«Eingeschlagene Laufbahnen meist eingehalten»
«Wir haben seit vielen Jahren den Grundsatz, dass wir als technologiegetriebenes Unternehmen unseren Fach- und Führungskräften in der jeweiligen Laufbahn vergleichbare Perspektiven und Wertschätzung entgegenbringen», sagt Andreas Grobe, HR-Leiter bei Rehau, einem der grössten Polymerverarbeiter der Welt. Hierarchisch ist der Aufstieg in der Fachlaufbahn – also ohne grössere Personalverantwortung – bis in obere Ebenen des Unternehmens möglich. «Ganz oben wird die Luft für die reine Fachlaufbahn jedoch dünn. Es gibt kein Geschäftsleitungsmitglied ohne ausgeprägte Führungsverantwortung.»
So steht beispielsweise der Nachwuchskraft in der Fachlaufbahn der Schritt zum Referenten und Referatsleiter, in der Führungslaufbahn die Entwicklung zum Gruppenleiter und Abteilungsleiter offen.
Eine dritte Karriereoption, die Projektlaufbahn, hat vor allem im Geschäftsbereich Automotive – einem der drei strategischen Geschäftsfelder der Unternehmensgruppe – eine lange Tradition. Dabei sei genau definiert, wann jemand zum Projektleiter befördert wird, welchen Aufgabenbereich er verantwortet und was seine Zuständigkeiten im Hinblick auf Entscheidungsvollmachten sind, erklärt Grobe. «Wenn Rehau zum Beispiel einen neuen Stossfänger für Mercedes entwickelt, dann wird dieser Auftrag intern und extern von einem Projektleiter koordiniert und gesteuert. Die Projektleiter werden neben den klassischen Projektmanagement-Tools auch in Teambuilding, Motivation, Konfliktmanagement etc. geschult. «Sie haben aber gegenüber den Mitarbeitern aus den verschiedenen Bereichen im Projekt keine direkte Weisungsbefugnis», sagt Grobe. «Es ist schon eine besondere Herausforderung, jemandem zwar fachlich, nicht aber disziplinarisch ‹vorgesetzt› zu sein.» Zu personellen Fragen müsse sich der Projektleiter jeweils mit dem zuständigen Vorgesetzten abstimmen.
Auch ist ein Wechsel zwischen den Laufbahnen möglich. So hat ein Experte, der an die Grenzen der Fachlaufbahn stösst, grundsätzlich die Möglichkeit, sich bei entsprechender Eignung einer Führungslaufbahn zu widmen. Und auch horizontale Karriereschritte sind denkbar: «Das kann Jobrotation sein oder Auslandseinsätze. Ich denke da beispielsweise an einen Werkleiter, der in die deutsche Hauptverwaltung wechselte und im Bereich Operations eine Fachaufgabe auf der gleichen Hierarchiestufe wahrnahm, dann vor Ort neue Werke in Osteuropa aufgebaut hat und jetzt wieder Werkleiter in Deutschland ist. Wer mobil ist und das entsprechende Potenzial hat, dem sind wenige Grenzen gesetzt.»
Tendenziell werde aber eine einmal eingeschlagene Laufbahn beibehalten, aber die Durchlässigkeit ist für manchen eine gute Chance, die eigenen Stärken zu erkennen und nicht ein Leben lang in einer Laufbahn festzustecken, meint Grobe.
«Künstliche Separation unnötig»
«Die verschiedenen Laufbahnen sind bei der Forschung von Novartis ein komplexes Thema das uns häufig beschäftigt», sagt Quirin Zink, Head HR des Forschungsbereichs von Novartis Schweiz. «Gerade in der Forschung ist es natürlich explizit wichtig, dass wir unsere Fachkräfte stärken, entwickeln und halten, und deshalb haben wir auch eine Fachlaufbahn. Die Mitarbeiter dieser Laufbahn generieren und konzipieren innovative Forschungsprojekte oder Programme und leiten wissenschaftliche Initiativen mit zunehmender Komplexität und Einfluss auf den Medikamentenentwicklungsprozess.»
Daneben gibt es im Forschungsbereich noch eine Management- und eine technische Laufbahn. Letztere führen in zunehmender Verantwortung die Forschungsexperimente aus und interpretieren diese. Diese Laufbahn ist auch die einzige, bei der man nur bis zu einem bestimmten Punkt aufsteigen kann – auf einer Skala von 1 bis 14 nur bis zur 10. In der Fach- und in der Managementlaufbahn ist ein Aufstieg bis in die Geschäftsleitung möglich, wo die Forscher die wissenschaftliche Strategie und das Forschungsportfolie festlegen. «Sie treiben voran, welche Medikamente später auf den Markt kommen», so Zink.
Letztlich funktioniert die Forschung jedoch nur, wenn alle drei Laufbahnen ineinandergreifen: «Forschung besteht nicht mehr darin, dass zum Beispiel ein einzelner Chemiker oder Biologe in einem Kämmerlein eine Entdeckung macht.
