Kommunikation ist Kernstück des Employer Branding
Unternehmen, denen es nicht gelingt, eine integrierte Kommunikation mit prägnanten Werten und Visionen zu betreiben, sind unfähig, ein starkes Markenbild aufzubauen. Ohne die in den Köpfen der Mitarbeitenden verankerten Werte wird kein Brand überzeugend an Kunden oder Bewerber transportiert. Die Potenziale der internen Kommunikation der Marke liegen bei der Führung und bei allen Mitarbeitenden gleichermassen.
(Bild: raffi ceretti)
Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für die Implementierung von Employer-Branding-Projekten, um ihre Konkurrenzfähigkeit auf einem Markt zu stärken, auf dem nicht nur die Kunden im Mittelpunkt des Interesses stehen, sondern auch die rarer werdenden neuen Talente. Doch wer ist in den Unternehmen federführend und verantwortlich für die Lancierung von Employer-Branding-Programmen? Wie werden sie flächendeckend eingeführt?
Egal, wie viele und welche internen Kommunikationsprogramme die Unternehmen konzipieren – kommunizieren tun die Mitarbeitenden, eine Masse von Individuen, eine per se heterogene Gruppe, bestehend aus Kreativen, Entrepreneurs, Ausführern, Chefs, die dennoch einem gemeinsamen übergeordneten Ziel nachgeht: das Unternehmen insgesamt erfolgreich zu machen und sich selber im Unternehmen zu entfalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Wertvorstellungen jedes einzelnen Mitarbeitenden mit den Unternehmenswerten von Beginn an und während des gesamten Arbeitsverhältnisses übereinstimmen, ist jedoch nicht automatisch gegeben.
Ist es zwingend, dass die Werte der Mitarbeitenden mit denen des Unternehmens übereinstimmen? In Zeiten des sich verstärkenden Fach- und Führungskräftemangels mehr denn je, sagen insbesondere rekrutierende HR-Manager, die ihre Firma als starke Marke an die potenziellen Talente auf dem Arbeitsmarkt verkaufen müssen. HR-Leute müssen sich im Wettstreit mit ihren Konkurrenzfirmen als der attraktivere Arbeitgeber weit besser verkaufen als zu Zeiten des Mitarbeiterabbaus vor nicht allzu vielen Jahren. Ein Umdenken in den rekrutierenden Unternehmen fand deshalb bereits statt, manchen Firmen fehlt jedoch noch die Entscheidung über die strukturierte Methode des Verkaufs ihrer Marke an zukünftige wie vorhandene Mitarbeitende.
Der Rückversicherer Swiss Re stellte vor einem Jahr einen solchen Fall dar, was unter anderem auf die Change-Prozesse nach Übernahme durch GE Insurance 2006 zurückzuführen war. Die HR-Business-Partner der Swiss Re verzeichneten im April 2007 eine Absagequote ihrer Kandidaten und Kandidatinnen von sage und schreibe 40 Prozent. Von den anderen 60 Prozent, die durch das interne Assessment gingen, wurden wiederum 40 Prozent nicht weiter im Rekrutierungsprozess berücksichtigt. Der ehemalige Schweizer Wunsch-arbeitgeber der späten Neunzigerjahre stand damit vor einer völlig ungewohnten Situation.
Die Rekrutierer dieses Rückversicherers bekamen Druck, denn nicht nur die Zeit lief ihnen davon, noch schlimmer: auch die Talente schienen weder von der Marke Swiss Re überzeugt zu sein, noch war offensichtlich die Achse Erwartungen/Unternehmensrealität in Einklang. Die Einsicht des internen HR-Business-Partners Shane Dempsey während einer Podiumsdiskussion des Jobportals jobs.ch im April 2007: «Wir müssen unsere internen Werte besser kommunizieren, denn die Tatsache, dass 40 Prozent im Assessment durchfallen, zeigt uns eine Diskrepanz zwischen dem, was wir nach aussen geben, und dem, was wir und Kandidaten von uns erwarten.»
Besonders Mitarbeitende sind wichtige Markenbotschafter
Über die Definition des Employer Branding lässt sich streiten. Der Begriff ist nicht direkt ins Deutsche übertragbar. Es wäre nämlich irreführend, würde man auf «Mitarbeitende markieren/brandmarken» zurückgreifen – obwohl das die treffenden Worte wären. Seinen etymologischen Ursprung hat der Begriff «Branding» in der amerikanischen Viehzucht, wo ganze Herden gebrandmarkt werden – als Wiedererkennungsinstrument des Eigentümers der Herde. Um nichts anderes geht es im Prinzip beim Employer Branding. Weitergeführt bedeutet das Branding jedoch ein einheitliches Verhalten der Gruppe nach innen und nach aussen, das auf Werten baut, die die Unternehmensführung vorgibt.
