HR und Innovation

Mehr Meinungen gleich 
mehr Meisterwerke

Heterogene Teams beweisen mehr Kreativität als homogene, sie denken 
vielschichtiger und kommen zu besseren Lösungen. Vielfalt ist angesagt.

Diversity Management ist in aller Munde. Das Konzept Vielfalt zu fördern und gezielt zu nutzen, gehört in den meisten Grossunternehmen mittlerweile zum festen Repertoire der strategischen Organisations- und Personalentwicklung. Ein wesentlicher Grund ist die positive Korrelation zwischen Vielfalt und Innovation. Wie und weshalb diese positive Wechselwirkung entsteht, wurde 2010 in einer Studie von Ernst & Young («The new global mindset: Driving innovation through divers perspectives») untersucht.

Vielfalt ist ein regelrechter 
Innovationsmotor

Dass eine Verbindung zwischen Innovation und wirtschaftlichem Wachstum besteht, ist seit langem bekannt. Aber Innovationen entstehen nicht überall – wichtige Voraussetzungen sind der freie Fluss von Ideen, Ressourcen und Kapital im kreativen Prozess. Diese Voraussetzungen zu kennen und zu wissen, wie man sie im eigenen Unternehmen schaffen kann, ist grundlegend für ein greifendes Diversity Management.

Forschungen haben wiederholt bewiesen, dass Vielfalt ein regelrechter Innovationsmotor ist. Um neue und bessere Lösungen zu finden – um innovativ zu sein –, muss man anders denken. Vielfalt kann also deshalb zu Innovation führen, weil nicht alle, die an einem Prozess, an einer Problemlösung beteiligt sind, gleich denken oder gleicher Meinung sind. Vor allem die Untersuchungen von Scott Page, Professor für komplexe Systeme an der University of Michigan in Ann Arbor, zeigen, dass heterogen zusammengesetzte Gruppen in der Regel eine bessere Leistung erzielen als homogene Gruppen – sogar dann, wenn die einzelnen Mitglieder der homogenen Gruppe eigentlich kompetenter sind als jene der heterogenen Gruppe.

«Open innovation»: Zusammenarbeit über Grenzen und Branchen hinweg

Aus der Innovationsperspektive wird Vielfalt im weitesten Sinne als die Gesamtheit unterschiedlichster Sichtweisen verstanden. Studien in verschiedenen Ländern und multinationalen Unternehmen haben gezeigt, dass 
unter dem Gesichtspunkt der Vielfalt zusammengesetzte Teams Ideen entwickeln, die zu besseren Produkten und Dienstleistungen führen:

  • In einer Studie mit 45 Teams von fünf Hightech-Firmen in den USA arbeiteten diejenigen Teams, die sich aus Mitarbeitern aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammensetzten, effektiver mit anderen internen Teams zusammen und hatten eine bessere Quote bei den Produktinnovationen (Research Technology Management, 1990).
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In einer Studie mit 28 Teams lösten die heterogen zusammengesetzten Teams komplexe Aufgaben besser als homogene Teams. Die heterogenen Teams bewiesen mehr Kreativität und vielschichtigere Denkprozesse (Henley Management College, Grossbritannien, Ford Deutschland).
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In einer in Deutschland durchgeführten Studie zeigte sich, dass Unternehmen mit einer grösseren kulturellen Vielfalt auch ein höheres Niveau bei Innovation und Forschung & Entwicklung erreichen (Bundesagentur für Arbeit, 2006).

Es erstaunt daher nicht, dass sich erfolgreiche Unternehmensverantwortliche gerne unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen zunutze machen, um so in ihrem Unternehmen für ein kreatives Klima zu sorgen, das ansonsten vielleicht nicht erreicht werden könnte. Organisationen, die sich mit verschiedenen Märkten, Geschäftsmodellen, Kundengruppen, Partnern und Talentpools konfrontiert sehen, müssen in ihrem Unternehmen eine Akzeptanz für Vielfalt schaffen, diese Vielfalt gezielt fördern und lernen, sie konstruktiv zu nutzen.

Auch der Blick in die Praxis zeigt, dass einige der erfolgreichsten Unternehmen der Gegenwart ihren Ursprung gerade in der von unterschiedlichen Sichtweisen ausgehenden Kraft haben. Sie alle nutzen diese Vielfalt für weitreichende Innovationen. Sie alle pflegen eine  Philosophie der Wertschätzung für Innovation, Kreativität und Vielfalt, die sich in der Verschiedenheit ihrer globalen Belegschaft widerspiegelt.

Vielfalt an Ideen und Begabungen dominiert auch den Denkansatz hinter dem Begriff «open innovation». Firmen, die eine offene Innovation leben, suchen nach den besten Ideen und der besten Technologie, indem sie über den eigenen Tellerrand hinausschauen und die Zusammenarbeit über Grenzen, Fachbereiche und sogar Branchen hinweg fördern.

Aus kreativen Konflikten können neue Ideen entstehen

Führende Unternehmen haben bereits bewiesen, dass man Innovationen – und damit das Unternehmensergebnis – spürbar verbessern kann, indem man das Konzept von Diversity & Inclusiveness beherzigt. Um Vielfalt gezielt für Innovationsprozesse einzusetzen, müssen Unternehmen und Führungskräfte einige wichtige Aspekte berücksichtigen:

  • Unternehmensverantwortliche müssen zunächst sorgfältig beobachten und analysieren, welche Vielfalt in ihrem Unternehmen vorhanden ist. Sie müssen die unterschiedlichen Kulturen und Sichtweisen verstehen und lernen, wie sie diese Vielfalt für eine neue Unternehmenskultur nutzen können.
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Die Unternehmens- und Führungskultur muss kreative Konflikte ermöglichen, denn die Praxis zeigt, dass Diversität und damit einhergehende unterschiedliche Sichtweisen lebhafte Debatten auslösen, aus denen neue Ideen entstehen können.
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Unternehmen müssen eine fruchtbare Umgebung für ein breites Spektrum von diversen Talenten schaffen und sich für neue Talentpools öffnen. Oft findet man die benötigten Talente genau dort, wo man sie am wenigsten erwartete.
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Letztlich müssen Diversity & Inclusiveness verinnerlicht und in der Unternehmensführung gelebt werden. Das Potenzial von Vielfalt wird durch den Führungsstil nutzbar gemacht, nicht durch Verhaltensregeln oder Vorgaben.
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Bernadette Koch ist Partner bei Ernst & Young. 


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Julia D. Tzanakakis ist Manager Diversity & Inclusiveness bei Ernst & Young.

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