Reiche Jagdgründe für aktive Sourcer
Active Sourcing-Experte Wolfgang Brickwedde hilft Unternehmen, ihre Recruiting-Prozesse zu optimieren. Für HR Today beleuchtet er sechs gängige Online-Tools und wagt einen Ausblick in die Zukunft.
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Bei aller Begeisterung für die beiden arrivierten Business-Netzwerke Linkedin und Xing darf nicht vergessen werden, dass es immer noch viele potenziell interessante Kandidaten gibt, die weder auf der einen noch auf der anderen Plattform präsent sind. In beiden Netzwerken trifft man als Active Sourcer in der Regel vor allem auf latent suchende Kandidaten, die aber offen für Alternativen sind, sofern diese sie überzeugen. Jagdglück winkt unternehmenseigenen Talentscouts auch in CV-Datenbanken, beispielsweise bei Experteer oder CVcloud. Dort haben sich Menschen registriert, die sehr offen sind für einen Wechsel. Deshalb ist die Response-Quote bei CV-Datenbanken, im Vergleich zu Xing oder Linkedin, auch um Einiges höher. Doch auch Profil-Suchmaschinen und neuerdings auch Facebook bieten sich den Personalern an. Nachfolgend ein kurzer Überblick:
Xing ist das führende Netzwerk in der deutschsprachigen Schweiz mit über 650 000 Mitgliedern (DACH 8 Mio.) und bietet damit Zugang zu einem relativ hohen Prozentsatz (ca. 20–25 Prozent) der Fach- und Führungskräfte. Damit ist Xing ein Muss für jeden Active Sourcer in der deutschsprachigen Schweiz. Für eine professionelle Nutzung für das Active Sourcing ist der Xing-Talentmanager unverzichtbar, da mit dem Premium Account nur maximal 20 Nichtkontakte im Monat angeschrieben werden können.
LinkedIn ist Xing in der Schweiz hart auf den Fersen. Mit knapp über 600 000 Mitgliedern (DACH 6 Mio., Welt 350 Mio.) bietet LinkedIn insbesondere den international ausgerichteten Schweizer Firmen Zugang zu international orientierten Kandidaten. Mit diesem Hintergrund ist Linkedin ein Muss für Active Sourcer. Für professionelle Nutzer ist zumindest die Recruiter-Lite-Version des Accounts ein notwendiges Arbeitswerkzeug.
Experteer bietet Zugang zu über 5 Mio. wechselbereiten Fach- und Führungskräften. In der Schweiz ist die Plattform auf Positionen ab 120 000 Franken Jahressalär fokussiert. Gegenüber den schon sehr aussagekräftigen Profilen bei Xing und LinkedIn informieren die Profile auf Experteer für Active Sourcer noch fundierter, denn sie machen auch Gehaltswünsche, Zielfirmen, detailliertere Tätigkeits- und Kenntnisprofile sowie das Alter der Kandidaten transparent. Auf Basis der Aktivitäten der Mitglieder wird angezeigt, wie ausgeprägt der aktuelle Wechselwunsch eines Mitglieds ist. Für Active Sourcer «ein gefundenes Fressen». Zumal dies grosses Sparpotenzial bei den externen Recruiting-Kosten birgt.
CVcloud ist eine zu jobs.ch gehörende CV-Datenbank aus der Schweiz für die Schweiz. Diese legt keine Untergrenze für die gesuchte Vergütung zugrunde. Die Profile stammen grösstenteils aus der Schweiz (24 Prozent Ausland). Im Gegensatz zu Experteer setzt CVcloud auf nur ein Sucheingabefeld. Dieses funktioniert im Prinzip wie bei Google. Wenn das Profil eines Mitglieds drei Monate lang in der Datenbank verbracht hat und selbst nach Aufforderung nicht mehr aktualisiert wird, wird es gelöscht. Damit soll es keine «Kartei- bzw. Profilleichen» geben. Manchmal kann es jedoch auch erfolgversprechend sein, Mitglieder anzusprechen, die ein halbes Jahr bei einem neuen Arbeitgeber sind und bei der Entscheidung, ob sie bleiben sollen, noch offen sind für eine Alternative.
TalentBin gehört in die Kategorie der Profil-Suchmaschinen und ist im Moment auf den IT-Bereich beschränkt, kann aber grundsätzlich aus öffentlich verfügbaren Daten, die auf Netzwerken oder Communities basieren, Profile der auf eine Vakanz passenden Kandidaten zusammenstellen. Profil-Suchmaschinen können einem Active Sourcer generell viel Arbeit abnehmen, namentlich das Finden von Kandidaten.
Silp ist eine Facebook-App, die basierend auf Facebook-Daten passende Jobangebote machen soll. Es soll der Talentpool angezapft werden, den Facebook dank seiner hohen Mitgliederzahl und der Macht des Freundes-Freundes-Netzwerks potenziell zur Verfügung stellt. Recruiter melden sich über ihre Facebook-Benutzerdaten an und können anschliessend über die zentrale Suchfunktion nach Personen in ihrem Netzwerk recherchieren, deren Profilangaben bestimmte Kriterien erfüllen. Die App liest jedoch neben den eigenen Profilinformationen auch die der Freunde aus und möchte dauerhaft Zugriff auf die Daten erhalten nicht nur berufsspezifische. Für Active Sourcer gilt bei Facebook-Profilen das grundsätzliche Problem, dass diese als privat angesehen werden und daher die beruflich relevanten Daten nicht in dem Masse gepflegt werden, wie es von Active Sourcern gewünscht und für die Arbeit notwendig ist.
War das Recruiting 1.0 (Post & Pray) durch das Schalten von Anzeigen (Print- oder Online) und das Hoffen auf Bewerbungen gekennzeichnet, geht das Recruiting 2.0 (Active Sourcing) mit der proaktiven Suche und Ansprache von Kandidaten in sozialen Netzwerken und Suchmaschinen schon einen Schritt weiter. Inzwischen bewegen wir uns aber bereits zum Recruiting 3.0 (Matching & Persuading) hin. Im neusten Update (3.0) sind noch mehr Profile und Stellenangebote im Netz verfügbar, sowohl in Business-Netzwerken als auch in Jobsuchmaschinen. Kandidaten zu finden wird nochmals deutlich einfacher, denn das Matching wird erfolgreich über Profil-Suchmaschinen (People-Aggregatoren) durchgeführt.
Die Herausforderung besteht zukünftig eher darin, die Kandidaten überhaupt für alternative Angebote zu begeistern. Dies wird auch das Profil des Active Sourcers weiter beeinflussen und spannend gestalten.