So finden Sie Spezialfachleute: 7 Schritte
Werden Fachkräfte mit spezialisierten Wissen gesucht, kommen Unternehmen mit Stellenanzeigen allein meist nicht weit: Vielfach sind diese Spezialtalente nicht nur rar, sondern bereits zufrieden angestellt. Entsprechend überzeugend muss die Personalsuche gestaltet werden.
Bei Arbeitskräften mit speziellem Wissen und Können muss Überzeugungsarbeit geleistet werden. (Bild: iStock)
Ein Touristik-Unternehmen sucht Controller mit Erfahrung in der Touristikbranche. Ein Maschinenbauer sucht Ingenieure, die sich mit «Embedded Systems» auskennen. Eine Versicherung oder Bank sucht eine Buchhaltung, die auch Erfahrung mit internationalen Konzernabschlüssen hat.
Immer wieder suchen Unternehmen hochqualifizierte Spezialarbeitskräfte mit einem ganz speziellen Fachwissen. Solche Personen mit Expertise sind meist rar. Deshalb versagen in solchen Situationen oft die klassischen Wege der Personalsuche, wie das Schalten von Stellenanzeigen – auch weil von den ohnehin raren Spezialisten oft nur wenige aktiv auf Stellensuche sind. Entsprechend professionell müssen die Unternehmen den Personalsuche-Prozess gestalten. Hier einige Tipps.
Schritt 1: Anforderungen klar definieren
Ein detailliertes Anforderungsprofil für die gesuchten Spezialisierten existiert in den Unternehmen oft nicht – vor allem, weil die Personalabteilung, welche Sachkundige sucht, und die Fachabteilung, die sie benötigt, häufig zu wenig miteinander kommunizieren. Leider! Denn die Personalabteilung weiss meist nicht, welche Fähigkeiten der oder die Neue im Job genau braucht. Und die Fachabteilung? Sie erachtet das, was die bisherige Stelleninhaberin tat, oft als ganz selbstverständlich. Also artikuliert sie die Anforderungen nicht.
Deshalb sollten Unternehmen, die rare Experten suchen, sich zunächst fragen: Was macht die gesuchte Spezialistin im Unternehmen genau? Mit wem muss sie kooperieren? Über welche fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften sollte sie verfügen? Scheinbar ganz banale Punkte. Doch genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich Unternehmen vorschnell mit Worthülsen zufrieden statt zum Beispiel nachzufragen: Was bedeutet es konkret, dass der neue Controller «unternehmerisch denken» soll? Soll er die Geschäftsprozesse im Unternehmen verstehen? Sollen von ihm auch Veränderungsimpulse ausgehen? Soll er bei seiner Arbeit auch die Marktentwicklung und die künftigen technischen Möglichkeiten im Blick haben?
Schritt 2: Anforderungen gewichten
Sind die Anforderungen definiert, gilt es, diese zu gewichten. Denn oft ist es bei der Suche von hochqualifizierten Spezialisierten eher unwahrscheinlich, dass das Unternehmen seinen Traumkandidaten oder Traumkandidatin findet. Also muss es Abstriche machen und sich zum Beispiel fragen: Ist es wirklich unabdingbar, dass der neue Buchhalter sich mit den «International Financial Reporting Standards» auskennt, oder können wir ihm das nötige Wissen auch vermitteln?
Schritt 3: ein verlockendes Angebot schnüren
Sind die Anforderungen klar, sollte das Unternehmen sich fragen: Was können wir den Wunschkandidierenden eigentlich bieten? Ob sie 2000 oder 3000 Franken mehr oder weniger pro Jahr verdienen, das ist den meisten Top-Leuten egal. Sie nehmen hierfür zumindest keinen Ortswechsel in Kauf. Bliebe die Aussicht auf eine gehobene Führungsposition? Eine solche Stelle können und wollen die Unternehmen den Talenten aber meist nicht offerieren. Denn diese sind ja gerade wegen ihres Spezialwissens für sie interessant.
Womit also die Spezialtalente ködern? Oft reizen Experten die fachlichen Entwicklungsperspektiven, die ihnen eine Stelle bietet. Ein weiterer Trumpf können die Ressourcen sein, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Auch die Art, wie Aufgaben in einem Unternehmen erledigt werden, kann ein Pluspunkt sein. Schon manch eine Fachperson wechselte ihre Stelle, weil sie zum Beispiel das permanente «Trouble-Shooting» bei seinem bisherigen Arbeitgeber leid war.
Ebenfalls ein Trumpf kann der Zugang zu fachlicher Weiterbildung sein. Er ist gerade für Talente, deren Fachwissen schnell veraltet, oft ein Wechselmotiv. Denn sie plagt (zu Recht) latent die Angst: Wenn ich mich fachlich nicht weiterbilde, sinkt mein Marktwert kontinuierlich. Und keinesfalls sollten Unternehmen die Bedeutung der weichen Standortfaktoren unterschätzen. Oft ist ein Entscheidungskriterium auch: Welches Schul- und Freizeitangebot bietet mir/uns der neue Wohnort?
