HR Today Nr. 11/2021: Mobilität

Individuell und grenzenlos

Nicht nur der Bedarf an Arbeitsflächen schrumpfte in den vergangenen zwei Jahren, auch das Mobilitätsverhalten der Mitarbeitenden hat sich verändert. Wie Arbeitgebende damit umgehen sollten.

Sie fahren Velo oder Auto, statt den öffentlichen Verkehr zu nutzen: Arbeitnehmende haben ihr Mobilitätsverhalten in den vergangenen zwei Jahren markant verändert, konstatieren die Autoren des «Mobis Covid-19 Mobility»-Reports der ETH Zürich, die Universität Basel und des Markt­forschungsinstituts Link. Eine Normalisierung sei nicht in Sicht: Die Nutzung des öffentlichen Verkehrs liege immer noch unter 50 Prozent des Niveaus vor der Pandemie. Dagegen sei wieder mit den üblichen Stauzeiten zu rechnen. Diese dürften sogar zunehmen, da die täglich zurückgelegte Kilometerzahl pro Person gemäss ­GDI-Report «Mobility 2025» weiter anstieg: Betrug diese 1994 noch 31 Kilometer, waren es 2014 bereits 37 Kilometer. Addiere man alle im Ausland zurückgelegten Strecken, ergäben das jährlich rund 20'500 Kilometer pro Einwohner. «Eine halbe ­Erdumrundung im Strassen- Schienen-, Luft- oder Wasserverkehr.» Dass sich die Schweizer Bevölkerung am liebsten mit dem Auto fortbewegt, ist den Zahlen des Bundesamts für Statistik (BfS) zu entnehmen: Von 89 Prozent der Bevölkerung, die täglich unterwegs sind, nutzen 65 Prozent das Auto dafür.

Die dadurch entstehenden Staustunden veranlassten Arbeitgebende bereits, ihre Mobilitätsströme besser zu lenken (siehe HR Today Artikel «Am Kollaps» vom 25.4.2018), indem sie beispielsweise mit Sammelbussen Mitarbeitende zu den jeweiligen Firmengeländen fahren. Ein Konzept, das Mobilitätsforscherin Marta Kwiatkowski, die beim GDI (Gottlieb Duttweiler Institut) das Mobilitätsverhalten erforscht, für zukunftsfähig hält: «Es hat viel Potenzial, wenn wir Mobilität bündeln und teilen, dennoch aber ein Gefühl von Individualität vermitteln und ein bequemes Erlebnis schaffen.» Hürdenfreiheit sei das Schlüsselwort: «Schaffen wir es nicht, solche Lösungen schnell zugänglich zu machen, werden sie sich im Mainstream nie durchsetzen.» Technisch kompliziert müsse das jedoch nicht sein: «Firmenübergreifende Mobilitätslösungen können eine praktikable Lösung auf diesem Weg sein und lassen sich schon mit einer simplen Whatsapp-Gruppe realisieren.»

Fortbewegung wird individueller

Setze sich Homeoffice vermehrt durch, müssten sich Arbeitgebende zudem damit beschäftigen, welche Art der Mobilität sie fördern wollen, sagt Kwiatkowski: Etwa jene der Mitarbeitenden zu den Arbeitsplätzen oder nur jene zwischen den Firmenstandorten und den Geschäftspartnern? Gemäss GDI-Report «Mobility 2025» steigt der Bedarf nach persönlichen Mobilitätslösungen: unter anderem durch neue Technologien, die Sharing-Services regelrecht explodieren lassen. Was mit dem genossenschaftlich organisierten Unternehmen Mobility begann, setzte sich mit verschiedenen Apps und Dienstleistungen fort: Auto-Abonnemente wie Clyde (Amag), Carvolution, Sixt+, Carify oder Peer-to-Peer-Angebote wie Buzzcar, Tamyca oder Getaround. Ebenso Mitfahrgelegenheiten wie Flinc oder Taxito. Neu seien nicht die eingesetzten Fahrzeugtypen mass­gebend, sondern die Art und Weise, wie Menschen ihre persönlichen Mobilitätsbedürfnisse befriedigen. Doch was bedeutet das für Arbeitgebende?

