HR FESTIVAL europe 2023: Interview mit Prof. Dr. Hiroshi Ishiguro

«Manchmal sind die Menschen unheimlich»

Hiroshi Ishiguro ist ein japanischer Robotikprofessor und Direktor des Intelligent Robotics Laboratory am Department of Adaptive Machine Systems der Universität Osaka. Ein Gespräch über
Roboter-Avatare, Fachkräftemangel und die digitale Zukunft.

Informationstechnologie und Robotik ­verschmelzen allmählich miteinander. Wie lange wird es dauern, bis humanoide Roboter als bezahlbare und wertschöpfende Arbeitskräfte eingestellt werden?

Hiroshi Ishiguro: Bereits in einigen Jahren werden wir Roboter-Avatare akzeptieren, die teleoperierte Roboter sind. Dann werden Roboter-Avatare zu autonomen, wertschöpfenden Arbeitskräften.

In welchen Branchen werden sie ­vornehmlich zu finden sein?

Mein neu gegründetes Unternehmen AVITA bietet Computergrafik-Avatare an, die bereits von einer japanischen Lebensversicherungsgesellschaft sowie einem japanischen Lebensmittelgeschäft verwendet werden. Sobald wir den Markt mit Computergrafik-Avataren erschlossen haben, können wir sie durch physische Roboter-Avatare ersetzen.

Wird menschliche Arbeitskraft durch humanoide Roboter überflüssig?

Ja. Jedoch können wir Menschen Jobs finden, die nicht von Robotern erledigt werden können. Zu diesem Zweck brauchen wir mehr Ausbildungen. Die wichtigsten Felder liegen im philosophischen und im künstlerischen Bereich, zusätzlich zum technologischen wie AI und Robotik. Wir Menschen überleben auf diesem Planeten, weil wir das Menschsein kontinuierlich erforschen. Die menschlichen Gesellschaften verändern sich aufgrund der Informatisierung und der Roboterisierung weiter.

Prof. Dr. Hiroshi Ishiguro

Hiroshi Ishiguro ist Direktor des Intelligent Robotics Laboratory am Department of Adaptive Machine Systems der Universität Osaka. Eine herausragende Entwicklung des Labors ist der Actroid, ein humanoider Roboter mit naturgetreuem Aussehen und sichtbarem Verhalten wie Gesichtsbewegungen. Ishiguro spricht in seiner Keynote über Androiden, Roboter und unser künftiges Leben, das Leben mithilfe von Roboter-Avataren und humanoide Roboter.

Wie sieht eine solche Zukunft aus?

Informations- und Robotertechnologien sind nicht unsere Konkurrenten. Sie sind Teil des Menschen und wir können sie nutzen, um unsere Fähigkeiten durch den Einsatz von Informations- und Robotertechnologien zu verbessern.

Sie sind Director des Intelligent Robotics Laboratory an der Universität Osaka. Was fasziniert Sie an diesem Fachgebiet?

Wir können Robotertechnologien entwickeln, welche menschliche Fähigkeiten verbessern. Gleichzeitig halten Robotertechnologien der Menschheit einen Spiegel vor. Wir können die Menschen verstehen, indem wir mit den Robotern interagieren.

Was sind Ihre jüngsten Erkenntnisse?

Wir haben einen Roboter entwickelt, der während eines Gesprächs besser gestikulieren kann als ein echter Mensch. Das bedeutet, dass Roboter oder Roboter-Avatare in naher Zukunft menschenähnlicher sein können als Menschen selbst.

Sie besitzen einen staatlichen Auftrag, mit der Robotik das Fachkräfteproblem in Japan zu lösen. Wo ist dieses Problem besonders akut?

Bis in 50 Jahren wird die japanische Bevölkerung auf die Hälfte der heutigen Bevölkerung schrumpfen. Roboter sind die Lösung für dieses Problem.

Was sind Ihre Lösungsvorschläge?

Mehr Avatare verwenden. Wenn man Avatare einsetzt, können Menschen jederzeit und überall arbeiten. Sie besitzen einen Androiden namens Geminoid, der Ihnen aufs Haar gleicht und mit dem Sie gelegentlich Ihre Studenten erschrecken.

Erschreckt es Sie nicht manchmal selbst, was mit der Robotik möglich wäre?

Vielleicht ja. Aber das Gleiche können wir auch über Menschen sagen. Der Mensch macht auch den Menschen Angst. Roboter haben auf den ersten Blick etwas Unheimliches.

Wie steht es um die Akzeptanz von Robotern im Alltag?

Manchmal sind die Menschen unheimlich. Wir können uns an die Unheimlichkeit gewöhnen, wenn wir eine gewisse Zeit lang gemeinsam interagieren. Eine Erfindung ist auch die Roboter-Robbe Telenoid™. Auf den ersten Blick wirken die «creepy». Mit ihnen sollen die wesentlichen Elemente zur Darstellung und Übertragung von menschenähnlicher Präsenz untersucht werden. In der praktischen Anwendung erwarten Sie, dass Telenoid™ als neues Kommunikationsmedium ­eingesetzt wird.

Wie weit sind wir von der Umsetzung entfernt?

Es existiert bereits ein Start-up, Telenoid+, das diese verkauft und Kommunikationsdienste für ältere Menschen anbietet. Sie sprechen am 28. März 2023 als Keynote Speaker am HR FESTIVAL europe. Auf was dürfen sich die Teilnehmenden freuen? Die Teilnehmenden können den neusten Stand der Avatar-Technologien kennenlernen und erfahren, wie wir unsere Gesellschaft durch den Einsatz von Avataren verändern können.

HR FESTIVAL europe 2023

Keynote «Avatars and our future society»
mit Prof. Dr. Hiroshi Ishiguro

28. März 2023, 14 bis 15 Uhr
Main Stage, Halle 6

Diese Keynote wird auf Englisch gehalten und simultan auf Deutsch und Französisch übersetzt.

Kostenlose Tickets erhältlich auf hrfestival.ch

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Christine Bachmann 1

Christine Bachmann ist Chefredaktorin von Miss Moneypenny. cb@missmoneypenny.ch

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