Universitätsspital Basel: Zufrieden ohne klassische Umfrage
Die HR-Abteilung im Basler Universitätsspital setzt keine Mitarbeiterumfragen im klassischen Sinne ein. «Wir haben sehr viel günstigere und aussagekräftigere Alternativen», sagt Sibylle Schürch, HR-Leiterin des Universitätsspitals Basel. Die standardisierte Variante findet sie extrem zeitaufwändig, teuer und oberflächlich. «Wenn die Mitarbeitenden ankreuzen, dass sie unzufrieden sind, dann weiss ich ja gar nicht, warum sie das so empfinden», meint Schürch. «Mir fehlt da die inhaltliche Aussage, es könnte auch sein, dass jeder Mitarbeitende aus einem anderen Grund unzufrieden ist. Ich möchte aber genau wissen, was sie stört und was sie gut finden.»
Für die HR-Leiterin gibt es jedoch genügend andere Informationsquellen, um ihren 4500 Mitarbeitenden den Puls zu fühlen. «Wer etwas über seine Mitarbeitenden wissen will, muss vor allen Dingen Augen und Ohren aufmachen, so kann man schon viel erkennen», ist Schürch überzeugt. Da seien zum einen eine ganze Palette an HR-Kennzahlen, statistische Quellen, Informationen aus Austrittsgesprächen, Mitarbeitergesprächen mit Führungsfeedback, Krankheitsstatistik, Arbeitszeitreports, Altersstruktur, Verdienst und Produktivität. Aber diese Daten allein seien noch nicht alles, so Schürch. Als zweite Quelle dienen die Führungskräfte selbst. «Sie wissen eigentlich, wie es ihren Mitarbeitenden geht. Zwar sehen das nicht alle gleich gut, aber im Allgemeinen wissen sie über Probleme Bescheid», ist die HR-Leiterin überzeugt.
Weitere Informationen erhält Schürch durch die verschiedenen Personalbteilungen, die dezentral über das Spital verteilt sind. «Diese sind ein Sammelbecken von Wissen, das wir bei monatlichen Sitzungen zusammentragen und verdichten. Sämtliche Coaching- oder Beratungsaktivitäten, die in den einzelnen Abteilungen laufen, werden zentral aufgenommen. Wir wissen also immer, was läuft.» Sobald wir eine Relevanz für eine grössere Zahl von Mitarbeitenden feststellen, werden Massnahmen getroffen. «Zum Beispiel beim Thema Ferienabbau können wir bis zum einzelnen Mitarbeitenden nachvollziehen, ob und wie viel Ferien er angehäuft hat und können ganz gezielt mit ihm sprechen», so Schürch.
Bei grösseren Problemen, wie zum Beispiel grosser Fluktuation in einem Bereich, werden auch standardisierte Gespräche mit Gruppen von Mitarbeitenden geführt. Diese werden so ausgewählt, dass sie repräsentativ für die ganze Gruppe in Bezug auf Geschlecht, Alter, Hierarchie, Kultur usw. sind. Die Gespräche werden von den Personalabteilungen der einzelnen Bereichen geführt. Bei Schwierigkeiten, die das ganze Spital betreffen, kann es auch sein, dass die HR-Leiterin selbst die Gespräche führt. Das komme aber selten vor, so Schürch. Alles in allem ist sie mit diesem System sehr zufrieden. «Ich finde es wichtiger, Zeit und Geld in Verbesserungen für Mitarbeitende zu investieren als in teure, aufwändige Umfragen.»
Feldschlösschen: Jedes Jahr besser werden, ist schwer
Bei Feldschlösschen werden die 1450 Mitarbeitenden seit der Übernahme durch die Carlsberg-Gruppe 2000 im Zwei-Jahres-Rhythmus befragt. Der Turnus sei nötig, um Veränderungen klar messen zu können und zwischen zwei Umfragen auch tatsächlich Zeit für die Umsetzung der Ergebnisse zu haben. Weil viele Mitarbeitende keinen Zugang zu einem PC haben, wird die Umfrage auf Papier durchgeführt. Da Feldschlösschen Teil der weltweit operierenden Carlsberg-Gruppe ist, führt ein internationales Institut die Umfrage durch und vergleicht anschliessend die Ergebnisse mit den anderen Unternehmen in der Gruppe. «Daher haben alle Gruppengesellschaften den gleichen Fragebogen. Wir können aber für die Schweiz zusätzlich spezielle Fragen formulieren», erklärt HR-Leiter Patrik Füeg.
Mit den internationalen Fragen nach Kultur und Werten, Kommunikation und Zusammenarbeit, Entwicklung, direktem Vorgesetzten, Arbeitsbedingungen, Anerkennung und Entlohnung sowie Unternehmensimage und Mitarbeiterengagement seien jedoch die wichtigsten Themen bereits abgedeckt, findet Füeg. «Wir haben aber beim vergangenen Mal noch gefragt, ob die Strategie verstanden wurde, und im kommenden Herbst wollen wir fragen, welche Bedürfnisse im Bereich Gesundheitsmanagement bei den Mitarbeitenden vorhanden sind.» Das Ergebnis sei schon seit Beginn der Umfragen konstant positiv und mit einer Teilnehmerquote von 80 Prozent auch repräsentativ, betont Füeg. Es sei jedoch eine Herausforderung, die guten Resultate zu halten und von Mal zu Mal zuzulegen. «Die Ansprüche werden ja jedes Jahr höher, aber perfekt wird man nie und es wird immer unterschiedliche Meinungen geben, bei so vielen Mitarbeitenden.»
