Reibungsloses Outsourcing gibt es nur bei Einhaltung komplexer Vorgaben
Wenn ein Unternehmen das Outsourcing eines Betriebsteils plant, sind nicht nur finanzielle Überlegungen anzustellen. Auch die rechtlichen Folgen für die von der Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmer spielen eine Rolle. Entsprechende Schutzvorschriften zur Milderung von allfälligen negativen Folgen sind gesetzlich geregelt.
Arbeitnehmer sind beim Outsourcing ein ganz wesentlicher Faktor. Sie sind die Know-how-Träger, auf welche der Erwerber angewiesen sein wird, um die bisher erbrachte Leistung weiterhin ohne nennenswerte Unterbrüche anbieten zu können. Die zu übertragenden Mitarbeitenden sind deshalb von der Richtigkeit der Transaktion und des neuen Arbeitgebers zu überzeugen, weil sie auch unter dem neuem Dach den gleichen Service erbringen sollen. Der Arbeitgeber sollte ein ureigenes Interesse daran haben, das Humankapital zu erhalten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, ab Projektbeginn immer eine Arbeitsgruppe HR im Kernteam zu integrieren, welche die konstante Begleitung der Arbeitnehmer und die entsprechende Kommunikation nach innen und aussen sicherstellt.
Es geht nur um eine befristete Heirat
Dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn mit einem Outsourcing gleichzeitig auch der Abbau von Arbeitsplätzen verbunden werden soll, weil dann auch rechtzeitig über mögliche betriebsbedingte Kündigungen, den Abschluss von Aufhebungsverträgen und die Ausarbeitung eines allfälligen Sozialplans nachgedacht werden muss. Eine fehlende Kontrolle kann nicht nur rufschädigend wirken, sondern zum Verlust wichtiger Mitarbeitender und damit letztendlich zum Scheitern des Projekts oder zu einer schlechten Dienstleitung führen. Schliesslich ist zu beachten, dass der Vertrag mit dem neuen Dienstleister lediglich eine befristete Heirat darstellt. Es ist deshalb bereits bei der Übertragung der Mitarbeitenden an die Zukunft zu denken und zu regeln, wie die später den Service erbringenden Mitarbeitenden bei Ablauf des Vertrages wieder zurück (Back-/Insourcing) oder auf einen neuen Dienstleister (Resourcing) weiter übertragen werden können.
Im Wesentlichen ist in diesem Zusammenhang Art. 333 OR von Bedeutung, dessen Bestimmungen auch im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen zur Anwendung kommen (Art. 27, 49 und 76 Fusionsgesetz). Wenn der Arbeitgeber den Betrieb oder einen Betriebsteil auf einen Dritten überträgt, geht das entsprechende Arbeitsverhältnis automatisch mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über, sofern der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnt. Lehnt ein Arbeitnehmer den Übergang rechtzeitig ab, wird das Arbeitsverhältnis auf den Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist aufgelöst. Bis dahin bleiben der Erwerber des Betriebes und der Arbeitnehmer zur Erfüllung des Vertrages verpflichtet. Zu beachten ist, dass sowohl der bisherige Arbeitgeber als auch der Erwerber für Lohn- und andere Forderungen des Arbeitnehmers solidarisch haften, seien sie vor dem Übergang fällig geworden oder danach bis zum Zeitpunkt einer ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Schweiz kennt keinen besonderen Kündigungsschutz für Fälle des Betriebsübergangs. Eine Kündigung unmittelbar vor oder nach der Übertragung ist zulässig. Auch eine Änderungskündigung aus sachlichen Gründen zur Modifizierung der bestehenden Arbeitskonditionen ist zulässig (etwa zur Harmonisierung der Anstellungsbedingungen). Die Bestimmungen zur Massenentlassung bleiben anwendbar (Art. 335d ff. OR). Handelt es sich bei den zu übertragenden Mitarbeitenden um Schlüsselpersonen, ist den Parteien allenfalls zu empfehlen, eine befristete Anstellungsgarantie zu vereinbaren.
Der Arbeitgeber und der Erwerber sind verpflichtet, die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs zu informieren, und zwar über den Grund des Betriebsübergangs sowie über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer. Dies soll sicherstellen, dass die Arbeitnehmer in Kenntnis aller relevanten Umstände ihr Recht zur Ablehnung des Übergangs beurteilen können und genügend Zeit zur Suche einer anderen Stelle haben. Sind mit der Übertragung auch Massnahmen beabsichtigt, welche die Arbeitnehmer direkt betreffen (etwa Kündigungen, Versetzungen, Lohnreduktionen), haben sie auch das Recht, angehört zu werden. Der Arbeitgeber hat sie zu diesem Zweck rechtzeitig vor dem Entscheid über diese Massnahmen zu konsultieren, was jedoch nicht mit einem Mitspracherecht verwechselt werden darf.
Der Besitzstand bleibt gewahrt
Als Betriebsübergang gilt, wenn der Erwerber die Identität der organisatorischen Einheit (u.a. Zweck und Organisation) wahrt und weiterführt. Dies gilt insbesondere, wenn nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch Infrastruktur (beispielsweise Verträge mit Lieferanten) und Betriebsmittel übertragen werden. Welche Arbeitsverhältnisse dabei betroffen sind, ergibt sich aus der Funktion der einzelnen Stelle. Die zu übernehmenden Mitarbeitenden können also nicht frei ausgewählt werden. Vertraglich vereinbarte Mitarbeiterlisten sind somit nicht verbindlich. Um unliebsame Überraschungen nach Vertragsabschluss zu vermeiden, ist es ratsam, im Vorfeld zu prüfen, welche Mitarbeitenden einem betroffenen Betriebsteil zugeordnet werden müssen bzw. als damit verbunden gelten. Das gilt umso mehr, wenn unerwartet Schlüsselpersonen transferiert werden könnten.
Im Zeitpunkt des Betriebsübergangs wird ein Arbeitsverhältnis mit allen Arbeitsbedingungen unmittelbar und unverändert übernommen (Besitzstandswahrung). Wo das nicht möglich ist (wenn etwa der Erwerber keine oder nicht dieselben Fringe Benefits anbietet), hat das neue Leistungspaket gleichwertig bzw. vergleichbar zu sein. Erhalten bleiben insbesondere dienstaltersabhängige Ansprüche (ausstehende AHV-Beiträge, Lohnzahlung bei Krankheit, Kündigungsfristen, Abgangsentschädigung). Die Klärung der Pensionskassenansprüche oder ein allfälliger Systemwechsel muss frühzeitig erfolgen, weil damit verbundene Kosten ein Projekt stark verteuern. Es ist zu prüfen, ob bestimmte Leistungen der beruflichen Vorsorge in den jeweiligen Arbeitsverträgen explizit zugesichert werden. Und soweit ein Gesamtarbeitsvertrag auf das zu übertragende Arbeitsverhältnis anwendbar ist, so muss der Erwerber diesen während maximal eines Jahres einhalten.