«Schlechtgelaunten Mitarbeitern fehlt oft Anerkennung»
Im Buch «Positive Psychologie im Beruf» zeigen die Herausgeber und Autoren, wie Menschen in Organisationen anhand der Instrumente und Erkenntnisse der Positiven Psychologie die Zusammenarbeit verändern, positive Emotionen wecken, Engagement und Motivation fördern und soziale Beziehungen in Teams aufbauen können. Ziel ist, die Lebensqualität der Mitarbeiter sowie den Unternehmensertrag zu steigern. Die Herausgeber Thomas Johann und Tobias Möller sagen, wie das geht.
Thomas Johann (links) und Tobias Möller sind die Herausgeber des Buches «Positive Psychologie im Beruf». (Fotomontage: jobindex media ag)
Was ist Positive Psychologie?
Thomas Johann und Tobias Möller: Die Positive Psychologie ist eine sehr junge Forschungsrichtung. Sie wurde 1998 von Prof. Martin E. P. Seligman ins Leben gerufen, nachdem sich die Psychologie in Forschung und Praxis in den Jahrzehnten davor mit Erkrankungen auseinander gesetzt hat. Nun wird zum Beispiel untersucht, was Menschen glücklich macht, wie Zufriedenheit entsteht und wann Menschen innerlich motiviert sind, weil sie einer Tätigkeit gerne nachgehen.
Seit 2003 werden das Wissen und die Methoden der Positiven Psychologie auch auf Organisationen übertragen mit dem Ziel der Schaffung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile für Unternehmen. Ebenfalls sollen mit der Positiven Psychologie Arbeitsplätze in Unternehmen für aktuelle und zukünftige Mitarbeiter attraktiv gemacht werden, um die Besten zu erreichen und langfristig zu binden. Untersuchungen zeigen, dass gute Arbeitsplätze heutzutage gerade nicht mehr eine lebenslange Beschäftigung garantieren müssen. Vielmehr sollen sie Möglichkeiten, Ressourcen und Flexibilität eröffnen, damit Mitarbeiter sich weiterentwickeln, lernen und wachsen können. Und nur wer sich auch im psychologischen Sinne weiterentwickelt, kann auf Zufriedenheit und Wohlbefinden sowie Karriereschritte hoffen. Durch ein wissenschaftliches Fundament und umfangreiche praktische Umsetzungserfahrung wurde die Wirksamkeit unseres Ansatzes bestätigt.
Was bewirkt positive Psychologie?
Die Forschungsergebnisse können wir dafür nutzen, um unser eigenes Glücksempfinden zu beeinflussen. Vermehrt werden die Erkenntnisse auch von Unternehmen angewendet, um das Glücksempfinden der Mitarbeiter zu erhöhen und von den daraus resultierenden Vorteilen zu profitieren. Ein als bedrohlich und belastend wahrgenommenes Arbeitsumfeld löst im Körper des Betroffenen automatisch eine erhöhte Ausschüttung von Cortisol aus, was die Aufmerksamkeit sowie die Denk- und Gedächtnisleistung stark hemmt. Positive Erlebnisse und Arbeitsumfelder stärken das Ich-Gefühl und eine grosse Zahl an Gehirnfunktionen wie Gedächtnis und Lernvermögen. Insbesondere drei Hormone sind für das Glücksempfinden verantwortlich: Dopamin, Opioide und Oxytozin. Der Mensch ist kein «homo oeconomicus», sondern vielmehr ein soziales Wesen.
Zur Person
Dr. Thomas Johann, Dipl.-Kaufmann mit der Spezialisierung auf Organisation, Personal und Unternehmensentwicklung, Dienstleistungsmanagement sowie Arbeits- und Organisationspsychologie, ist Unternehmensberater und hat diverse Lehraufträge an international renommierten Hochschulen.
Dipl.-Psych. Tobias Möller, Betriebswirt und Psychologe, ist Prozessberater, begleitet Profit- und Non-Profit-Organisationen als psychologischer Organisationsberater und ist Hochschuldozent.
