Junge Arbeitnehmer wollen Sicherheit und gute Stimmung
Eine exklusive Umfrage von HR Today zeigt: Ein gutes Arbeitsklima, sichere Jobs und flexible Arbeitszeiten sind besonders für jüngere Arbeitnehmer in der Schweiz weit attraktiver als monetäre Anreize, ein berühmter Firmenname oder grosse Karriereversprechen.

(Bild: Tanja da Silva)
Stimmung gut – Arbeitgeber gut. Auf diesen zugegeben etwas plakativen Nenner lässt sich das Resultat einer repräsentativen Exklusivumfrage zum Thema Arbeitgeberattraktivität bringen, die HR Today beim Markt- und Meinungsforschungsinstitut Isopublic in Auftrag gegeben hat (siehe Kasten Seite 10). Geld, Karrieremöglichkeiten oder ein berühmter Firmenname sind gemäss den Antworten der befragten Arbeitnehmer weit weniger wichtige Kriterien für einen attraktiven Arbeitgeber als eine gute Stimmung, eine ausgeglichene Balance zwischen Arbeits- und Freizeit sowie Jobsicherheit oder auch flexible Arbeitszeiten.
Soziale Dimensionen werden auch im Arbeitsleben wieder wichtiger
Auf die Frage «Wenn Sie an Ihre Arbeitsstelle denken, was gefällt Ihnen dann am besten?» antworteten über ein Drittel der Befragten, ihnen gefalle die Stimmung am besten (siehe Tabelle 2). Am wenigsten wichtig sind ihnen der Lohn, die Karrierechancen sowie der Name der Firma. Eine grosse, aber durchaus logische Diskrepanz besteht zwischen den gut situierten und den weniger bemittelten Befragten. Während für Erstere der Lohn und die Karrierechance nur in 5,6 bzw. 1,8 Prozent der Fälle ein wichtiger Faktor ist, liegen diese Zahlen bei den weniger gut Betuchten bei 10,7 und bei 11 Prozent.
Der Ruf der Firma scheint, wie bereits erwähnt, kaum etwas an der Attraktivität der Arbeitgeber auszumachen. Mit einer Ausnahme: Je älter die Befragten, desto wichtiger ist die Reputation des Arbeitgebers. Während diese für lediglich 2,4 Prozent der 15- bis 34-Jährigen ein wichtiges Kriterium darstellt, liegt die Zahl bei den 35- bis 54-Jährigen bei knapp 4 Prozent und bei den 54- bis 74-Jährigen gar bei über 9 Prozent.
Auffallend ist auch: Je jünger die Befragten, desto wichtiger die Stimmung. Sie ist für fast 40 Prozent der 18- bis 34-Jährigen am stärksten dafür verantwortlich, dass es ihnen am Arbeitsplatz gefällt. Bei den 35- bis 54-Jährigen liegt diese Zahl bei 30 Prozent und bei den 55- bis 74-Jährigen noch bei 26 Prozent.
Für Frauen und Gutsituierte ist die Stimmung gar noch etwas ausschlaggebender als für Männer und für Personen, die finanziell weniger gut gestellt sind. So ist für 35 Prozent der weiblichen Befragten die Stimmung das Wichtigste, dasselbe gilt für knapp 43 Prozent der Gutsituierten. Bei den Männern hingegen liegt diese Zahl bei knapp 30 Prozent, bei den Wenigbemittelten bei rund 32 Prozent. Unabhängig von den Altersgruppen spiegelt das Umfrageresultat den Trend, dass soziale Dimensionen auch im Arbeitsleben wieder wichtiger werden. Dies vermutlich, weil viele Tätigkeitsinhalte zunehmend auf Informations- und Kommunikationsprozesse ausgerichtet sind und der Austausch zwischen den Menschen und damit auch das soziale Geschehen objektiv an Bedeutung gewinnen.
