Neue Officewelten
Um innovativer sowie agiler zu werden und das interne «Silodenken» zu überwinden, verwandeln viele Unternehmen ihre -Büros in offene Multispaces, die den zwischenmenschlichen Austausch vereinfachen sollen. Wer sich für ein solches Bürokonzept entscheidet, muss jedoch auch seine Unternehmens- und Führungskultur anpassen. Wir haben mit Daniel Schweingruber, Leiter des Zentrums neue Arbeitswelten bei Witzig The Office Company über diese neuen Arbeitswelten gesprochen.
Daniel Schweingruber, Leiter Zentrum neue Arbeitswelten und Workspace Consulting, Witzig The Office Company (Bild: zVg)
Wie sieht für Sie die optimale Arbeitsumgebung aus?
Daniel Schweingruber: Eine ideale Arbeitsumgebung bietet dem Mitarbeitenden verschiedene Arbeitsorte, wo er je nach Bedarf konzentriert arbeitet, sich Inspiration holt, mit seinen Kollegen kommuniziert oder sich zurückzieht. Der Mitarbeitende sollte jedenfalls selbst bestimmen können, wo er seine Aufgabe löst. Das kann sowohl innerhalb des Unternehmens als auch im Home-Office oder in einer Co-Working-Location sein. Viele Unternehmen haben dieses Potenzial erkannt und sind dabei, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Es gibt aber noch viel Nachholbedarf.
Was sind für Sie die wesentlichen Vorteile von flexibel nutzbaren Bürolandschaften?
Wir wissen, dass über 30 Prozent der Arbeitsplätze in der Schweiz nicht genutzt werden, weil die Mitarbeitenden in Meetings sind, bei Kunden arbeiten, in den Ferien weilen, krank sind oder eine Ausbildung machen. Büroflächen leer stehen zu lassen, ergibt aus ökologischer und ökonomischer Sicht jedoch keinen Sinn. Das bedeutet nicht, dass Fläche zwingend eingespart werden muss, sie könnte als Kommunikationsfläche verwendet werden, damit informell und spontan eine neue Dynamik entsteht. Das bringt den Unternehmen in Bezug auf die Kommunikation, Akzeptanz und Innovationskraft grosse Vorteile, von denen alle Anspruchsgruppen profitieren.
… und die Nachteile?
Je nach Grösse und Multispace-Konzept ist es nicht mehr gegeben, dass sich Vorgesetzte und Mitarbeitende täglich sehen. Darum muss der 1:1-Austausch geplant werden. Dabei ist es wichtig, dass nicht «nur» informelle Lunchmeetings stattfinden. Eine Agenda hilft, dass über wichtige und kritische Punkte gesprochen wird. Oft wird zudem moniert, dass Mitarbeitende ohne eigenen Schreibtisch keinen Ankerpunkt hätten. In solchen Fällen könnte im Büro ein Bereich eingerichtet werden, wo die Mitarbeitenden ihre eigenen Möbelstücke hinstellen oder an einer Pinnwand ihre persönlichen Gegenstände anbringen können.
Wirkt die Vielfalt an Arbeitsmöglichkeiten nicht überfordernd?
Mitarbeitende werden überfordert sein, wenn sie den Sinn von Multispace-Bürolandschaften nicht sehen und das Konzept nicht verstehen. Deshalb müssen sie von Projektstart an auf die neuen Arbeitsmöglichkeiten vorbereitet werden. Werden Multispace-Bürolandschaften eingeführt und wird die Unternehmenskultur verändert, steigen die Arbeitsoptionen erheblich an. So entscheidet jeder Mitarbeitende x-mal täglich, wann und wo er arbeiten wird. Er muss deshalb seine Optionen kennen und sich selbst organisieren. Eigenverantwortlich zu handeln, stellt Mitarbeitende, die über viele Jahre hinweg klare Aufträge und Anweisungen erhalten haben, vor erhebliche Herausforderungen. Dafür müssen das HR und die Vorgesetzten sensibel sein und mit Weiterbildungen die Mitarbeitenden befähigen, in Multispaces produktiv zu arbeiten. In der Praxis wird die Wirkung einer solchen Veränderung jedoch oft unterschätzt, weil die Führung davon ausgeht, dass sich die Mitarbeitenden einfach so an die Multispace-Bürolandschaften gewöhnen werden. Da wird eine Chance vertan.
In welchen Räumlichkeiten werden wir im Jahr 2020 arbeiten?
Die Funktion des Büros wandelt sich stark vom Arbeitsort zum Ort der Begegnung, des persönlichen Austauschs und der Co-Kreation. Während der Flächenanteil für «Schreibtischarbeit» abnimmt, steigt die Bedeutung für Kommunikationsflächen und Räumlichkeiten für kreatives Arbeiten. Mit der Digitalisierung reduziert sich der Stauraumbedarf noch weiter. Bildschirme aller Art werden in Tischen und Wänden eingebaut, wodurch die digitale Zusammenarbeit noch attraktiver wird. Vielleicht sehen wir dann bereits die ersten Roboter im Office.