Ideen, die die Welt verändern: Kann man Innovation lernen?
Innovationen sind der Schlüsselfaktor für wirtschaftliche Entwicklung und Unternehmenserfolg. Der Innovationsmanager ist eine noch relativ neue Funktionsbezeichnung und impliziert, wen Unternehmen heute brauchen, um Veränderungen voranzutreiben.
Er ist visionär, kommunikationsstark und risikobereit. «Ein Innovationsmanager soll sein Unternehmen lieben, sich aber innerlich frei fühlen, er soll sensibel und machtbewusst, aber vor allem positiv verrückt sein», erklärt der bekannte Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky. Vor fast zehn Jahren gründete er den innovativen Think Tank «2b Ahead». Der Austausch der Mitglieder zeigt vor allem immer wieder eines: Gefragt sind Persönlichkeiten, die Innovationsprozesse im Unternehmen anschieben, steuern und begleiten. Doch wer das eigentlich sein soll, ist vielen Unternehmen nicht so klar.
Die deutsche Scheelen AG, Institut für Managementberatung und Diagnostik, erarbeitete gemeinsam mit Sven Gabor Janszky ein Kompetenzmodell für Innovations- und Zukunftsmanager. Viele Unternehmen suchen inzwischen nach solchen Innovations- oder Zukunftsmanagern, doch die wenigsten von ihnen wissen, was diese Leute eigentlich können müssen, sagt Frank M. Scheelen, Gründer und Vorstand der Scheelen AG.
Der Rule Breaker mit der Lizenz für verrückte Ideen
Das neue Modell definiert die erforderlichen Kompetenzen für den Innovationsmanager (siehe Kasten Seite 41). Scheelen sieht die Position des Innovationsmanagers im Unternehmen in der Hierarchie weit oben angesiedelt und direkt mit dem Vorstand verbunden, jedoch mit den Freiheiten ausgestattet, die es ihm erlauben, auch einmal verrückte Ideen und unpopuläre Dinge zu äussern. Ein Rule Breaker eben. Oder er hat, wenn man so will, auch etwas von der Rolle eines Hofnarrs, lacht Scheelen. Das Kompetenzmodell soll den Unternehmen ermöglichen, die Kompetenzen der Mitarbeiter zielgerichtet auf die strategisch wichtigsten Fähigkeiten und Fertigkeiten zu analysieren. Es kann für Recruiting- oder Assessmentcenters genauso verwendet werden wie für unterjährige Kompetenzchecks oder zielgerichtete Weiterbildung, erklärt Scheelen.
Auch haben die Experten konkrete Verhaltensbeschreibungen und Gesprächsfragen für Bewerbungs- und Personalgespräche für HR-Manager zusammengestellt. Mit denen lassen sich Top-Leistungsträger von durchschnittlichen oder schlechten Mitarbeitern unterscheiden. Dies wären zum Beispiel für die wichtigste Kompetenz, die Veränderungsinitiative, folgende:
1. Verhalten
- Akzeptiert Änderungen offen und bereitwillig
- Passt sich schnell an neue oder sich ändernde Umstände an und stellt sich darauf ein
- Ist bereit, die eigene Arbeitsweise zu ändern, indem neue Methoden oder Prozesse aufgegriffen werden
- Antizipiert erforderliche Veränderungen
- Fördert aktiv Initiativen für Veränderungen in der Gruppe oder im gesamten Unternehmen
- Übernimmt persönlich Verantwortung, damit die notwendigen Änderungen beschlossen und effektiv umgesetzt werden
2. Mögliche Gesprächsfragen
- Schildern Sie zwei Situationen, in denen Sie persönlich die Verantwortung für eine wichtige Veränderung in Ihrem Unternehmen übernommen haben.
- Worum ging es?
- Was haben Sie konkret getan?
- Wie sah das Ergebnis aus?
- Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?
«Firmen, die auf Innovationsmanagement setzen und sich bei ihrem Recruiting und ihrer Personalentwicklung an den beschriebenen Berufsbildern orientieren, stellen die Weichen für ein zukunftsorientiertes, strategisches Management», so Scheelen.
