HR Today Nr. 7&8/2020: Praxis – Anstellungs- und Abrechnungsmanagement

Pauschalspesen und ihre Umsetzung in der Schweiz

Spesen werden je nach Unternehmen anders abgerechnet. Inwiefern das gesetzlich geregelt ist und weshalb ein Spesenreglement Sinn macht. Ein Überblick im Spesendschungel.

In grauer Vergangenheit vor 2007 wurde ein Arbeitnehmender beim Antritt einer neuen Stelle gelegentlich gefragt, ob er auf der Gehaltsabrechnung mehr «Lohn» oder mehr «Spesen» ausgewiesen haben möchte. Je nachdem ergaben sich danach eine niedrigere Gehaltszahlung und ein entsprechend höherer Pauschalspesenbetrag. Die schon damals rechtswidrige Praxis ist zwischenzeitlich Geschichte. Der einheitliche nationale Lohnausweis gilt seit über zehn Jahren in allen Kantonen. Werden Pauschalspesen in einer Steuererklärung geltend gemacht, ohne dass sie auf einem von der Steuerverwaltung genehmigten Spesenreglement beruhen, werden sie zu den steuerbaren Einkünften gezählt.

Der Vorteil, hohe Pauschalspesen und einen tiefen Lohn im Arbeitsvertrag auszuweisen, lag darin, dass Spesen steuerfrei sind und davon keine Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. So verkleinerte sich das steuerbare beziehungsweise AHV-pflichtige Einkommen künstlich. Überhöhte Spesen schafften aber nicht nur für das Steueramt, sondern auch bei der Altersvorsorge Nachteile. Auch dem Arbeitnehmenden drohte ein niedrigeres Taggeld bei Unfall, Krankheit oder Arbeitslosigkeit – da sich dieses nach dem AHV-pflichtigen Einkommen richtet.

Spesen und Berufsauslagen im Gesetz

Gemäss Art. 327 ff. OR muss der Arbeitgebende einem Arbeitnehmenden alle Aufwendungen ersetzen, die dieser in seinem Interesse getätigt hat. Dabei gelten für Arbeitsgeräte je nach Branchen unterschiedliche Regelungen: Metzger, die ihre privaten Messer benutzen, haben gemäss GAV einen Anspruch auf eine Abgeltung von vier Franken im Monat. Coiffure-Angestellte indes haben aufgrund der Usanz keinen Anspruch auf Abgeltung für die persönlichen Scheren.

Vom Gesetz sind zudem Pauschalen vorgesehen. Diese müssen in einer schriftlichen Vereinbarung, einem Gesamt- oder Normalarbeitsvertrag festgehalten werden. In der Praxis sind das vor allem Kilometer-, Verpflegungs-, Transport- und Übernachtungspauschalen. Allen gemein ist, dass sie die von Gesetzes wegen im Durchschnitt entstehenden Auslagen abdecken müssen. Zu den in der Praxis sehr häufigen Kilometerpauschalen gibt der Touring Club der Schweiz (TCS) jährlich angepasste Berechnungstabellen heraus, welche die effektiven Kos­ten pro Kilometer in Abhängigkeit von Fahrzeug und Kanton berechnen. 2020 sind das durchschnittlich 71 Rappen pro Kilometer. Wer nachweist, dass er für die Nutzung des Privatwagens eine zu tiefe Pauschale erhalten hat, kann die Differenz bis auf fünf Jahre zurückfordern.

Anerkannte notwendigen Auslagen

Nutzt ein Arbeitnehmender sein privates Telefon im Interesse des Arbeitgebenden, hat ihm dieser die Aufwendungen dafür abzugelten. Speziell geforderte Berufsbekleidungen hat der Arbeitgebende zur Verfügung zu stellen oder zu bezahlen. Werden diese auch ausserhalb der Arbeitszeit getragen, kann der Arbeitgebende eine finanzielle Beteiligung fordern. Der Transport zu Einsätzen ausserhalb des vertraglichen Arbeitsorts ist ebenfalls abzugelten. Wird eine Auswärtsverpflegung notwendig, sind vereinbarte Pauschalen oder die vollen Kosten zu ersetzen und nicht bloss die Differenz zum Menüpreis in der Betriebskantine. Auch bei einer notwendigen auswärtigen Übernachtung sind die Kosten einforderbar. Arbeitet ein Arbeitnehmer fern von seinem Wohnort längere Zeit auswärts, kann er sich eine angemessene Erholung oder Vergnügung wie den Besuch eines Fitnesscenters oder Kinoeintritte abgelten lassen.

