Nach dem Barcamp ist vor dem Barcamp
Das erste Zürcher HR Barcamp ist bereits Geschichte. Vergangenen Donnerstag wurde moderiert, diskutiert und ausgetauscht, was das Zeug hielt. Innert fünf Tagen waren die 80 Plätze ausverkauft, weitere 50 Interessierte liessen sich auf die Gästeliste setzen. Wer nicht persönlich vor Ort sein konnte, hatte aber trotzdem die Gelegenheit, unter dem Twitter-Hashtag #hrbcz15 die eine oder andere Diskussion zu verfolgen.
Teilnehmerin Sarah hat 30 Sekunden Zeit, ihr Thema zu präsentieren. (Fotos: Denise Siegenthaler)
Die ersten Gäste treffen um halb neun Uhr im Restaurant Karl der Grosse mitten in der Zürcher Altstadt ein. Bei Kaffee und Gipfeli lassen sich erste Bekanntschaften knüpfen, bevor das Barcamp dann eine halbe Stunde später offiziell startet.
Für das Barcamp haben die drei Organisatoren – Jennifer Delorme, Kundenberaterin bei Prospective, Jörg Buckmann, Personalleiter bei den Verkehrsbetrieben Zürich, und Matthias Mäder, Geschäftsführer von Prospective – extra einen «Verein für innovative Personalarbeit» gegründet. Noch etwas nervös, stellt Jenny das Konzept des Barcamps vor – und teilt auch gleich die erste Regel mit: Alle sind miteinander per Du, und auf den Namensschildern steht nichts als der Vorname.
Gedacht als Gegenstück zu langweiligen Konferenzen und Tagungen mit endlosen Powerpoint-Präsentationen will das Barcamp neue Formen ausprobieren. Ziel ist, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren, sich eine Meinung bilden und sich einbringen können, Spass haben und etwas lernen, neue Leute treffen und sich vernetzen.
Damit das funktioniert, schlagen die Teilnehmer selber Themen vor, über die sie mit den Anwesenden diskutieren wollen. Sie haben 30 Sekunden Zeit, ihren Beitrag der versammelten Menge zu präsentieren. Das Resultat kann sich sehen lassen: Rund 30 Vorschläge werden eingereicht, von Themen rund ums Talent Management über Candidate Experience und Active Sourcing bis zu Altersdiskriminierung.
Über den Tag verteilt finden 17 Sessionen statt, vier Mal vier Sessionen gleichzeitig sowie eine Überaschungssession mit allen Teilnehmern zum Schluss. In kleineren und grösseren Gruppen verteilen sich die Leute in Räume mit klingenden Namen wie «Grüne Stube» oder «Blaues Foyer» (vgl. Dokumentation der Sessionen am Ende des Textes).
Lebenslauf ade?
Braucht es überhaupt noch Lebensläufe? Dieser Frage geht Andreas in seiner Session nach. Seine These: Viel aussagekräftiger als der CV sind Profile, etwa auf Xing oder Linkedin. Damit potenzielle Job-Kandidaten allerdings von Personalern gefunden werden, müssen sie ihr Profil auch aktiv gestalten. Dabei stellt sich aber die Frage, wie sehr sich das lohnt: Von den rund 40 Sessionsteilnehmern betreibt kaum jemand Active Sourcing. Und zwar, weil ihnen entweder die Zeit dafür fehlt oder sie nicht wissen, wie es geht.
Was HR mit Liebesbeziehungen zu tun hat, will Jubin in der von ihm moderierten Session unter dem gleichnamigen Titel wissen: In Beziehungen wie im Arbeitsleben passiere es oft, dass man am Anfang kein realistisches Bild vermittelt bekomme. Doch will ein Arbeitgeber gute Kandidaten anlocken, muss er ehrlich sein zu den Bewerbern und offen kommunizieren.
Wessen Stellenanzeige im Meer der Inserate gefunden werden will, muss sich etwas einfallen lassen. So entschied sich etwa das Kinderspital Zürich, das Spital aus Sicht der Kunden, also der Kinder, zu porträtieren, wie Sonja in der von ihr moderierten Session erläutert. Wichtig sei zu wissen, wen man ansprechen wolle und wo sich die Zielgruppe aufhalte.
Rekrutieren via Whatsapp
Dort sein, wo die Zielgruppe ist, ist auch die Erkenntnis der Gruppe um Michel, die über kreative Rekrutierungskanäle – etwa Whatsapp – diskutierte. Erfolgversprechend ist auch, die Mitarbeiter im eigenen Unternehmen abzuholen und sie als Botschafter – oder zumindest Wegweiser – zu nutzen.
Gleich selbst in die Tasten greifen die Teilnehmer der Session «Bordell Stellenanzeigen»: Auf Anweisung von Henner entwerfen sie eine Stellenanzeige für einen Qualitätsverantwortlichen in einem Bordell.
Die Schlusssession wird von Mitarbeitern des Fraumünsters bestritten: Michel, der Personalverantwortliche der Kirchenpflege, und Sigrist Thomas erzählen von ihrer Arbeit und ihrem Arbeitsplatz.
Co-Organisatorin Jenny zieht nach dem Barcamp ein überaus positives Fazit: «Ich bin sehr glücklich, dass alles so gut geklappt hat, und unser Ziel – Vernetzung und Austausch der Teilnehmer – haben wir erreicht, wenn nicht sogar übertroffen.» Die Anwesenden seien alle sehr zufrieden nach Hause gegangen und hätten viel mitnehmen können. Und eins ist jetzt schon klar: Nächstes Jahr wird es in Zürich wieder ein Barcamp geben.