In der unternehmerischen Praxis bleiben bislang jedoch differenzierte Massnahmen zur Vermittlung einer Markenidentität an Markenbotschafter der Unternehmen – das heisst an die Mitarbeitenden – noch häufig ungenutzt. Die Profilierung von Marken und der Aufbau von differenzierenden Marken-images erfolgt zwar durch kommunikationspolitische Massnahmen wie die unpersönliche massenmediale, aber auch durch die persönliche direkte Kommunikation. Die Markenwahrnehmung bei externen Gruppen, wie Bewerbern oder Kunden, wird massgeblich durch die Mitarbeitenden des Unternehmens beeinflusst. Somit vermittelt das Verhalten von Mitarbeitenden und auch von externen Gruppen, wie Personen in Call Centers, die Identität des Unternehmens und beeinflusst damit das Image der Marke.
Integrierte Kommunikation ist eine wesentliche Voraussetzung
Im Wettbewerb um Talente, wie auch bei der nachhaltigen Kundenpflege, ist es wesentlich, dass bestehende Mitarbeitende die Garantie liefern, in jeder Situation die gewünschte Markenidentität durch eigenes, dem Unternehmen entsprechendes Verhalten zu vermitteln. Employer-Branding-Programme sorgen für vereinheitlichte Markenbotschaften und für integrierte Kommunikation bei allen Mitarbeitenden. Unternehmen, denen es nicht gelingt, eine integrierte Kommunikation zu betreiben, sind unfähig, ein starkes Markenbild aufzubauen und damit ein positives Image bei Bewerbern und Kunden zu verankern.
Employer-Branding-Programme machen nicht nur zur Vorbereitung auf Rekrutierungsphasen Sinn. Demotivation, Unsicherheit, Desorientierung oder sogar die innere Kündigung können mit der internen Kommunikation einer starken Marke unterbunden werden. Je kongruenter die internen Direktiven der Führung mit dem Image sind, das die Führung nach aussen trägt, desto stärker ist die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen und desto stärker ist ihre Leistung. Die Potenziale der internen Kommunikation der Marke liegen also bei der Führung und bei den Mitarbeitenden gleichermassen. Doch wer ist in Unternehmen federführend und verantwortlich für die Lancierung von Employer-Branding-Programmen, die nicht nur top-down, sondern ebenso bottom-up an jeder einzelnen Stelle des Unternehmens umgesetzt und gelebt werden?
Kunden und Bewerber sind potenziell überall
Bevor wir uns in der Ausgabe den Best-Practice-Fällen zuwenden, seien zur Veranschaulichung einige «Worst Practice»-Fälle erwähnt. Zur Illustration des hohen Stellenwerts des Bottom-up-Ansatzes in der Implementierung von Employer-Branding-Programmen erinnern wir uns an das Foto mit einem Lieferwagen des Getränkeherstellers Pepsi, an dessen Steuer ein Pepsi-Fahrer eine Coca-Cola-Flasche zum Trinken ansetzt.
Auch wenn Unternehmen von ihren Mitarbeitenden keine bedingungslose Markentreue erwarten können – im Falle eines stark artverwandten Getränks sollte eine gewisse Identifikation mit der Hausmarke auch im privaten Konsum erwartet werden. Sie würde überzeugender für zufällig passierende Kunden oder Bewerber wirken, denn die sind potenziell überall. «Ein guter Unternehmer und ein guter Marketingexperte verstehen, dass man auch mit Lieferanten Werte und Vorteile schaffen kann. Ich habe meinen Mitarbeitenden immer gesagt: Behandle deine Lieferanten so, wie du von deinen Kunden behandelt werden möchtest», erklärt Helmut Maucher, der ehemalige CEO von Nestlé, in seinem Buch «Management Brevier». Das Beispiel Pepsi illustriert gnadenlos, wie ein Unternehmen es versäumt hat, seine Lieferanten im Unternehmen einzubinden, um sie als Vehikel der Marke einzusetzen.
Kunden bekommen fehlende Loyalität und Markenstolz zu spüren
Swiss International Airlines brüstet sich auf der hauseigenen Website mit Kundenfreundlichkeit und dem vollsten Verständnis für den Kunden. In der alltäglichen Umsetzung werden diese Werte bei der Swiss jedoch nicht gelebt. Wer mit einem Problem beim Swiss Kundendienst fachliche Auskunft oder Verständnis für die Anliegen der Kunden erwartet, wird oft enttäuscht. Dazu folgendes Beispiel: Wem bei der Ausreise aus den USA der grüne Visazettel nicht vom Bodenpersonal der entsprechenden Fluggesellschaft aus dem Pass entnommen wird, kann Schwierigkeiten bei der nächsten Einreise innerhalb von sechs Monaten bekommen, denn der US-Zoll kontrolliert mit dem Entnehmen des Zettels die illegale Einwanderung.
