Compensation & Benefits

Lohnspanne im Inserat: Eine Info, auf die das HR nicht scharf ist

Gehaltsangaben in der Stellenausschreibung: Würde das in der Schweiz funktionieren? Wohl kaum, so die einung von Recruiting-Fachleuten. Insbesondere nicht in der aktuellen Situation, in der Jobausschreibungen nicht immer den «Lohn-Wunschkandidaten» bringen und man daher mit den Salären flexibel bleiben will.

Unterschiedliche Kulturen behandeln die Lohnfrage unterschiedlich, und das drückt sich auch in Jobinseraten aus. Während zum Beispiel im angelsächsischen Raum bisweilen nicht nur das nackte Einkommen, sondern das ganze Lohnpackage im Stelleninserat aufgeführt wird, fehlen bei uns solche Angaben gänzlich. Allerdings hat unser östlicher Nachbar Österreich soeben einen Schritt in diese Richtung gemacht. Seit Anfang Jahr riskiert man dort eine Busse, wenn im Stelleninserat keine Mindestlohnangabe enthalten ist.

Lohndeklaration ohne Mehrwert

Men Keller, HR Marketing & Recruiting Manager bei Coca-Cola HBC Schweiz AG, hat sich mit der österreichischen Situation befasst und kann ihr wenig abgewinnen: «Ich bin in Kontakt mit österreichischen Coca-Cola-Mitarbeitern, und es zeigt sich, dass diese Mindestlohnangaben nur beschränkte Aussagekraft haben.» Denn häufig  stehe im Inserat lediglich, dass der Mindestlohn dem GAV entspreche. Da der GAV sowieso eingehalten werden muss, ergibt sich aus dieser «Lohndeklaration» kein Mehrwert. «Je nachdem steht in Stelleninseraten noch, dass es zusätzlich zum Mindestlohn eine ‹Überzahlung› gebe», ergänzt Keller. Da aber meist keine Zahl genannt wird, ist auch diese Angabe wenig aussagekräftig. 

Entsprechend sieht Keller keinen Handlungsbedarf für Schweizer Unternehmen. Einzig wenn eine Firma komplette Lohntransparenz schaffen wolle, seien Salärangaben in Ausschreibungen sinnvoll. Ansonsten würden die Nachteile überwiegen: «Man kann eine Lohnspanne sehr breit definieren, zum Beispiel ‹50 000 bis 80 000 Franken brutto›, doch letztlich ist das nichtssagend. Oder man definiert sie sehr spezifisch, und dann bewerben sich unter Umständen nicht die Leute, die man gerne hätte.»

Heisst das, dass zu Beginn gar nicht festgelegt ist, in welcher Einkommensbandbreite sich die gesuchte Person befinden soll? «Natürlich haben wir Lohnbänder», erklärt Keller, «aber beim heutigen Arbeitsmarkt müssen wir flexibel sein.» Das heisst, dass unter den Kandidaten vielleicht nicht der gewünschte «Junior» ist, dafür aber ein ebenfalls passender «Senior», dem dann halt ein höheres Salär gezahlt werde. Men Kellers Fazit: «Wirklich aussagekräftige Gehaltsangaben würden  uns im Recruiting unnötig einschränken.»

Zu viele Faktoren, die mitspielen

Auch Stephanie Escher, Leiterin Kompetenzcenter Personalmarketing bei den SBB, ist keine Befürworterin von Einkommensangaben in Stelleninseraten: «Beim Lohn spielen so viele Faktoren mit, dass man gar keine Frankenaussage machen kann.» Letztlich komme es immer darauf an, was der einzelne Kandidat mitbringe. Müsste eine Lohnspanne in den Stelleninseraten angegeben werden, so würden zwischen Basis- und Maximallohn rund 45 Prozent liegen, sagt Escher.

Ein Argument für Lohnangaben im Stelleninserat ist, dass sich jene Leute nicht bewerben, die sich in einem höheren Lohnrange befinden – und sich dann im Nachhinein ärgern, wenn sie eingeladen werden und vom Lohn erfahren. Diesem Argument kann Stephanie Escher wenig abgewinnen. «Man sieht meist schon im Dossier, ob der Lohn ein Killerkriterium sein könnte. Dann fragt man telefonisch nach, bevor ein Gespräch stattfindet.» Sie findet allerdings auch, dass der Lohn nicht zu stark im Vordergrund stehen sollte, wenn es um einen neuen Job geht.

Bei den SBB wurde früher bei Jobinseraten die Funktionsstufe ausgeschrieben, allerdings nur intern. «Dadurch konnten die Mitarbeitenden ungefähr die Anforderungen der Stelle abschätzen und wo sie hierarchisch angesiedelt war», so Stephanie Escher. Das war aber nur für Interne möglich, Externen habe die Kenntnis des Lohnsystems dafür gefehlt.

Heute ist es bei den SBB so, dass Stellenbeschriebe vom jeweiligen Vorgesetzten verfasst werden und diese von einem Spezialisten beurteilt und dem entsprechenden  Anforderungsniveau zugeordnet werden. «Der Lohn innerhalb eines Anforderungsniveaus ist auch abhängig von der Erfahrung des Kandidaten. Die Kriterien sind klar umschrieben, und damit ist auch die Lohnfairness gewährleistet», sagt Escher und ergänzt, dass «alle zwei Jahre Lohnvergleiche mit relevanten Märkten stattfinden».    

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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