Johann, Thomas; Möller, Tobias (Hrsg.): Positive Psychologie im Beruf. Freude an der Leistung entwickeln, fördern und umsetzen. Springer Gabler Verlag 2013.
Wie werden Mitarbeiter glücklich und motiviert?
Wenn ein Mitarbeiter sich für eine Stelle in einer Organisation bewirbt, ist er meistens hoch motiviert und wenn er sie bekommt auch noch glücklich. Interessant ist, dass erst im Verlauf der Zeit sich daran einiges ändert. Die Positive Psychologie lenkt dabei den Blick auf die Stärken und Fähigkeiten eines Mitarbeiters. Wird dieser gemäss seiner Interessen und Fähigkeiten eingesetzt und darauf geachtet, dass hierbei keine Über- oder Unterforderung entsteht, dann kann das bekannte Flow-Gefühl entstehen, welches zu Glücksempfindungen führen kann. Ein wichtiger Faktor ist auch, dass der Mitarbeiter in seiner Arbeit einen Sinn sieht.
Wie sorgen Vorgesetzte für gute Stimmung im Team?
Für Vorgesetzte ist wichtig dafür zu sorgen, dass jeder Mitarbeiter im Team gemäss seiner Fähigkeiten und Interessen eingesetzt ist, jeder weiss, welchen positiven Beitrag er zum Gelingen der Ziele beiträgt und in Konflikten die Chancen für Weiterentwicklung sieht. In jeder Situation also den Blick auf das Positive lenkt.
Wie geht man als Führungskraft mit stets schlechtgelaunten Menschen um?
Den meisten schlecht gelaunten Menschen fehlt schlicht Wertschätzung und Anerkennung für ihre Leistung. Langfristig sollte diese Wertschätzung aber auch von «innen» kommen, durch die Freude an der Arbeit selbst. Das gelingt nur, wenn Mitarbeiter gemäss ihrer Interessen und Fähigkeiten eingesetzt werden. Schlechte Laune entsteht auch, wenn Erwartungen des Mitarbeiters nicht erfüllt werden. Führungskräfte können beginnen, diese Erwartungen herauszufinden und mit dem Blick auf die persönlichen Stärken des Mitarbeiters gegebenenfalls neue Herausforderungen für diesen zu finden.
Der Unternehmensgewinn hängt massgeblich von motivierten Mitarbeitern ab, trotzdem scheinen sich viele Vorgesetzte nicht um das Wohl ihrer Mitarbeitenden zu kümmern. Warum ist das so?
Die Gründe dafür sind vielfältig. Einige Hauptgründe treten oft zutage:
- Viele Führungskräfte merken überhaupt nicht, wenn ihre Mitarbeiter sich nicht wohl fühlen. Das liegt oft daran, dass sie dies umgehend als Kritik an ihrer Führung verstehen würden und um diese Kritik nicht hören zu müssen, schauen sie lieber ganz weg. Es setzt also eine gewisse Fähigkeit zur Selbstreflektion voraus, sich mit Unwohlsein bei anderen Menschen zu beschäftigen, ohne dies sofort persönlich zu nehmen.
- Sich um das Wohl der Mitarbeiter zu kümmern bedeutet auch ein gewisses Mass an Macht und Kontrolle abzugeben. Es bedeutet eben wirklich die Bedürfnisse des Mitarbeiters in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die eigenen. Das setzt eine persönliche Reife und Reflektion der Führungskraft voraus.
- Die Zeit und die Kosten, die für das Wohlergehen von Mitarbeitern aufgewendet werden, sind sofort messbar. Der Nutzen und die Wirkung, die das Wohlergehen haben wird, ist zwar vielfach erlebt und nachvollziehbar, jedoch nicht wirklich direkt messbar. Wenn ich also «sicher bezahle», um «eventuell etwas zu bekommen», dann werden viele Führungskräfte zögern dies zu tun.