Dieses Problem wurde einem Swiss-Kunden, der häufiger Geschäftsreisender ist, von der Botschaft in Bern bestätigt. Mit einer gewissen Ratlosigkeit wandte sich der Kunde an die Airline, um das Problem anzupacken. Er erhielt lapidare Bemerkungen wie «Das ist mir auch schon passiert». Als Hilfe sandte ihm die Abteilung «Kundenbeziehungen» der Swiss ein Schreiben mit der Wortwahl eines Rechtstextes, dessen Fakten ihm bereits von der Botschaft bekannt waren. Es stellt sich die Frage, ob sich Korrespondenz mit Hilfe suchenden Kunden auf konturlose juristische Schreiben beschränken sollte. Wo manifestiert sich in einem Rechtsblatt die differenzierende Marke? Zudem ist eine gewisse Empathie genauso Teil eines gelungenen Kundendienstes wie eine praktische und versichernde Unterstützung beim Lösen des Problems.
Die Herausforderung im Sinne des Employer-Branding-Gedankens wäre in diesem Fall, bei den Mit-arbeitenden der Swiss einen so hohen Loyalitätslevel zu erreichen, der in ihnen so viel Stolz für ihre Marke auslöst, dass sie aus innerer Überzeugung das Problem bei der Wurzel packen. Loyalität entsteht jedoch aus einer flächendeckenden positiven Unternehmenskultur.
Fehlschlag des CEO
Kommen wir zur Kommunikation von Werten, die hierarchisch von oben nach unten weitergegeben und gelebt werden sollen. Der CEO eines kleineren, aber wachstumsstarken Pharma-Unternehmens in Basel hat den übergeordneten Wert «entrepreneurial spirit» für sein gesamtes Unternehmen definiert. Insbesondere die Mitarbeitenden des mittleren Managements sollen sich als Entrepreneurs verstehen und sich auch so nach innen und nach aussen verhalten. Er gibt aber nur dreien seiner internen Top-Entrepreneurs eine Firmenkreditkarte, mit der sie diesen gewünschten Unternehmergeist leben können.
Die restlichen Kadermitglieder beschweren sich daraufhin bei dem externen Berater, der ein Employer-Branding-Programm für die Firma erstellt. In Eins-zu-eins-Gesprächen stellt dieser Berater mit Erstaunen fest, dass der Grossteil der Mitarbeitenden den unternehmerischen Wert nicht ausleben kann, und das nicht nur, weil sie finanziell kurz gehalten werden, sondern weil ihnen der CEO regelmässig über den Mund fährt. Hier haben wir den klassischen Fall einer Diskrepanz zwischen einer kommunizierten Vision des CEO, die Mitarbeitende begeistert annehmen, und der Unmöglichkeit, diese Vision flächendeckend in der Praxis durchzuführen. An genau diesen Diskrepanzen scheitern sehr häufig Employer Branding-Projekte. Vielen CEOs ist aufgrund mangelnder Reflexion des eigenen Verhaltens oftmals nicht bewusst, dass sie selber der Grund für das Fehlschlagen dieser Projekte sind.
Der Konkurrenzkampf unter Firmen ist vorprogrammiert
Unternehmen, die sich gegen die bewusste Einführung eines Employer Branding-Programms entscheiden, müssen nicht per se unattraktivere Arbeitgeber sein oder bleiben. Als nur ein Paradebeispiel sei hier die IBM Schweiz genannt, die für ihr vorbildliches HRM den Swiss HR Award 2007 gewonnen hat. Laut Hans-Jürg Roth, Personalleiter der IBM Schweiz, setze die IBM seit langem ein Employer-Branding-Programm um, ohne es als solches zu bezeichnen. Um die IBM weiterhin als attraktive Arbeitgeberin zu verkaufen, tritt Roth an mindestens zehn verschiedenen Hochschulevents pro Jahr auf. «Wir kommunizieren in der Öffentlichkeit als innovativer Arbeitgeber», so der Personalchef. Bei den Hochschulabgängern im Ingenieurwesen ist IBM Schweiz laut der aktuellen Trendence-Studie der drittbeliebteste Arbeitgeber. Auch Elektrolux, die Gewinnerin des Cash-Arbeitgeber-Awards 2006, führte laut CEO Peter Barandun zumindest bisher noch kein ausgesprochenes Employer-Branding-Programm ein.
