Fachkräftemangel in der HR-Abteilung?
HR wird für Unternehmen immer wichtiger, um ihre Existenz in Zeiten des Fachkräftemangels zu sichern. Doch auch im HR fehlen die Fachkräfte. Was Unternehmen dagegen tun können und wie sie am besten in HR investieren.
Auch KMU müssen mehr in HR investieren, um Arbeitskräftemangel zu vermeiden. (Bild: iStock)
Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels in nahezu allen Branchen, rückt die strategische Bedeutung der HR-Abteilung immer stärker in den Fokus der Unternehmen. Verantwortliche erkennen mehr denn je: Nur wenn die HR-Abteilung ausreichend besetzt ist und über die notwendige Expertise verfügt, lassen sich die Personalengpässe in anderen Unternehmensbereichen lösen. Was können Unternehmen konkret tun, damit ihre HR-Abteilung über die erforderlichen Ressourcen und das nötige Personal verfügt, um dem Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken?
Schweizer KMU erkennen die Notwendigkeit von HR
Ein kleiner Ländervergleich: In Deutschland ist der Bedarf nach HR-Personal laut «Hays Fachkräfte-Index HR» nach wie vor sehr hoch. Im Gegensatz dazu verfügen Schweizer Unternehmen in der Regel über gut besetzte HR-Abteilungen, insbesondere die grossen Konzerne. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist das anders. Diese erkennen erst langsam, dass sie ohne eine gut ausgestattete HR-Abteilung ins Hintertreffen geraten könnten.
Laut der «Axa KMU Arbeitsmarktstudie» sehen sich fast ein Drittel der Schweizer KMU bei der Mitarbeitergewinnung im Nachteil gegenüber den Grossunternehmen mit ihren starken Personalabteilungen. Der Wettbewerbsdruck und die Notwendigkeit, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, sind nicht mehr nur auf grosse Unternehmen beschränkt. Kleinere Unternehmen spüren zunehmend den Druck – und erkennen den Wert einer professionellen HR-Funktion, um wettbewerbsfähig zu bleiben und sich erfolgreich am Markt zu behaupten.
Die Abwärtsspirale: Wenn der HR das Personal fehlt
Denn: Ist eine HR-Abteilung unterbesetzt, setzt eine Abwärtsspirale ein, die sich über das gesamte Unternehmen durchziehen kann. Eine der offensichtlichsten Herausforderungen ist die verzögerte Bearbeitung von Personalanfragen: Mitarbeitende müssen länger auf Rückmeldungen zu ihren Anliegen warten – sei es in Bezug auf Lohn- und Gehaltsfragen, Urlaubsanträge oder Konflikte am Arbeitsplatz. Diese Verzögerungen können nicht nur die Zufriedenheit der Menschen beeinträchtigen, sondern auch die Produktivität des Unternehmens verringern, da kostbare Arbeitszeit für die Administration verloren geht.
Eine weitere Hürde unterbesetzter HR-Abteilungen ist die eingeschränkte Fähigkeit, auf strategische Personalfragen einzugehen: Wichtige Aufgaben wie die Entwicklung von Talentmanagementstrategien, die Planung von Nachfolgeregelungen und die Einführung von Schulungsprogrammen bleiben auf der Strecke. Das kann langfristig zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften im Unternehmen führen, die Arbeitgeberattraktivität schmälern – und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen.
Es gibt verschiedene Strategien, um dem HR-Personalmangel zu begegnen. Das hängt auch von der Dringlichkeit, der strategischen Bedeutung und den finanziellen Mitteln ab. Erfahrungsgemäss ist eine Kombination mehrerer Ansätze am zielführendsten, um langfristig erfolgreich zu sein. Folgende Optionen sollen hier vorgestellt werden:
Vier Lösungsansätze gegen den Personalengpass
1. Digitalisierung von HR-Prozessen
Die Implementierung von digitalen Lösungen wie HR-Management-Systemen (HRMS) oder Personalmanagement-Software kann HR-Abteilungen erheblich entlasten. Diese Tools automatisieren beispielsweise wiederholende Aufgaben wie die Verwaltung von Mitarbeiterdaten, Gehaltsabrechnungen und die Verfolgung von Urlaubsanträgen. Die Vorteile liegen in der Zeit- und Kostenersparnis sowie der Reduzierung von Fehlern durch menschliche Intervention.
