Polarforscher in der HR-Abteilung – Bindemittel aller Hierarchiestufen
Wenn das HRM auch verantwortlich ist für die ständige Weiterbildung im gesamten Unternehmen, kann es einen enormen Beitrag leisten für das Aufbrechen von Distanzen durch Hierarchien. Stärken und Schwächen werden dabei wie im Nebeneffekt erkannt. Hier ein erfrischender Erfahrungsbericht des «Head of Human Resources & Education» der Mövenpick Restaurants.
Von links: Sabine Heimburger, Daniel Krigl, Alexandra Huber und Michael Bocklet.
Von der Basis bis zum oberen Management ist der Grossteil der Mitarbeiter mit der Produktion der Kernkompetenz einer Organisation beschäftigt. Viele Human-Resources-Abteilungen funktionieren oft isoliert als reine operative Lohndatenverwalter und werden auch als solche wahrgenommen. Auskünfte über Gesetzestexte und Gehaltsfragen werden vom HRM professionell und zeitnah verarbeitet. Nur bleibt es oft bei dieser Art von Kontakt. Dadurch wird entweder gar nicht oder nur wenig kommuniziert, die Subkulturen werden in Organisationen bestätigt und Spannungsfelder entweder geschaffen oder zumindest nicht abgebaut. Verstärkt wird diese Tendenz noch durch unsere elektronischen Kommunikationsmittel. Das geschriebene Wort kann das gesprochene Wort nicht ersetzen. Im Zeitalter des Controlling und der Controller (HR-Controlling, Finanz-Controlling, Marketing-Controlling, Cost-Controlling) glauben wir, alles schriftlich festhalten zu müssen, denn man muss ja für alles einen Beweis haben.
90 Prozent der Probleme liegen in der Kommunikation
Organisationen scheuen oft keine Kosten, wenn es darum geht, die externe Kommunikation zu managen. Meistens gelingt es auch Fusionen, Übernahmen und Reorganisationen medienwirksam zu kommunizieren. Demgegenüber bleibt die interne Kommunikation meist auf der Strecke und mit ihr das oft gepredigte höchste Gut: die Mitarbeitenden.
Um die interne Kommunikation in dieser Form zu fördern, braucht es ein Management, welches die Problemstellung erkennt und den Stellenwert eines kommunikativen Head of HR, Ausbildungsmanagers, Kommunikationsförderers, Qualitätsmanagers, Marketingmanagers et cetera fördert und in die Geschäftsleitung mit einbindet.
In meiner Position als Head of Human Resources&Education bei den Mövenpick Restaurants trainiere und bilde ich die Linie und die Geschäftsleitung gleichermassen aus. Das ist essenziell, weil ich dadurch als HR das Bindemittel zwischen den Mitarbeitenden und der Geschäftsleitung sein kann.
Die Geschäftleitung liefert den Fachinput für von mir eingeführte Kommunikationsgefässe. Diese werden von mir didaktisch- methodisch strukturiert und moderiert. Über alle Hierarchieebenen sind diese Gefässe miteinender inhaltlich und adressatengerecht vernetzt. So gelingt es, eine Vertrauenskultur aufzubauen. Zudem erreiche ich dadurch eine bessere Personalbindung, was gleichzeitig die Fluktuation sinken lässt. Als Trainer und Moderator der Lern- und Informationsveranstaltungen erhalte ich Zugang zu den Mitarbeitenden. Dadurch kann ich Spannungsfelder frühzeitig identifizieren und abbauen, Stärken, Schwächen und Potenziale erkennen und entsprechend einsetzen. So erhält die Linie einen veritablen Mehrwert und die HR-Abteilung ist nicht nur Lohndatenverarbeiter, sondern Dienstleister und Vertrauensstelle. Um diese vielfältige Aufgabe wahrzunehmen, bin ich auf eine gut funktionierende HR-Abteilung angewiesen, was wiederum nur mit guten HR-Mitarbeitern möglich ist, die selbständiges und verantwortungsvolles Handeln gewohnt sind.
Es geht mir um die Reduzierung der Distanzen zwischen den Managementebenen und der Basis. Hierarchien passen schlecht in mein Modell. Autoritäten werden nicht durch die Position, sondern durch die Kompetenz gefestigt.
Eine 360°-Feedbackkultur, die wirklich gelebt wird
In einer konkreten Situation besteht die Führungscrew aus einem CEO, einem COO, einem CFO und mir als Head of HR & Education und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung. In dieser Position nehme ich auch die Rolle des Medizinmanns ein. In dieser Rolle ist es möglich, der HR-Abteilung, der Geschäftsleitung, den Linienvorgesetzten und der Basis Erkenntnisse und Fremdbilder aus den verschieden Hierarchiestufen zu spiegeln. Somit entsteht eine 360°-Feedbackkultur, welche gelebt wird, und nicht, wie vielerorts, eine, die zwar auf Papier vorhanden ist, dann aber in den Schubladen verschwindet.
Um diese Philosophie umzusetzen, braucht es ein Management mit einem teilhabenden Führungsstil und einer Kultur, welche nicht die Position, sondern die Sache in den Mittelpunkt stellt. Es braucht ein Management, welches sich auch auf einen Trainer der Mitarbeiterstufe einlässt. Viele Manager lassen sich leider nur von Managementtrainern trainieren, die ausschliesslich mit dem Management arbeiten und die Basis nicht spüren. Das Management bleibt isoliert und es entstehen Spannungsfelder.
Das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit ist angeboren
Meine Philosophie lautet, «den Menschen in den Mittelpunkt stellen». Und ich nehme mir «Shackletons Führungskunst oder Was Manager von dem grossen Polarforscher lernen können» als Vorbild.
Auszüge aus «Shackletons Führungskunst»:
- Die Menschen haben immer oberste Priorität.
- Er misst Werte, die heute der Vergangenheit anzugehören scheinen, wie Grosszügigkeit, Vornehmheit und Anstand.
- Seine Werkzeuge waren Humor, Grosszügigkeit, Intelligenz, Stärke, Anteilnahme.
- Er scheute keine Konfrontation
- Er wusste ganz genau, wie wichtig ein gutes Klima an Bord war.
- Er beschrieb seine Pläne und Ziele ganz klar.
- Shackleton führte unkonventionelle Bewerbergespräche, um aussergewöhnlich begabte Menschen zu finden.
- Optimismus ist wahrer moralischer Mut.
- Shackleton schenkte jedem einzelnen Mann die gleiche Aufmerksamkeit.
- Scharen Sie die Unzufriedenen um sich. Widersetzen Sie sich dem Wunsch, Sie zu meiden, und versuchen sie stattdessen, ihre Unterstützung zu gewinnen.
Aus diesen Grundsätzen geht eines hervor: die Aufmerksamkeit. Der Mensch braucht Aufmerksamkeit. Dieses Bedürfnis ist ihm angeboren. Aufmerksamkeit entsteht durch Kommunikation, wodurch sich der Kreis sinnvoll schliesst.