Während der Arbeitsmarkt in der Schweiz wieder anzieht, besteht für Arbeitgeber die Gefahr einer höheren Mitarbeiterfluktuation. Der Konkurrenzkampf unter Firmen ist somit vorprogrammiert. Selbst attraktive Marken wie Google – laut «Manager-Magazin» vom April 2007 mit 66 Milliarden US-Dollar der teuerste Markenname der Welt – müssen ihre Versprechen als originelle Arbeitgeber halten. Denn zu intensive Arbeitszeiten, die Mitarbeitenden die Freizeit in zu grossem Ausmass rauben, können selbst bei einem hohen Grad an Commitment und erfüllter Lust auf Innovation und Inspiration zu unerwünschten Fluktuationen führen.
Best-Practice-Beispiel Zurich Financial Services
Als «unique selling proposition» eines attraktiven Arbeitsgebers identifiziert Zurich Financial Services (ZFS) ihre fortschreitende Globalisierung mit einer starken Weltmarke. Dafür werde Zurich in fünf Jahren viel globaler ausgerichtete und vereinheitlichte Strategien und Prozesse ausgerollt haben als heute, beteuert das Unternehmen, das gerade einen überzeugenden Turnaround hinlegte. Als einen wesentlichen Teil des Employer Brand ermöglicht ZFS lokale und internationale Karrieren gleichermassen. Wer je nach persönlicher Lebensphase lieber länger im Ausland bleiben will, hat prinzipiell dazu die Wahl. Wer regelmässige Wechsel in verschiedene Länder vorzieht, kann das auch tun. Und wer keinen Wert auf Auslandsaufenthalte im Lebenslauf legt, der bleibt, wo er begann, ohne dabei die Karriere im Unternehmen aufs Spiel zu setzen. Im Gegensatz zu den Karrieremöglichkeiten beim Nestlé-Konzern beispielsweise, wo Mitarbeitende alle drei bis sechs Jahre die Ländervertretungen wechseln müssen, bietet Zurich somit mehr Flexibilität. Ein Faktor dieses Angebots ist «die Work-Life Balance, die bei regelmässigen und vorgegebenen Wechseln nicht unbedingt intakt ist», sagt Peter Zehnder, seit 2006 Group Head Recruiting bei Zurich.
Die Ausgangslage des ebenfalls international agierenden Versicherers ähnelt der Situation der Swiss Re (wie auf Seite 27 beschrieben), denn auch für die Zurich werden die Talente auf dem Stellenmarkt knapp. Peter Zehnder war vorher bei Procter & Gamble im Marketing tätig. Mit diesem Background stellt er als Projektleiter in persona eine der wichtigen Schnittstellen bei der Lancierung des Employer Branding dar. Er kooperiert zudem eng mit den Abteilungen Kommunikation, Event & Marketing.
Mit dem 2005 eingeführten Slogan «Because change happenz» verkauft die Versicherung ihre Marke nach aussen. Aber auch auf jedem Stelleninserat der Zurich findet die Öffentlichkeit seit einiger Zeit konstant das global konsistente Logo mit diesen Worten wieder. Die unaufhörliche Nutzung dieses Slogans basiert auf den Prinzipien der Werbung: je mehr Wieder-holungen, desto intensiver die Markenhaftung. Peter Zehnder erläutert die Strategie: «Wir sind der Frage nachgegangen, was den Leuten in den Sinn kommen soll, wenn sie unseren Namen hören oder sehen. Darauf haben wir einen Brand entwickelt, der für aktive Anpassung steht, was sich in ‹Because change happenz› widerspiegelt.»
Der Employer Brand stützt sich natürlich stark auf diesem Brand ab, er unterscheidet sich aber insofern bei ZFS, als dass er sich nicht auf die Produkte der Unternehmung, sondern auf das Unternehmen als Arbeitsort fokussiert. Entsprechend ist die Zielgruppe der Kommunikation des Employer Brand der Arbeitsmarkt und bei der Kommunikation des Brands die potenzielle Kundschaft.
Die Kommunikation des Employer Brand ist deshalb auch intern zentral: Gleich für den Einführungstag der neu Rekrutierten hat das Projektteam, wie es sagt, «kreative Onboarding-Prozesse eingeführt, die nachhaltig von Seiten der Internen Kommunikation durchgeführt werden». Dabei werden die Neuen in spielerische und musikalische Aktivitäten eingebunden. Mit diesen ungewöhnlichen Ideen, die das Unternehmen nicht gern detaillierter nach aussen kommuniziert, setzt Zurich den neuen Kolleginnen und Kollegen einen unvergesslichen Stempel an ihrem ersten Arbeitstag auf. Der erste Eindruck einer neuen Situation soll kulturell lange haften.