinuität und Vertrauen als Grundlagen der Kundenbeziehung. Von Vorteil seien auch die kurzen und schnellen Entscheidungswege: Sein einziger Vorgesetzter ist Verwaltungsratspräsident Martin Haefner, der vor zwei Jahren die Nachfolge seines Vaters, des Firmengründers Walter Haefner, angetreten hat. Allerdings gebe es in einem Familienunternehmen auch Grenzen, die man akzeptieren müsse, sagt Hannesbo: «Gewisse Dinge lassen sich nicht so schnell verändern, weil das Unternehmen noch nicht bereit dafür ist.»

Aus- und Weiterbildung als Magnet

Eine grosse Herausforderung liegt für den Chef in der Rekrutierung und Förderung qualifizierter Mitarbeitender. Die Branche müsse noch einiges tun, um das Image der dunklen und schmutzigen Werkstattarbeit abschütteln. Auch da sind für Hannesbo Begeisterung und Leistung wichtige Parameter: «Eine erfolgreiche Firma hat es einfacher, die Guten zu bekommen und zu behalten. Neben Leistung und Innovationskraft des Unternehmens müssen aber auch Vergütung, Ausbildung und die Arbeitsumgebung stimmen.» Hannesbo hat die Zahlen selbstverständlich parat: Von insgesamt über 4500 Amag-Mitarbeitenden sind mehr als 680 Lernende. Das Unternehmen hat dazu in eigene Ausbildungszentren investiert. Am Standort Schinznach werden über 10000 Ausbildungstage pro Jahr geleistet.

Mit Detailversessenheit geht Hannesbo auch an Probleme, die sich nicht sofort lösen lassen. «Ich bin schon sehr von Zahlen gesteuert, auch in der Zusammenarbeit mit meinem Team», gibt Hannesbo zu. «Ich entscheide gerne, auch schnell, versuche aber immer zu verstehen, wo das Problem liegt und wie es am besten gelöst wird. Schnell entscheiden ist nicht immer eine Stärke.» So sucht Hannesbo bei Problemen gerne Rat, nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern auch bei erfahrenen Freunden und Bekannten. «Ich entscheide ungern ganz allein auf dem Berg da oben – das funktioniert heute nicht mehr.» Spezielle Herausforderungen zur Selbstmotivation braucht er offenbar nicht. Früher habe er Marathonläufe gemacht, sagt Hannesbo und erklärt, wie er heute seine persönlichen Ziele für die nächsten Jahre sieht: «Ich habe lange genug gelernt, jetzt muss ich liefern. Deshalb bin ich absolut fokussiert auf diese Arbeit.» Morten Hannesbo unterstreicht auch dies mit einem Lächeln, das keinen Zweifel daran aufkommen lässt, wie ernst er seine Arbeit nimmt.

Morten Hannesbo

ist 1962 geboren und hat nach dem Schulabschluss zunächst eine Ausbildung als Schifffahrtskaufmann absolviert. Mit 24 wechselte er in die Autobranche. Nach verschiedenen Positionen bei den Importfirmen der Marken Toyota und Nissan – zuletzt als CEO – kam Morten Hannesbo Anfang 2000 zu Ford of Europe. Vier Jahre später schloss er ein berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaft mit dem MBA ab. Anfang 2006 wurde er CEO bei Ford Schweiz, im August 2007 dann Managing Director beim Schweizer Automobilimporteur Amag.

Hannesbo ist verheiratet und hat drei Söhne. Als Hobbys nennt er Töff- und Skifahren. Beim Fussball ist er Fan des britischen Clubs FC Chelsea.

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Martin Winkel

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