Sozialberatung

«Mein Chef schickte mich in die Sozialberatung, was mich zu Beginn ziemlich wurmte»

Ein HR-Verantwortlicher* eines grösseren Unternehmens liess sich von der Proitera beraten:

 «Ich kenne die betriebliche Sozialberatung aus zwei Perspektiven: Ich bin verantwortlich für die rund 50 Auszubildenden in unserem Unternehmen. Und so mache ich die Lehrlinge auf das Beratungsangebot aufmerksam, schicke manchmal auch gezielt jemanden in die Beratung – zurzeit zum Beispiel gerade wegen der Themen Gewalt in der Familie und krankhafte Introvertiertheit.

Es war für mich nicht ganz einfach, als dann eines Tages die Rollen vertauscht wurden: Mein Chef schickte mich in die Sozialberatung. Das war Ende 2011, in einer Phase, in der ich überlastet war und zunehmend Flüchtigkeitsfehler machte. Dennoch wurmte mich die Aufforderung mei­nes Chefs: Ich weiss, wie man coacht, ich kann das doch selber, so dachte ich damals. Heute bin ich froh darüber.

Ich brauchte eine Sitzung, um die Themen, um die es bei mir ging, zu ordnen, um in die Vogelperspektive zu gehen und Lösungen auszuarbeiten. Konkret kamen damals mehrere Dinge zusammen: Mein Vater kam ins Spital und später ins Pflegeheim, meine Mutter hatte eine Operation, meine Tochter stand vor dem Lehrabbruch. In der Beratung kristallisierte sich heraus, dass ich zu oft im Spital und im Pflegeheim war. Die Zeit, die ich bei meinen Eltern verbrachte, war der Schlüssel zu meiner Überforderung.

Es ging darum, mich abzugrenzen und auch einmal den Mut zu haben zu sagen: «Heute Abend kann ich wirklich nicht vorbeikommen.» Dadurch wurde die Situation relativ schnell wieder viel besser. Manchmal braucht es wirklich nur kleine Dinge, um sich ein paar Zentimeter aufzurichten, damit man wieder über die Mauer sieht, die man selbst um sich herum aufgebaut hat.

Auch die Lehrlinge, die heute mehr unter Druck sind als früher, sind froh um die betriebliche Sozialberatung. Mir haben schon mehrere gesagt, dass es ihnen guttue, einfach einmal reden zu können. Sie dürfen da auch verletzlich sein. Sie schätzen zudem, dass die Beratung extern ist. Auch für mich selbst war das wichtig. Ich wurde zwar von meinem Vorgesetzten angemeldet, aber das war es dann auch. Er erfuhr nichts über den Inhalt des Gesprächs. Relevant war einzig, dass nach der Beratung meine Überlastung abnahm und sich meine Fehlerquote normalisierte.» * Name der Redaktion bekannt

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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