Hören Sie auch Leuten zu, deren Story vielleicht nicht so spannend ist?
Jede Geschichte hat ihren Reiz oder auch einen unerwarteten Informationsgehalt, der sich als äusserst wichtig erweisen kann. Wenn ich zum Beispiel als Kunde in ein Burger-King-Restaurant komme und ein verschmutztes WC vorfinde, dann werde ich dort nicht lange Kunde bleiben. Für mich als Verantwortlichen dieser Restaurantkette bedeutet dies, dass ich auch dem Mann oder der Frau vom Reinigungsdienst beim Erzählen seiner oder ihrer Geschichte zuhöre, denn auch die Story dieser Person könnte mir Aufschluss geben über die Situation des Reinigungsdienstes. Somit ist auch der Reinigungsdienst für mich Teil des Expertenteams. Ich bin Generalist. Deshalb arbeite ich mit Experten. Und wenn ich mich auf die Experten nicht verlassen kann und ihnen auch nicht zuhöre, erreiche ich nicht viel. Das gilt für den CFO gleichermassen wie für den Reinigungsservice.
Sind Sie auch ein guter Zuhörer, wenn jemand nicht so schnell zum Punkt kommt?
Ja, ich höre wirklich immer zu, weil mich fasziniert, was Leute zu erzählen haben. Ich muss allerdings zugeben, dass mir diejenigen in der Zusammenarbeit sehr viel mehr liegen, die sich knapp und präzise ausdrücken. Meistens sind diese Typen fokussierte, energiegeladene, positive Denker. Mit denen arbeite ich deswegen am liebsten, weil sie unkompliziert an Prozesse gehen und offen sind für Neues. Gerade unser Fast-Food-Geschäft ist in ständiger Bewegung. Da müssen Sie flexibel nicht nur neue Ideen entwickeln und annehmen, sondern sie auch schnell umsetzen können. Wer unkompliziert ist, ist eher fähig, verschiedene Themen gleichzeitig anzupacken oder mit verschiedenen Umgebungen fertig zu werden, die sich als vielleicht nicht so einfach herausstellen.
Was wäre gemäss Ihrer Definition eine schwierige Umgebung?
Wenn Unternehmen interne politische Spiele spielen, dann ist das für mich eine schwierige Situation, weil sie die Effizienz in den Teams abtötet. Man sucht dann nicht mehr nach den besten Lösungen für das Gesamtresultat, sondern nach besten Lösungen für den Einzelnen. Damit verlieren die Leute dann auch das Vertrauen untereinander, wodurch niemand mehr kritikfähig ist, weil alles persönlich genommen wird.
Konstruktive Kritik ist auf Vertrauen aufbauend und ist nie persönlich gemeint. Wer keine konstruktive Kritik versteht, befindet sich immer in der Lage, sich verteidigen zu müssen. Ich vermute, dass komplizierte Menschen mit ihren vielen Worten und Ausführungen überdecken, dass sie essenziell nicht so viel zu sagen haben. Sie verdecken ihre Unsicherheit mit verkomplizierenden Ausführungen und verlängern unnötig wichtige Entscheidungsprozesse. Wenn ich die Meinung von 20 Committees brauche, um eine Entscheidung treffen zu können, dann behindern wir uns gegenseitig. Wenn man sich hingegen im Team mit logischen Argumenten austauscht, braucht man nicht 100 Powerpoint-Präsentationen, um eine Entscheidung zu fällen. In vielen Unternehmen beobachtete ich, wie aus reiner Wichtigtuerei und so genannter politischer Korrektheit tagelang unnötig Präsentationen vorgetragen wurden, deren Essenz sowieso auf einer einzigen Logik basierte.
Haben Sie mit dieser pragmatischen Vorgehensweise nie Fehlentscheidungen getroffen?
Doch. Ich habe einmal einen Fehler begangen, den ich mir heute immer wieder in Erinnerung rufe, weil er mich von einem zweiten Fehler dieser Art abhält. In einem früheren Job hatte ich einer Mitarbeitenden bei ihrer Marktrecherche zu blind vertraut. Ich hatte es versäumt, tiefer gehende Fragen zu stellen, bevor wir ein Produkt umbenannten. Die Umbenennung wurde dann ein Flop. Daraus habe ich aber gelernt, dass man nie zu oft nachfragen kann. Bei solchen Entscheidungen für oder gegen eine Produkteinführung oder -änderung kann man nicht oft genug nach dem Grund und nach dem Zweck fragen. Je weniger Sie nachhaken und je weniger Sie zuhören, desto grösser ist das Risiko eines Misserfolgs.