«Um auf die individuellen Mobilitätsbedürfnisse eine Antwort zu geben, sollten Unternehmen ihren Mitarbeitenden eine Art Mobilitätsguthaben anbieten», sagt Marta Kwiatkowski, «Nicht immer macht ein Firmenfahrzeug Sinn.» Wohne ein Mitarbeitender in der Stadt, sei dieser Benefit vielleicht sogar lästig. Lebe er dagegen auf dem Land an einem schlecht erschlossenen Ort, sei ein Auto aus Sicht eines Mitarbeitenden ein willkommener Fringe Benefit. Pendle ein Mitarbeitender nur noch zweimal pro Woche mit dem Zug an den Arbeitsort, könne sich dieser zu Recht hinterfragen, ob sich ein Generalabonnement noch lohne. «Hier könnte eine Firma einspringen und einen Beitrag an die Abonnementkosten leisten.»

Fringe Benefits fördern Staustunden

Ob Guthaben oder Firmenfahrzeug: «Vom Arbeitgeber subventionierte Mobilitäts-Fringe-Benefits lösen Mehrverkehr aus. Was nichts kostet, wird vor allem in der Freizeit häufiger in Anspruch genommen», sagt Kwiatkowski. Zur Schau gestellte Statussymbole wie SUVs kommen bei jüngeren Mitarbeitenden immer weniger gut an, da auch der Umweltschutz an Bedeutung gewinne: «Viele Beschäftigten möchten einen Beitrag dazu leisten.» Das müsse das Umfeld aber erst ermöglichen: von der Kantinenverpflegung, bei der Fleisch nicht jeden Tag auf der Karte stehe, bis hin zum Mobilitätsangebot. Firmen dürften sich dabei jedoch nicht zu sehr widersprechen: «Man kann nicht Wert auf einen guten Nachhaltigkeitsbericht legen, gleichzeitig aber allen Mitarbeitenden Autos anbieten.» Die Steuerung der Mobilität sei ausserdem global zu denken. «Rekrutiert ein Unternehmen weltweit Mitarbeitende, die im Homeoffice arbeiten und an deren Hotel- oder Wohnungsmiete sie sich beteiligen, muss diese Firma sich fragen, ob dieser Fringe Benefit nicht allen Mitarbeitenden zusteht.»

«Autos haben als Fringe Benefit nicht ausgedient»

Mitarbeitende von Mobilitätsanbietern fordern mehr Flexibilität. Sixt und Amag über die sich verändernden Wünsche ihrer Belegschaft und wie sie darauf eingehen.

Anja Bates, Chief Human Resources Officer, Amag Group

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Wir haben uns schon vor der Pandemie auf ein verändertes Mobilitätsverhalten eingestellt, firmenintern ein Portal für Fahrgemeinschaften lanciert und unseren Mitarbeitenden E-Bikes zur Verfügung gestellt. Trotz dieser Alternativen werden Firmenfahrzeuge als Fringe Benefit bei der Amag voraussichtlich auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren gefragt sein. Bei 6500 Mitarbeitenden haben wir eine Dienstwagenflotte von ungefähr 300 Autos, die Kader- und Aussendienstmitarbeitenden zur Verfügung stehen.

Alle anderen erhalten Rabatte bei einer Autobestellung oder auf ein Auto-Abonnement. Wichtig ist uns, die E-Mobilität und grüne Energien zu fördern, um bis 2025 klimaneutral zu werden. So fällt der Rabatt auf ein Elektroauto höher aus als bei einem konventionellen Auto. Zudem erhalten unsere Angestellten für Ladestationen zu Hause eine Kostenbeteiligung von bis zu 1500 Franken. Daneben gewähren wir Vergünstigungen für das Leasing von Wärmepumpen oder Solarpanel-Anlagen. Unsere Mitarbeitenden sind zudem Ambassadoren unseres Unternehmens. Wer ein neues Elektroauto fährt, macht damit auch Werbung für Amag. Am Hauptsitz in Cham teilen sich Mitarbeitende die Parkplätze nach dem First-Come-First-Serve-Prinzip. Wer einen Dienstwagen fährt, bezahlt keine Parkplatzgebühr, alle anderen leisten einen geringen monatlichen Beitrag. Ausserdem erhalten Amag-Mitarbeitende bei der Miete eines Fahrzeugs über Europcar oder Ubeeqo weitere Vergünstigungen. Beispielsweise bei der Lieferwagenmiete bei einem Umzug. Auch unsere Flatrate-Angebote finden bei Mitarbeitenden Anklang. Dadurch sind sie nur für eine gewisse Laufzeit an das Auto gebunden und müssen sich nicht um Versicherungen, Winter- und Sommerreifen sowie den Service kümmern, die in diesem Angebot beinhaltet sind.