Weiterbildung für Menschen, die stets nach neuen Lösungen suchen
Ein Innovationsmanager entsteht natürlich nicht über Nacht, nur weil er eine solche Funktionsbezeichnung trägt. Neben Erfahrung und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen wie ein ausgeprägtes Interesse am Neuen, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen, sozialer Kompetenz und der Fähigkeit, unterschiedliche Sichtweisen zu integrieren, braucht es idealerweise auch eine gezielte Weiterbildung. Wie andere Fachhochschulen in der Schweiz bietet auch die Fachhochschule St. Gallen eine Weiterbildung zum Innovationsmanager an. «Leider konnten wir die ursprünglich geplante Anzahl Studierende noch nicht ganz erreichen», sagt Urs Guggenbühl vom Innovationszentrum der Fachhochschule St. Gallen. Gründe dafür vermutet er darin, dass es sich um ein noch relativ unklares Berufsbild handelt und um keine geschützte Berufsbezeichnung. «Viele aufstrebende Talente suchen eher eine Qualifizierungsmassnahme mit einem eidgenössisch anerkannten Titel.»
In der Schweiz sei der Innovationsmanager noch Neuland, die Bedeutung dieser Funktion werde jedoch in Zukunft steigen, meint Guggenbühl. «Innovation ist ein Schlüsselfaktor für Erfolg in der Industrie.» Und gerade die Schweiz sei mehr als andere Länder gezwungen, sich auf die geistigen Ressourcen zu konzentrieren. «Wir haben in der Schweiz nicht sehr viele natürliche Ressourcen. So bleibt uns nichts, als immer wieder neue Ideen umzusetzen, Neues zu entwickeln. Es ist wünschenswert, dass auch HR-Manager den Innovationen ein grösseres Gewicht geben.»
Angesprochen sind Fach- und Führungskräfte sowie Unternehmer, die in ihrer täglichen Arbeit entwicklungsorientiert nach neuen Lösungen (Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Verfahren) suchen und diese erfolgreich umsetzen wollen. Als Zielgruppe nennt Guggenbühl Projektleiter/innen, Consultants, Produktmanager/innen, Ingenieur/innen, Konstrukteur/innen, Grafikschaffende, Marketingfachleute, Gestalter/innen und Unternehmer/innen, die nach dem Studiengang ihre Firma neu ausrichten wollen. Einige der bisherigen Absolventen gründeten anschliessend ans Studium ihr eigenes Unternehmen. Das sei zwar zu begrüssen, aber doch nicht so im Sinne des Erfinders, denn die innovativen Köpfe sollen ja auch in den grossen Wirtschaftsbetrieben etwas bewegen.
Alle Schritte von der Ideensuche bis zur erfolgreichen Markteinführung
Bisher war die Unternehmensentwicklung eher auf Business Administration und Marketing ausgelegt, weniger auf Innovation. Die klassischen MBAs behandeln Innovation nach wie vor mehrheitlich auf der Geschäftsebene und nicht auf der Entwicklungsebene. Bei ihnen werden den Teilnehmern zwar grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt, erklärt Guggenbühl. Schwerpunkt sei aber das Innovationssystem und der Innovationsprozess. Die Teilnehmer lernen die einzelnen Schritte von der Ideensuche über das Prototyping, die Marktanalyse bis hin zum Business Planning und zur erfolgreichen Markteinführung. «Es geht hier nicht darum, disziplinär zum Beispiel nur die technische Entwicklung voranzutreiben, sondern interdisziplinär die technische Entwicklung mit der gesellschaftlichen Akzeptanz und der Wirtschaftlichkeit zu kombinieren.»
Innovationen könnten sich nur im Markt und in der Gesellschaft durchsetzen, wenn sie nicht nur internen Koordinations-, Qualitäts- und Kostenanforderungen genügten, sondern auch neuartige technologische, ökonomische, ökologische und soziale Ansprüche beziehungsweise Rahmenbedingungen berücksichtigten, so Guggenbühl.
Service
Master of Business Administration EMBA in Innovation Management und EMBA in Innovative Business Creation
Managementzentrum der Berner Fachhochschule für Technik und Informatik
Dauer 4 Semester
www.ti.bfh.ch
Master of Advanced Studies MAS ZFH in Innovation Engineering
Fachhochschule für Technik Zürich
www.hsz-t.ch
Master of Advanced Studies MAS in Corporate Innovation Management
Fachhochschule St. Gallen
www.fhsg.ch