Dahinter steht immer ein Team, und jedes Teammitglied leistet einen wertvollen Beitrag. Deshalb sind wir auch am Überlegen, ob wir nur noch eine Laufbahn haben sollten, die die drei einzelnen Leitern integriert», so Zink. Diese seien zwar durchlässig, stünden aber eben doch nur nebeneinander und würden so eine künstliche Separation schaffen, die unnötig sei. Es würde dann zwar weiterhin verschiedene Aufgabengebiete geben. Diese heissen dann aber nicht mehr unterschiedlich. «Das ist aus meiner Sicht ein Zeichen, dass wir als Team zusammenarbeiten wollen und nicht separieren», so Zink. «Und wenn man die Biografien unserer Leute anschaut, dann ist es fast willkürlich, diese in Manager und Forscher zu unterteilen. Denn beide sind, wenn sie über bestimmte Krankheiten reden, Experten.»
In der Forschung hätten auch die Führungskräfte einen fundierten wissenschaftlichen Hintergrund mit Doktortitel und Post-doc. Deshalb sei es auch leicht, zwischen den Karrieren zu wechseln; das notwendige Managementrüstzeug wird den Forschern dann in internen Weiterbildungen an die Hand gegeben. Und auch der Schritt zurück sei jederzeit denkbar, denn jede Führungskraft ist zu allen Zeiten in den Stand der Forschung involviert. Allerdings gebe es weniger Wechsel von der Managementlaufbahn in die Forschungslaufbahn als umgekehrt. Generell seien Laufbahntitel in der Forscherkarriere jedoch eher zweitrangig: «Forscher ticken anders, sie wollen vor allem in ihrem Feld durch ihren wissenschaftlichen Beitrag bekannt sein. Das Wichtigste für sie ist, ein neues Medikament auf den Markt zu bringen, für das es derzeit noch keine Therapie gibt. Und das gilt für Forscher wie für Manager», so Zink. Und daran werden alle letztlich auch gemessen: Die Beförderung innerhalb der Laufbahnen erfolgt nach sehr stichhaltigen und überprüfbaren Kriterien. «Da wird geschaut, ob jemand konkret ein Medikament entdeckt hat, wichtige Meilensteine erreicht hat, neue Technologien erschlossen hat oder Kollaborationen mit anderen Forschungsinstituten ermöglicht hat», erklärt Zink.
«Hochrangige Fachkraft weltweit gefragt»
Die Vertriebsorganisation von Cisco in der Schweiz setzt sich aus einer Sales Crew und einer technischen Crew zusammen. Für beide ist sowohl eine Managementkarriere als auch eine Fachkarriere möglich. «Ein Manager der technischen Crew kann bei Cisco bis zum Director System Engineer aufsteigen. In der technischen Fachschiene heisst die gleichwertige Position – ebenfalls auf Director-Ebene – Distinguished System Engineer. Von diesen gibt es bei Cisco weltweit nur sehr wenige. In der Schweiz sogar nur einen. Diese Experten werden von verschiedensten Stellen sehr häufig angefragt und sind weltweit im Einsatz», erklärt Beat Schwab, HR-Leiter Schweiz bei Cisco. «Der Experte auf Director Level Schweiz hatte während seiner gesamten Laufbahn nie eine Führungsaufgabe.
Heute ist er 63 Jahre alt, möchte weniger reisen und suchte daher eine neue Aufgabe innerhalb von Cisco. Aufgrund seines Fachwissens bemühten sich gleich mehrere Ländergesellschaften um ihn.» Fachleute in dieser Position, so Schwab, würden hoch geschätzt. Um dorthin zu gelangen, müssten die Experten zahlreiche Prüfungen absolvieren, Referate halten, vor Kommissionen treten und Empfehlungen mitbringen. «Bei einem Mitarbeitergespräch sagte mir ein junger Mitarbeiter vor kurzem, es sei sein grosses Ziel, Distinguished System Engineer zu werden. Dann könne sein Vater, der eigentlich wollte, dass der Sohn studiert, auch wieder stolz auf ihn sein», erzählt Schwab. «Ich glaube, das zeigt die Wertschätzung dieser Leute.»
Fach- und Managementkarriere lassen sich bezüglich Anforderungen und Karriereschritten nur schwer miteinander vergleichen. Bei der Fachkarriere setzt jede Beförderung genau definierte Kenntnisse in einzelnen Fachgebieten voraus, die der Kandidat an Prüfungen belegen muss. In der Managementkarriere spielen weiche Faktoren, die sich nicht auf die Kommastelle definieren lassen, für den Werdegang eines Mitarbeitenden eine grössere Rolle. Da geht es um Fähigkeiten, ein Team zu führen und zu motivieren, oder auch darum, Beziehungen mit Kunden, Partnern und Mitarbeitenden aufzubauen und dieses Netzwerk möglichst effizient zu nutzen. «Für Fach- oder Managementkarriere müssen die Mitarbeitenden unterschiedliche Qualitäten mitbringen», fasst Beat Schwab zusammen. «Beide Karrieren erfahren bei Cisco jedoch dieselbe Wertschätzung und beide sind sehr wichtig für das Unternehmen.»