Mit Clyde bietet die Amag ein Auto-Abonnement mit einer monatlichen Fixrate. Mit wenigen Klicks können Nutzende auf ein anderes Auto umsteigen oder das Abonnement kündigen. Zur Auswahl stehen neun Automarken, verschiedene Mindestlaufzeiten von einem Monat bis zu zwölf Monaten sowie verschiedene Kilometerzahlen. Das Abonnement tritt innert zehn Tagen in Kraft, die Lieferung des Autos erfolgt an jeden Ort der Schweiz. Daneben bietet Amag ein Carsharing-Modell unter dem Brand Ubeeqo sowie verschiedene Mietmodelle. clyde.ch / ubeeqo.ch / amag.ch

Friederike-Katharina Reichenberger, Executive Vice President Global People Management, Sixt

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Das Mobilitätsverhalten hat sich von Arbeitnehmenden durch die Digitalisierung, die Flexibilisierung der Arbeitsplätze und die Urbanisierung grundsätzlich verändert. Trotz dieser Entwicklungen haben Firmenfahrzeuge bei Sixt als Fringe Benefit nicht ausgedient. Als zukunftsträchtiges Modell hat sich für Sixt-Mitarbeitende ein Mix aus individueller Mobilität sowie Hybrid- und Elektrofahrzeugen erwiesen.

Berechtigung für ein Firmenauto haben Hauptverwaltungsmitarbeitende ab Stufe Director und Filialleiter sowie Sales-Mitarbeitende. Der Sixt- Dienstwagen-Prozess gestattet es Mitarbeitenden, alle drei Monate auf ein anderes Fahrzeug zu wechseln und entsprechend der jeweiligen Lebenssituation ein passendes Fahrzeug auszuwählen. Ausserdem können Mitarbeitende ihre Dienstwagennutzung flexibel gestalten und diese beispielsweise für einen oder mehrere Monate aussetzen. Zusätzlich erhalten die bei Sixt Beschäftigten Fahrzeuge zu vergünstigten Mitarbeiter- sowie Family-and-Friends-Tarifen. Das ist für einen Mobilitätsanbieter wie Sixt wichtig: Mitarbeitende sollen die Fahrzeugmodelle kennen, die sie ihren Kunden anbieten. Wer am Hauptsitz in Pullach bei München arbeitet und ein Firmenfahrzeug fährt, erhält einen kostenfreien Parkplatz, während Mitarbeitende ihr Fahrzeug bei Verfügbarkeit in den Niederlassungen auf den Filial-Parkplätzen abstellen. In unserer Landesverwaltung in Basel steht Dienstwagennutzenden grundsätzlich ein Parkplatz zur Verfügung, Mitarbeitende können diese jedoch nach Absprache ebenso beanspruchen. Die Kosten hierfür werden zu zwei Dritteln von Sixt übernommen, somit bezahlen Mitarbeitende sowie Dienstwagennutzende bis zu 50 Franken pro Monat für einen Parkplatz.

Um dem Flexibilitätsbedürfnis seiner Geschäftskunden nachzukommen, bietet Sixt verschiedene Pay-as-you-use-Mietmodelle. Beispielsweise eines, bei dem während einer zwölfmonatigen Vertragslaufzeit nur die Grundgebühr festgelegt ist und eine bestimmte Kilometerzahl beinhaltet. Innert der Vertragslaufzeit können Kunden das Fahrzeugmodell wechseln oder die Nutzungszeit pausieren. Damit entfallen Werkstattbesuche und Reifenwechsel-Termine. Firmenkunden können so besser auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden eingehen und ihnen ein für die jeweilige Situation geeignetes Fahrzeug zur Verfügung stellen. Privatkunden können das Sixt+-Paket mit Haftpflicht, Vollkasko Schutz, Zulassung, Werkstattkosten, MFK-Service und Vignette über die Sixt-App buchen. Auf der Mobilitätsplattform One sind zudem das Mietwagenangebot Sixt rent sowie Transferdienstleistungen und der Fahrdienst Sixt ride zu finden. sixt.ch

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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