Öffentliche Bekanntmachung von Kündigungsgründen verletzt die Fürsorgepflicht
Entscheid des Zuger Regierungsrates vom 19.10.2010 (GVP 2011 S. 298).
Das Urteil
Eine Einwohnergemeinde informierte die Öffentlichkeit in einer Medienmitteilung und einem Informationsblatt über den Weggang eines Gemeindemitarbeiters und die damit zusammenhängende Freistellung. Darin war die Rede von «Kompetenzüberschreitungen, Eigenmächtigkeiten und Missachtungen von behördlichen Weisungen» durch den ehemaligen Mitarbeiter. An einer Versammlung der Einwohnergemeinde wurde zudem mitgeteilt, dass der ehemalige Mitarbeiter bereits während der Probezeit «Mängel in der Arbeitstechnik zeigte und seine Arbeitsweise zu wenig effizient war» und dass er sich mit «der Einhaltung der Kompetenzordnung, mit der Akzeptanz von Anweisungen» und «mit Effizienzsteigerungen seiner Arbeit» schwer tat.
In dem daraufhin eingeleiteten Aufsichtsverfahren stellte der Regierungsrat fest, dass die Einwohnergemeinde mit den erwähnten Publikationen ihre sich aus Art. 328 OR ergebende Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer verletzt hat.
Die Fürsorgepflicht überdauert das Arbeitsverhältnis, und solange ein Arbeitnehmer nicht einwilligt, dass der Inhalt seines Personaldossiers bekannt gegeben wird, oder ein Fall berechtigter Auskunftserteilung vorliegt, hat der Arbeitgeber Stillschweigen zu bewahren. Die Gemeinde hat hier offensichtlich das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu Unrecht höher gewichtet als den Persönlichkeitsschutz des Angestellten. Es hätte gereicht, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass der Mitarbeiter nicht mehr für die Gemeinde tätig sei. Alles, was darüber hinausging, konnte nur dazu dienen, ihn schlecht darzustellen. Die Hintergründe der Kündigung und Freistellung hätten keinesfalls publik gemacht werden dürfen. Die Gemeinde wurde deshalb vom Regierungsrat ermahnt, sich beim betroffenen Angestellten zu entschuldigen. Von einer öffentlichen Entschuldigung sah der Regierungsrat, auch im Interesse des ehemaligen Mitarbeiters, ab.
Konsequenz für die Praxis
Die federführenden Mitarbeiter haben durch diesen Rachefeldzug sich selbst und dem ehemaligen Kollegen geschadet. Es empfiehlt sich im Zweifel, eher weniger bekannt zu geben. In der Regel ist es völlig ausreichend, Dritten gegenüber den Weggang eines Mitarbeiters zu kommunizieren, ohne die Hintergründe darzulegen. Wer schützenswerte Informationen ohne Einwilligung des Betroffenen preisgibt, sollte sich bewusst sein, dass dies je nachdem als Verstoss gegen die Fürsorgepflicht nach OR, den Persönlichkeitsschutz nach ZGB oder das Datenschutzgesetz qualifiziert werden und im extremen Fall sogar ein Strafverfahren nach sich ziehen könnte. Deshalb sollte man in Fällen, in denen die Trennung von einem Mitarbeiter schwierig war, besonders vorsichtig in der Kommunikation nach aussen sein.