Spezialfall Homeoffice

2019 hat das Bundesgericht entschieden, dass Arbeitnehmende Anrecht auf Entschädigung für die Nutzung ihrer privaten Infrastruktur haben, wenn ihnen kein Arbeitsplatz im Betrieb angeboten wird (Urteil 4A_533/2018 vom 23. April 2019, E. 6). Obwohl von Arbeitgeberseite eingewendet wurde, dass im Arbeitsvertrag keine Entschädigungspflicht vorgesehen sei und damit auf eine Abgeltung verzichtet wurde, musste der Arbeitnehmende nachträglich entschädigt werden. Aktuell wäre also in den meis­ten Fällen eine Abgeltung fällig.

Spezialfall Kurzarbeit

Bei Spesen handelt es sich grundsätzlich um den Ersatz von Kosten, die nicht über die AHV abgerechnet werden und daher auch nicht anrechenbar sind. Handelt es sich um effektive Spesen, müssen sie auch während der Kurzarbeit geleis­tet werden.

Nicht anerkannte Auslagen

Wer ohne eine Zusage des Arbeitgebenden Betriebsgeräte anschafft, kann nicht in jedem Fall mit einer Abgeltung rechnen. Ebenso können Taxifahrten allenfalls nicht geltend gemacht werden, wenn zumutbare öffentliche Verkehrsverbindungen existieren. Die Fahrt an den vertraglichen Arbeitsort wird zudem in der Regel nicht abgegolten. Es ist dem Arbeitgebenden übrigens erlaubt, im Arbeitsvertrag mehrere Arbeitsorte zu nennen. Einen Grenzfall bildet die «repräsentative Kleidung», die im Aussendienst und in artverwandten Berufen gefordert wird. Dabei wird dem Arbeitnehmenden in der Regel eine Selbstbeteiligung auferlegt. Verkehrsbussen gelten dagegen nicht als Auslagen im Sinne von Art. 327 OR. Vereinbarungen, wonach der Arbeitgebende diese übernimmt, sind rechtswidrig. Die Aufwendungen für Vorstellungsgespräche werden von der Rechtsprechung indes uneinheitlich gehandhabt. Ein Anspruch auf Bezahlung der Fahrtkosten ist gerichtlich nicht durchsetzbar.

Pauschalspesen für Kader

Dabei handelt es sich um fixe Beträge, die zusätzlich monatlich unter diesem Titel ohne Belege zur Lohnzahlung geleistet werden. Der Anspruch gilt auch in Fällen, in denen keine Auslagen anfallen. Pauschalspesen sind schriftlich zu vereinbaren und werden von den Steuerbehörden nur noch für leitende Angestellte akzeptiert. Pauschalspesen müssen immer auf dem Lohnausweis ausgewiesen werden und verbieten es dem Berechtigten, Kleinbeträge unter dem reglementarischen Limit separat nochmals geltend zu machen.

Verdeckter Lohnbestandteil

Bei Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit, Unfall oder Militär stellt sich die Frage nach Auslagenersatz. Auch während einer Freistellung ist zu klären, welche Auslagen weiterhin entstehen. Abhängig ist beides vom Reglement. In der Regel werden Entschädigungen bei einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmenden und während der Ferien anstandslos geleistet. Allerdings weigern sich Arbeitgebende bei einer Kündigung mit Freistellung oft, diese weiterhin zu leisten. Dann müssen die Parteien beweisen, dass es sich entweder um echte Spesen ohne Anspruch oder um einen verdeckten Lohnbestandteil handelt, der weiterhin geleistet werden muss. Wurden Pauschalspesen über einen langen Zeitraum voraussetzungslos auch während der Ferien bezahlt, so spricht viel dafür, dass sie weiterhin geschuldet sind.

Checkliste Spesenreglement

Folgende Überlegungen sollten in ein Spesenreglement einfliessen:

  • Welche Bestimmungen in den Musterreglementen* haben für den Betrieb Relevanz und welche kann man streichen?
  • Wie häufig fallen Geschäftsreisen an? Lohnt es sich, ein Generalabonnement zu finanzieren und es als Pauschalabgeltung zu definieren?
  • Werden auch Fahrten mit dem privaten Fahrzeug abgegolten oder existieren Firmenfahrzeuge, die für Geschäftsfahrten genutzt werden können?
  • Werden die Kosten nur auf Nachweis durch Quittung oder pauschal erstattet?
  • Lohnt es sich, eine Firmenkreditkarte abzugeben, um die Administration zu vereinfachen?
  • Ist mobile Telefonie gefordert? Falls ja, sollen die Kosten über ein Geschäftshandy mit Kostenbeteiligung des Mitarbeitenden oder durch monatliche Zuweisungen an den Arbeitnehmenden abgedeckt werden?

* Musterreglemente: steuerkonferenz.ch

 

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Christof Burkard berät Firmen und Verbände zum Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Zudem ist er bei Personalkonflikten als Mediator tätig.

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