Nach Vorliegen der Umfrageresultate legt die Geschäftsleitung zwei bis drei Unternehmensziele fest, bei denen Verbesserungen angestrebt werden, und trifft entsprechende Massnahmen. Die Umfrageresultate werden dann allen Mitarbeitenden präsentiert und jede Abteilung legt für sich selbst wiederum zwei bis drei entsprechende Abteilungsprioritäten fest.
Froh ist der HR-Leiter, dass Feldschlösschen im Vergleich zu den anderen Ländergruppen positivere Ergebnisse erzielt. «Die Schweizer Mitarbeitenden sind im internationalen Vergleich überdurchschnittlich zufrieden. Die Mitarbeitenden in England beispielsweise sind traditionell sehr kritisch eingestellt.» Überraschende Resultate sieht Füeg kaum: «Einmal hatten wir den Fall, dass die neuen Mitarbeiter weniger zufrieden waren als die, die schon länger dabei waren. Das fanden wir verwunderlich. Wir haben dann aber festgestellt, dass das an den nicht durchgeführten Einführungsprogrammen gelegen hat.» Daraufhin habe man die Programme standardisiert und auch tatsächlich durchgezogen. «Bei der nächsten Umfrage war es frappant, wie stark die Zufriedenheit der neuen Mitarbeitenden gewachsen war.»
Eventuelle Motivationsprobleme, an der Umfrage teilzunehmen, löst Feldschlösschen auf seine eigene Art: «Wir verbinden das immer mit einer Informationsveranstaltung. Dort präsentieren wir beispielsweise ein neues Produkt und danach ist es bei uns üblich, noch einen Apéro zu nehmen und ein Bier zu trinken. Letztes Jahr konnten die Mitarbeiter auch ein Euro-Ticket gewinnen.»
Generali: Auch negative Resultate als Chance sehen
Die Generali (Schweiz) hat 2007 und 2008 eine Online-Umfrage bei allen 1550 Innendienstmitarbeitern durchgeführt. Der Aussendienst wird dabei bewusst ausgeklammert: «Dieser misst sich primär am Verkaufserfolg. Wenn dieser vorliegt, geht es auch den Mitarbeitenden gut, wenn nicht, muss man sowieso reagieren», erklärt Elmar Locher, HR-Leiter bei der Generali, diese Einschränkung. Künftig soll die Befragung nur noch alle zwei Jahre durchgeführt werden. «Wir finden jährliche Umfragen zu viel, weil man sehr viel Zeit investiert für Diskussionen über die Resultate und die Definition von Massnahmen. Und ich finde, man sollte wirklich auch die Zeit haben, die gemeinsam erarbeiteten Massnahmen wirklich umzusetzen, bevor man wieder eine neue Umfrage macht», so Locher.
Im Zentrum der Umfrage steht bei der Generali die Messgrösse nach der Motivation der Mitarbeitenden: «Die Fragen geben einerseits Auskunft, inwieweit die Bedürfnisse der Mitarbeiter erfüllt sind, und andererseits, wie gross das Commitment gegenüber dem Unternehmen ist. Hierzu werden je sechs Fragen gestellt, die uns dann Auskunft über den Stand der vorhandenen Mitarbeitermotivation geben», erklärt Locher. «Wir fragen zum Beispiel nach, wie gern die Mitarbeiter zur Arbeit kommen, ob gute Arbeit von den Führungskräften gelobt wird, aber auch wie stolz sie sind bei der Generali zu arbeiten und ob sie unsere eigenen Produkte an Bekannte weiterempfehlen.»
Auch beim Versicherer fliessen die Umfragewerte in die Zielvereinbarungen der Führungskräfte ein. «Wir wollen den Mitarbeitern zeigen, dass wir sie ernst nehmen, dass wir Stärken und Schwächen sowie Führungsprobleme erkennen», so Locher. Die Herausforderungen sieht er darin, sicherzustellen, dass Führungskräfte mit den Ergebnissen positiv umgehen, auch wenn die Ergebnisse selbst negativ sind. «Es hilft nicht, wenn sie frustriert sind, vielmehr müssen sie die Resultate als Chance sehen und sich sagen: ‹Da gibt es Potenzial›.» Zudem, so Locher, sollte generell sehr sensibel mit den Daten umgegangen werden, denn zum Zeitpunkt der Umfrage könne eine Situation vorliegen, die die Ergebnisse verfälschen kann.
«Beim letzten Mal führten in einer Abteilung krankheitsbedingte Ausfälle und ein unerwarteter Stellenwechsel zu einer grossen Unsicherheit und Überbelastung. Das war vorher eine motivierte Gruppe, aber bei der Umfrage lieferte sie deutlich schlechtere Ergebnisse als im Vorjahr. Da muss man aufpassen, keine falschen Schlüsse zu ziehen», warnt Locher. «Deshalb ist auch die Analyse der Ergebnisveränderung so wichtig. Denn erst aus der Veränderung können die Mitarbeitenden erkennen, dass sich wirklich etwas getan hat.»