Ratgeber

Neue Machtstrukturen erfordern 
gekonntes Spiel mit dem Status

Bei Veränderungsprozessen in Unternehmen ändert sich oft auch die Positionen der Beteiligten: Während einige formell höhere Positionen beziehen, sehen sich andere in ihrem Einflussbereich bedroht. Die Status-Methode mit ihrer 
Unterscheidung in Hochstatus und Tiefstatus zeigt Wege auf, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können.

Nein, die Mehrheit der Menschheit verändert sich nicht gern. Jede Veränderung erfordert neben der zusätzlichen Energie und Arbeitsleistung auch noch eine anspruchsvolle kommunikative Kompetenz. Veränderungsprozesse im Unternehmen sind für alle Beteiligten eine Herausforderung:

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Für die Mitarbeitenden, für die der Change-Prozess einen Aufbruch in eine ungewisse Zukunft bedeutet.
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Für den Change Manager, der plötzlich mit einer für seine bisherige Position unüblichen Machtfülle ausgestattet ist.
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Für die Führungskraft, die sich einerseits mit neuen, zusätzlichen Aufgaben und andererseits mit einem möglichen Machtverlust konfrontiert sieht.

Rollenwechsel ist oft verwirrend

Die Rolle des Projektleiters, des Managers für die Veränderungen, ist oft mit einer Machtfülle gekoppelt, die den formellen Status übersteigt. Er verfügt über eine kurzfristig verliehene Macht, die zwei mögliche Gefahren in sich birgt: Die Macht wird in einem Masse ausgedehnt, die unverantwortlich ist und Widerstände bei den Beteiligten auslöst. Dann dient die Macht nicht dem Vorantreiben des Projektes, sondern nur der Befriedigung des eigenen Egos. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass der Change Manager sich der geliehenen Macht verweigert und so zum Nachteil des Projekts seine Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten verschenkt.

Während im ersten Fall der Change Manager dem Hochstatus erliegt, weigert er sich im zweiten Fall, den Tiefstatus situativ zu verlassen. Ein entsprechendes Coaching kann hier Abhilfe schaffen. Eine ähnliche Problematik, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen, stellt sich der Führungskraft. Im normalen Alltag sind Führungskräfte gewohnt, aus dem Hochstatus heraus zu führen. Das ist auch durchaus sinnvoll und vermittelt den Mitarbeitern Führungsstärke, Halt und Orientierung. Alles Führungselemente, die auch im Change-Prozess erforderlich sind. Auf der anderen Seite ist es aber gerade in Zeiten der Veränderung notwendig, auch eine gewisse Nähe, Vertrauen und Verbindlichkeit auszustrahlen. Dies setzt aber voraus, dass sie auch in der Lage sind, in den tieferen Status zu wechseln und in bestimmten Situationen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Erst dann strahlen sie die emotionale Nähe und das Vertrauen aus, die notwendig sind, damit die Mitarbeiter ihnen auch bereitwillig folgen.

Leider sehen Führungskräfte oft schlichtweg keine Notwendigkeit, sich so zu verhalten, oder es fehlt ihnen an der notwendigen Übung. Der fatale Effekt solchen Verhaltens ist ein Agieren im permanenten Hochstatus und der Verlust der Wahrnehmung der Mitarbeiter-Wirklichkeit (siehe Abbildung 1).

Sozialer Stress beeinflusst Status

Ein aktuelles Beispiel ist das Verhalten mancher Bankmanager in der Finanzkrise. Wie anders ist es zu erklären, dass zum Beispiel eine Bank wie die UBS 2008 bei einem Verlust von 12,4 Milliarden Euro (12 400 Millionen) sich Boni in Höhe von 1,4 Milliarden (1400 Millionen) Euro auszahlt? Dies lässt sich nicht anders als mit mangelnder Wahrnehmung der Realität anderer erklären und führt so zu einem Leben im Paralleluniversum des Hochstatus.

Erfahrungen aus Workshops und Coachings zeigen, dass diese Verhaltensstrategie in Stress-Situationen eher noch zunimmt. Wenn die individuelle Status-Präferenz zum Beispiel hoch ist, dann wird sich diese Ausprägung umso mehr artikulieren, je höher der soziale Stress ist. Statt auf die Mitarbeiter zu zugehen und das Gespräch zu suchen, ziehen sich die Führungskräfte immer mehr zurück und treffen immer einsamere Entscheidungen. Mit oft verheerenden Folgen für das Change-
Projekt. Von daher ist es sinnvoll, diesen Managern durch Coaching die Hilfestellung zu geben, die sie brauchen, um als Status-Artisten die Qualität ihrer Kommunikation an die Erfordernisse der jeweiligen Situation anzupassen (siehe Abbildung 2).

Führungskräfte mit solchen Fähigkeiten werden von ihren Mitarbeitern als wahre Leader wahrgenommen. Leader, die einerseits  Nähe und Vertrauen ausstrahlen und andererseits auch so viel Führungsstärke vermitteln, dass aus Mitarbeitern Gefolgsleute werden.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Tom Schmitt ist Trainer, Schauspieler, Regisseur und Inhaber des Trainingsinstituts COMMITT in Hamburg. www.committ-training.de

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