Nachfolgeplanung

«Manche Mitarbeiter kennen uns, 
seit wir in den Windeln gelegen sind»

Die Zwillingsbrüder Alexander und Michael übernahmen 2007 die operative Leitung der Manz Privacy Hotelgruppe von 
ihrer Mutter. Auf die Verantwortung haben sich die beiden lange vorbereitet. Die ausgebildeten Konzertpianisten haben bewusst den Bühnen der Welt den Rücken gekehrt, sehen aber durchaus Parallelen zu ihren heutigen Aufgaben.

Herr Alexander Manz, Herr Michael Manz, eigentlich sind Sie beide ausgebildete Konzertpianisten und haben einen grossen Teil Ihres Lebens der Musik gewidmet. Wie kommen Sie im Hotelbusiness zurecht?

Alexander Manz: Als Musiker sind wir auch Künstler, als solche kommt man überall zurecht. Auch das Hotelbusiness hat etwas Künstlerisches. Gastgeber sein heisst auch auf der Bühne stehen und für sein Publikum da sein. Wir wollen unseren Gästen Freude bereiten. Gastronomen und Künstler sind also gar nicht so weit voneinander entfernt.

Vor 22 Jahren hatte bereits Ihr Vater die Geschäftsleitung seines Familien-unternehmens Ihrer Mutter übertragen. Sie gab die Leitung 2006 an Sie weiter …

A. M.: Der Prozess begann bereits 1999 und endete 2007 …

Welches war das wichtigste Element in diesem Prozess?

Michael Manz: Wichtig war es uns von Anfang an, die Zuständigkeiten klar abzugrenzen. Die operative Verantwortung liegt alleine bei uns.

Hat das Unternehmen der Eltern Ihre Kindheit geprägt?

A. M.: Wir hatten eine unbeschwerte Kindheit, die Möglichkeit, viel zu reisen und viel zu sehen. Das erlaubte uns auch, Träume zu haben. Unser Traum, den wir gelebt haben, war die Musik. Erst später haben wir uns die Frage gestellt, wie wir weitermachen wollen. Das Hotelbusiness hat die ganzen Jahre auf uns gewartet, aber wir haben das lange nicht richtig ernst genommen. Bis wir uns sagten: das ist eine tolle Möglichkeit.

M. M.: Das Hotelleben war für uns von klein auf eine natürliche Sache. Ich sass schon als Kind mit den Eltern in der Hotelbar oder habe Arnold Schwarzenegger an der Rezeption «Hallo» gesagt.

Als Profimusiker begeisterten Sie einst das Publikum mit vierhändigen Klavierkonzerten. Ist Ihnen die Entscheidung für die Nachfolge des Familienunternehmens schwergefallen?

M. M.: Unser Beruf vereint Ferien und Geschäft, es gibt für mich nichts Schöneres.

Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?

M. M.: Wir haben beide einen MBA mit jeweils anderem Fokus: ich auf Finanzen, mein Bruder auf Marketing. 1999 wurden wir Mitglied der Geschäftsleitung, haben an den monatlichen Sitzungen teilgenommen und sind so nach und nach ins Business hineingewachsen.

A. M.: Zunächst hatten wir verschiedene Positionen im Unternehmen inne und besuchten Seminare im Hotelfach. Nach diesen Lehrjahren konnten wir die Zügel übernehmen.

War die Aufgabenteilung von Anfang an klar: Alexander das Marketing und Michael die Finanzen?

A. M.: Klar war, dass wir nicht dasselbe machen, sondern uns ergänzen wollten. So war es der erste strategische Entscheid, dass  ich mich auf Marketing spezialisierte und 
Michael auf Finanzen.

Finanzen und Piano – sind das nicht zwei Welten?

M. M.: Für die Musik wie für die Wirtschaft braucht es viel Fleiss, Ordnung und Struktur.

A. M.: Musik ist mehr als ein Gefühl. Auch als Künstler brauchen Sie eine Strategie.

Wo sehen Sie Ihre persönlichen Unterschiede und wie setzen Sie diese für das Unternehmen ein?

M. M.: Wir sind geschäftlich und privat sehr verschieden. Aber wir vertrauen uns bedingungslos. Jeder von uns trifft Entscheidungen, zu denen der andere steht.

Was hat sich mit Ihrer Nachfolge bei Manz Privacy Hotels alles verändert?

A. M.: Operativ gesehen hat sich alles 
geändert. Hingegen nicht geändert hat sich der Grundgedanke des Service. Die Zufriedenheit des Gastes ist das Ziel. Doch der Weg dahin ist ein anderer geworden. Unsere Eltern haben noch sehr patronal geführt. Vor allem unser Vater.

M. M.: Ihr Stil passte in ihre Zeit. Heute haben auch die Mitarbeiter andere Erwartungen. Jeder Mitarbeiter soll sich in seiner Position verantwortlich fühlen und Entscheidungen treffen können. So wollen wir dem Chefkoch nicht reinreden, welche Pasta er anbieten will. Ich ärgere mich immer, wenn meine Verhandlungspartner sagen: Da muss ich meinen Chef fragen. Na, da hätte ja gleich der Chef kommen können.

Ihr Vater verstarb im Februar dieses Jahres. Ihre Mutter ist Verwaltungsratspräsidentin. Holen Sie sich bei ihr Rat?