Aber: Obwohl Softwarelösungen viele Vorteile bieten, können sie die persönliche Note und das Einfühlungsvermögen, die in HR-Funktionen oft wichtig sind, nicht ersetzen. Digitale Lösungen ergänzen und vereinfachen die HR-Arbeit – sie ersetzen sie aber nicht. Ist die HR-Abteilung stark unterbesetzt, bringt auch die Prozessdigitalisierung nur wenig. Zumal die Implementierung solcher Systeme auch Schulungen für das bestehende Personal erfordert.
2. Mit Home-Office-Angeboten den Kandidatenpool vergrössern
Es gibt einige Bereiche in der Personalarbeit, die problemlos aus dem Home-Office erledigt werden können. Darum sollten Unternehmen Home-Office unbedingt in ihren Stellenausschreibungen anbieten. Diese Option erweitert den Kandidatenpool erheblich: Unternehmen sind nicht mehr auf Mitarbeitende in ihrer Region beschränkt und können stattdessen hochqualifizierte Fachkräfte anderer Städte, Kantone oder Länder erreichen. Diese Flexibilität kann die Rekrutierung von HR-Personal erleichtern. Die Herausforderung dabei: Die Einführung von Home-Office-Optionen erfordert eine starke Vertrauenskultur und die Implementierung geeigneter Technologien für die Zusammenarbeit. Wenn Teams dezentral zusammenarbeiten, müssen die Verantwortlichen einen stärkeren Fokus auf das Mitarbeiterengagement und die Kommunikation legen. Darüber hinaus gibt es rechtliche und steuerliche Aspekte zu beachten – insbesondere, wenn Mitarbeiter in verschiedenen Ländern tätig sind.
3. Mit Interim Management die HR-Arbeit professionalisieren
HR-Interim-Manager sind erfahrene Fachleute, die temporär in HR-Abteilungen eingesetzt werden können, um akute Personalengpässe zu überbrücken oder spezifische Projekte zu leiten. Sie bringen in der Regel viel Fach- und Erfahrungswissen mit – und können in kurzer Zeit für Effizienzsteigerungen sorgen, mittelfristig Strategiemaßnahmen in die Wege leiten und langfristig die Arbeitgeberattraktivität erhöhen. Auf operativer und strategischer Ebene einsetzbar, können sie den Mangel interner HR-Ressourcen überbrücken und gleichzeitig die Kontinuität und Effektivität der HR-Funktion sicherstellen.
Es ist wichtig, dass der HR Interim Manager oder die HR Interim Managerin zum Unternehmen passt. Darum sollten die Verantwortlichen zunächst ein Anforderungsprofil erarbeiten: Geht es um eine projektbezogene Maßnahmenumsetzung in der Belegschaft? Um die mittelfristige Entwicklung eines strategischen Talentmanagements? Um die Einführung neuer HR-Technologie? Oder um die zeitliche Ausfüllung von HR-Führungspositionen, bis eine passende feste Führungskraft gefunden ist? Diese Anforderungen sollten möglichst klar und präzise formuliert sein.
4. Interne Weiterbildungen und Inplacement
Eine weitere Lösung bieten Weiterbildungen, Umschulungen und das Inplacement von Personal aus den eigenen Reihen. Mitarbeitende, deren aktuelle Positionen durch Automatisierung oder andere Veränderungen gefährdet sind, können durch gezielte Schulungen und Weiterbildungen für HR-Rollen qualifiziert werden. Entlassungen sind bei dem leergefegten Arbeitsmarkt ohnehin keine optimale Lösung. Ein Beispiel wäre die Umschulung von Mitarbeitenden aus administrativen Positionen zu HR-Assistenten oder -Koordinatoren. Sie kennen das Unternehmen schon – und benötigen weniger Einarbeitungszeit.
Hier sind die Verantwortlichen in Schweizer Unternehmen gefragt, mehr zu investieren. Laut der Studie «Fachkräftemangel in der Schweiz» der Personalberatung von Rundstedt und HR-Today geben 60 Prozent der HR-Manager an, dass vom Arbeitgeber nach wie vor zu wenig in die Weiterbildung investiert wird.
Fazit: Der Mix macht’s
Um den Fachkräftemangel erfolgreich zu bewältigen, ist eine starke und ausreichend besetzte HR-Abteilung notwendig. Und dafür wiederrum ist ein vielfältiger Ansatz erforderlich. Die vorgestellten Massnahmen bieten verschiedene Möglichkeiten, um dieser Herausforderung zu begegnen. Welche Kombination am besten geeignet ist, hängt von den spezifischen Anforderungen des Unternehmens ab. Eine enge Zusammenarbeit mit HR-Experten kann dabei helfen, um den passenden Mix zu finden, geeignete und innovative Strategien zu entwickeln – und erfolgreich umzusetzen.