Schritt 4: Firmen mit möglichen Talenten ermitteln
Sind das Anforderungsprofil und das Angebot formuliert, beginnt das eigentliche Recruiting. In Einzelfällen kann hierbei das Durchforsten von Online-Portalen wie Xing und LinkedIn hilfreich sein. Gerade bei hochqualifizierten Spezialisten kommt man aber so meist nicht weit – vor allem, weil sich die wirklich guten Talente in den Unternehmen dort kaum präsentieren.
Also bleibt den Unternehmen oft nichts anderes übrig, als Firmen zu ermitteln, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidierende für die vakante Stelle arbeiten – um diese abzuwerben. Hierbei benötigen sie in der Regel Unterstützung. Denn ihren Mitarbeitenden fallen als Antwort auf die Frage, in welchen Firmen Spezialisten mit dem gesuchten Profil arbeiten könnten, meist nur die unmittelbare Konkurrenz und die Branchen-Giganten ein. Nur selten sind auf ihrem Monitor die Nischenanbieter in ihrer Branche; des Weiteren die Unternehmen ausserhalb ihrer Branche, in denen Spezialisten mit einem ähnlichen Profil arbeiten. Genau dort findet man aber meist die wirklich heissen Kandidierenden.
Schritt 5: die Talente kontaktieren
Sind die Zielfirmen definiert, gilt es, die Namen der Personen zu ermitteln, die in ihnen die betreffende Funktion innehaben. Diese Aufgabe übertragen Unternehmen oft Personalberatern – unter anderem weil diese meist über Netzwerke verfügen, die das Ermitteln der Namen erleichtern. Sind diese bekannt, gilt es die Kandidaten zu kontaktieren. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Spezial-Know-how. Denn den Kandidaten, die eigentlich einen guten Job haben, muss die vakante Stelle in der Regel zunächst schmackhaft gemacht werden, damit sie einen Stellenwechsel überhaupt erwägen. Dies gelingt nur Personen, bei denen die kontaktierten Kandidaten das Gefühl haben: Mein Gesprächspartner kennt mein Tätigkeitsfeld und kann den Wert meines Know-hows einschätzen.
Schritt 6: die eingeladenen Top-Kandidaten überzeugen
Sind die möglicherweise wechselwilligen Kandidaten identifiziert, beginnt ein reguläres Personalauswahlverfahren. Dabei sollte jedoch allen klar sein: Das Unternehmen wirbt um eine begehrte Top-Kraft, die mehrere bis sehr viele Optionen hat. Entsprechend sollte der Kandidat umworben werden, um ihm die gewünschte Wertschätzung zu signalisieren. Dazu zählt auch, dass zum Beispiel beim Vorstellungsgespräch ein Experte aus der betreffenden Fachabteilung anwesend ist. Denn gerade die absoluten Top-Kandidaten wollen, bevor sie sich entscheiden, sicher wissen: Finde ich in dem Unternehmen (auch personell) ein hoch-professionelles Milieu vor, das mir ideale Entfaltungsmöglichkeiten bietet? Zudem haben sie meist konkrete fachliche Fragen, und auf diese wollen sie eine Antwort haben – unter anderem, um einschätzen zu können: In welchem (technischen) Umfeld würde ich künftig arbeiten? Und: Vor welchen konkreten Herausforderungen würde ich im Arbeitsalltag stehen? Sofern möglich sollte deshalb auch der bisherige Stelleninhaber in das Auswahlverfahren einbezogen werden – zumal er meist am besten einschätzen kann, welcher Kandidat am ehesten über die erforderliche Kompetenz verfügt.
Schritt 7: den Neuen einführen
Ist der gesuchte Spezialist gefunden, atmen die Verantwortlichen in den Unternehmen meist erleichtert auf und kehren zur Alltagsarbeit zurück. Das heisst: Sie bereiten sich auf die Ankunft des Neuen nicht vor und überlegen sich frühestens am Vorabend, bevor dieser erscheint: Wie wollen wir ihn empfangen?
Die Folge: Der Spezialist, in dessen Suche das Unternehmen so viel Mühe investierte, fragt sich schon am ersten Tag: Wo bin ich hier gelandet? War meine Entscheidung richtig? Nicht nur aufgrund der Art, wie er empfangen wurde, sondern auch, weil keine systematische Einarbeitung und Einführung erfolgt. Der Neue soll vielmehr vom ersten Tag an so funktionieren, als arbeite er schon immer für das Unternehmen – was er selbstverständlich nicht kann, weil ihm noch viele Infos fehlen. Entsprechend ernüchtert und häufig sogar frustriert sind die Neuen oft schon nach wenigen Arbeitstagen.
Entsprechend gross ist die Gefahr, dass sich die Wege des Spezialisten und des Unternehmens nach der Probezeit wieder trennen. Mit der Konsequenz: Die zeit- und kostenintensive Suche nach einem Spezialisten mit dem gewünschten Profil beginnt von vorne. Und die Aufgaben, die er erledigen sollte? Sie bleiben oft weiterhin liegen.