A. M.: Wir trennen unsere Aufgaben strikt. Die Hotellerie hat sich ja seit ihrer aktiven Zeit im operativen Geschäft sehr verändert. Sie kann uns gut beraten mit ihrer Menschenkenntnis und auch in Sachen PR und Events.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter auf den Generationenwechsel vorbereitet?

A. M.: Manche Mitarbeiter kennen uns, seit wir in den Windeln lagen, und haben uns damals noch gefüttert. Heute sind wir ihre Chefs. Loyalität und gegenseitiger Respekt waren bei uns im Unternehmen und in der Familie schon immer absolute Grundvoraussetzungen für den Erfolg.

Letztes Jahr feierten Sie das 120-Jahr-
Jubiläum Ihres Hotels St. Gotthard an der Zürcher Bahnhofstrasse. Was bedeutet es Ihnen, eine solche Hoteltradition fortführen zu dürfen?

A. M.: Es ist eine grosse Ehre und durchaus nicht selbstverständlich. Wir verdanken alles unseren Vorfahren, das vergessen wir nie. Und auch wir wollen den Stab einmal an die nächste Generation übergeben.

Im St. Gotthard verkehren grosse Stars wie Arnold Schwarzenegger, José Carreras, Orson Welles. Auch der Dalai Lama war bei Ihnen zu Gast. Fühlen Sie sich als Teil des Jetsets?

M. M.: Unsere Mutter war im Jetset immer sehr aktiv, wir beide nicht. Und es ist auch nicht mehr so wie in den 1970er- und 1980er-Jahren. Unsere Hauptkunden in unserer Vier-Sterne-Kategorie sind Geschäftsleute. Der Jetset steigt heute in Fünf-Sterne-Hotels ab.

Ein Fünf-Sterne-Hotel ist für Sie nicht erstrebenswert?

A. M.: Wir führen die Hotels nicht als Liebhaberei und müssen daher wirtschaftlich denken. In einem Fünf-Sterne-Hotel sind die Margen schmäler, der Unterhalt teuer und die Serviceleistung unverhältnismässig. Sie können auch schnell sehr viel Geld verlieren.

Das ehemalige Hotelimperium umfasste in den 1970er-Jahren rund 50 Betriebe, nach der Konsolidierungsphase in den 1990er-Jahren blieben fünf Hotels*. Wie wollen Sie sich künftig positionieren?

M. M.: Wir wollen weiter wachsen, aber in einem geordneten, strategischen geografischen Muster, nicht so wie früher. Als unser Vater das Unternehmen gegründet hatte, glich es etwas einem «Gemischtwarenladen», was keinesfalls despektierlich gemeint ist. Die einzelnen Betriebe waren nicht zusammenhängend. In der Gastronomie gab es Fast Food bis Drei-Sterne-Küche, die Hotels waren sehr verstreut. Die Konsolidierungsphase war strategischer Natur.

A. M.: Wir wollten die Hotels auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Mit ähnlichem Management und ähnlichen Serviceleistungen. Das erleichtert die zentrale Führung. Wir haben eine Marke kreiert, auf der wir aufbauen können.

Was haben Sie durch die Musik für Ihre heutige Funktion gelernt?

A. M.: Disziplin. Verantwortungsgefühl. Die Musik hat uns gelehrt, Entscheidungen verantwortungsbewusst zu treffen und dazu zu stehen.

M. M.: In der Musik ist es viel brutaler als in einem Unternehmen. Auf der Bühne muss jeder Auftritt sitzen. Zwei Mal schlecht gespielt, und Sie sind weg vom Fenster. Im Management eines Unternehmens können 20 Fehlentscheidungen getroffen werden, ohne dass es jemand merkt.

Welche Rolle spielt die Musik noch in 
Ihrem Leben?

M. M.: Zu Hause spielen wir noch manchmal am Flügel, sofern wir Zeit haben.

A. M.: Die Musik wird immer ein wichtiger Teil unseres Lebens sein. Sie hat uns sehr viel gegeben. Ich möchte es nicht anders gehabt haben wollen.

* Die Familie Manz besitzt in der Schweiz fünf Hotels, darunter das St. Gotthard in Zürich, das Continental in Lausanne und das Euler in Basel, die unter der Marke Manz Privacy Hotels Switzerland geführt werden. An den drei Standorten sind 150 Mitarbeiter beschäftigt.

Alexander und Michael Manz

wurden am 22. Juni 1980 geboren und wuchsen im Aargau, in Zürich und in Italien auf. Nach der Matura am Zürichberg besuchten sie 1998 die Musikhochschule in Winterthur, die sie 2002 mit dem Master of Music abschlossen. Es folgten internationale Auftritte als Konzertpianisten. 2004 und 2005 absolvierten sie den MBA in International Economics and Management an der SDA Bocconi School of Management in Mailand. 1999 stiegen sie in die Geschäftsleitung der Manz Privacy Hotels ein und waren im Rahmen eines Job-Rotation-Programms in sämtlichen Bereichen des Unternehmens tätig. Zudem absolvierte Michael Manz die Ausbildung zum Betriebsleiter Gastrosuisse. 2006 übernahmen die Brüder eigenverantwortlich die Geschäftsleitung. Alexander ist zuständig für Marketing und Kommunikation, Michael für die Finanzen. Die Brüder sprechen sechs Sprachen und bereisen regelmässig die Welt, um sich von anderen Hotels inspirieren zu lassen. Sie kochen beide gerne und interessieren sich für Kunst und Architektur.

 

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