Markante Kluft zwischen Kaufkraftklassen
Neben dem Beruf wird Zeit für das Privatleben ein wichtigeres Kriterium für die Wahl des Arbeitnehmers. Wie die Befragung zeigt, scheinen es offenbar viele Firmen geschafft zu haben, ihren Mitarbeitern ein gutes Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit zu ermöglichen. So geben über ein Viertel der 35- bis 54-Jährigen – also der Altersgruppe, die Mitten im Balanceakt zwischen Familie und Beruf steckt – eine gute Work-Life-Balance als zweitattraktivste Eigenschaft ihres Arbeitgebers an, während dies bei den Jüngeren (15 bis 34 Jahre) für einen Fünftel der Fall ist und bei den 55- bis 74-Jährigen für knapp 17 Prozent.
Allerdings zeichnet sich auch bei diesem Thema eine Kluft zwischen den Geschlechtern sowie zwischen der ärmeren und der reicheren Befragungsgruppe ab. Während die Work-life-Balance für 26 Prozent der Frauen und für 24 Prozent der Gutsituierten von grosser Wichtigkeit ist, ist dies nur für 19 Prozent der Männer und knapp 18 Prozent der weniger gut Betuchten der Fall.
Überdurchschnittliche Löhne sind Nebensache
Befragt nach den Angeboten, die die Firmen bieten, um für Angestellte attraktiv zu sein, stehen die sicheren Jobs mit rund 72 sowie die flexiblen Arbeitszeiten und die Weiterbildungsangebote mit 64 bzw. 63 Prozent im Vordergrund (siehe Tabelle 3). Überdurchschnittliche Saläre dagegen werden lediglich von einem Fünftel der Befragten als attraktivitätssteigernder Faktor genannt. Grosse Differenzen bestehen hier allerdings zwischen dem Mittelstand, den gut situierten und den weniger gut situierten Befragten. Lediglich ein Fünftel der befragten Personen aus dem Mittelstand arbeitet bei einem Unternehmen, das überdurchschnittliche Saläre zahlt. Bei den kaufkräftigsten Befragten sind es über 30 Prozent, bei den Wenigbemittelten fast 40 Prozent.
Auffallend ist: Ein sicherer Job ist vor allem für die Gruppe der 15- bis 34-Jährigen das attraktivste Angebot ihres Arbeitgebers. Drei Viertel dieser Befragungsgruppe favorisieren Jobsicherheit, während dies bei den 35- bis 54-Jährigen noch bei 70 Prozent der Fall ist und bei den 55 -bis 74-Jährigen bei 67 Prozent. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Jungen die Unstetigkeit der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber bei der Generation ihrer Eltern miterlebt haben und die negativen Auswirkungen davon, vorab die Arbeitslosigkeit, hautnah zu spüren bekamen.
Interessant ist auch, dass flexible Arbeitszeiten und Programme zur Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern sowohl von Frauen als auch von Männern zu je 64 Prozent bzw. je rund 49 Prozent als attraktiv an ihrem Arbeitgeber empfunden werden. Bei diesen beiden Themen konnte der Geschlechtergraben in jüngster Vergangenheit offenbar etwas geschlossen werden.
Dies ganz im Gegensatz zur Teilzeitarbeit. Von den für HR Today exklusiv befragten Personen sind knapp 50 Prozent voll berufstätig (siehe Tabelle 4). Diese sind mehrheitlich männlich und bis zu 54 Jahre alt. Teilzeitarbeit ist weiterhin vornehmlich Frauensache oder ein Thema für ältere Arbeitnehmer. Während fast 70 Prozent der Männer Vollzeit arbeiten, ist dies nur bei 28 Prozent der Frauen und bei 26 Prozent der über 55-Jährigen der Fall.
Die Umfrage
Die Adressen der 757 für HR Today exklusiv befragten Personen wurden mittels einer Random-Stichprobe vom gültigen Twixtel der Swisscom gezogen. Die Resultate wurden analog der effektiven Bevölkerungsverteilung gewichtet und entsprechen somit der genauen Bevölkerungsstruktur. Die Stichprobe ist repräsentativ für die Bevölkerung der Deutschschweiz zwischen 15 und 74 Jahren, wobei die meisten der Befragten aus dem unteren bis oberen Mittelstand und aus Agglomerationen stammen.