Umfrage Talent Management

Standortbestimmung: 
Praktiziertes Talent Management

HR Today Special wollte wissen, in welchem Ausmass und mit welcher Strategie HR-Abteilungen diverser Unternehmen gezielt Talentförderung betreiben. Hier die Antworten von sieben HR-Chefinnen und -Chefs der Stichproben-Umfrage, zusammengestellt von Katrin Piazza.

Frage 1: Wie berechnen und wie decken Sie den zukünftigen personellen Bedarf der Organisation?

Frage 2: Kennt Ihre Organisation spezifische Talent-Management-Massnahmen? Wenn ja, welche?

Frage 3: Kommen auch Nicht-Führungskräfte in den Genuss von Talent-Management-Programmen?

Frage 4: Unternimmt das Unternehmen 
spezielle Anstrengungen zur 
Förderung weiblicher Nachwuchskräfte? Wenn ja, welche?

Frage 5: Wird im Unternehmen eindeutig definiert, was unter Talent zu verstehen ist?

Frage 6: Welche Kommunikationsmittel 
stehen zur Verfügung, um über die Talent-Management-Massnahmen zu berichten?

Ralph Weller, Kuoni Schweiz

  1. Den künftigen Bedarf an Führungskräften exakt zu berechnen, ist in unserer Branche schwierig. Sehr schnell können sich die Rahmenbedingungen in der Reisebranche ändern. Wir 
eruieren den Bedarf aufgrund von Erfahrungszahlen der Vergangenheit und der Erfahrung unserer Senior Manager und 
erstellen ein Succession Planning. Unseren Bedarf an Nachwuchsführungskräften decken wir vor allem auf dem internen und zum kleineren Teil auf dem externen Stellenmarkt.
  2. Ja, wir führen aufgrund der Mitarbeiterperformance Potenzialeinschätzungen durch und haben Instrumente zur Potenzialbeurteilung. Weiter erstellen wir individuelle Laufbahn- und Karriereplanungen und führen einen Talent Pool. Mitarbei
tende aus diesem Talent Pool werden durch interne Trainings auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet.
  3. Ja, der grösste Teil unserer Talente sind keine Führungskräfte.
  4. Kuoni Reisen beschäftigt rund 75 Prozent Mitarbeiterinnen. Unsere Basis für alle unsere Programme ist die Mitarbeiterperformance.
  5. Wir unterscheiden zwischen drei Laufbahnvarianten: 
Führungslaufbahn, Spezialistenlaufbahn oder Projektlaufbahn. Für alle drei Modelle sind die entsprechenden Definitionen vorhanden.
  6. Als Kommunikationsmittel nutzen wir hauptsächlich das 
Intranet.

Thomas Waldmeier, SRG SSR idée suisse

  1. Die Berechnung des Bedarfs basiert auf der Strategie und Mittelfristplanung sowie auf Kennzahlen aus dem internen Personalcontrollingsystem (Altersstruktur, Fluktuation). Etwa 60 Prozent des Kaderbedarfs decken wir mit internen Personen.
  2. Seit 2007 gibt es ein Management-Development-Programm für mittlere Kader mit
hohem Entwicklungspotenzial. Die Teilnehmenden werden durch die Linie nach einem vorgegebenen Prozess identifiziert. Nach einem Entwicklungsassessment erstellen alle Teilnehmenden ihren persönlichen Entwicklungsplan für die nächsten zwei Jahre.
  3. Bisher nicht.
  4. Bei der Identifikation der Kader für das 
MD-Programm haben wir ein besonderes 
Augenmerk auf Frauen mit hohem 
Entwicklungspotenzial gelegt. 30 Prozent der Teilnehmenden sind Frauen.
  5. Ja, der Begriff «Potenzial» ist klar definiert. Bei der Potenzialeinschätzung wird ein 
einheitliches Instrument (Fragebogen für Vorgesetzte) verwendet.
  6. Für die Teilnehmenden am Management- 
Development-Programm steht eine 
passwortgeschützte Intranet-Plattform zur Verfügung.

Susanne Berger, Unilever Schweiz GmbH

  1. Im Rahmen der Budgetplanung fürs kommende Geschäftsjahr legt jede Abteilung ihren Personalbedarf zur Genehmigung vor. Diesen 
versuchen wir weitgehend «von innen» oder durch Rekrutierung 
von Hochschulabsolventen zu decken. Etwa ein Drittel des externen Bedarfs decken wir mit erfahrenen Fach- beziehungsweise Führungskräften.
  2. Unilever offeriert ein attraktives Trainee-Programm für Hochschulabsolventen als Einstieg in eine internationale Managerkarriere. 
Daneben werden wir dieses Jahr noch ein spezifisches Programm («STEP») für unsere Mitarbeiter mit Fachhochschul- beziehungsweise Fachdiplomausbildung lancieren, das diesen ebenfalls den Einstieg 
in eine Managerlaufbahn ermöglichen soll.
  3. Wir bieten ein breites Spektrum von Karrierewegen für Führungskräfte und Spezialisten. Wir unterscheiden bei Entwicklungsprogrammen daher nicht nach Mitarbeitern, die führen und solchen, 
die keine Führungsverantwortung tragen.
  4. Bei Unilever Schweiz sind derzeit über 30 Prozent Frauen in der 
Geschäftsleitung und sogar über 40 Prozent in der zweiten Managementebene. Dabei profitieren unsere weiblichen Führungskräfte von so unterschiedlichen Angeboten wie Kinderkrippenzuschuss, Teilzeit oder Jobsharing.
  5. Grundsätzlich versuchen wir, jeden Mitarbeiter als «Talent» wahrzunehmen. Allerdings analysieren wir im Rahmen eines Leistungs- 
und Potenzialbeurteilungsprozesses sehr sorgfältig, wer seine Ziele erreicht oder gar übertroffen hat und wie sich das gezeigte Verhalten im Vergleich zu unseren globalen Führungskernwerten darstellt. Durch diesen Prozess identifizieren wir diejenigen Mitarbeiter, die wir durch besondere Massnahmen wie beispielsweise Auslandeinsatz, Projektarbeit oder externe Weiterbildung gezielt fördern wollen.
  6. Unsere Mitarbeiter haben übers Intranet auf alle HR-Programme 
Zugriff. Bei spezifischen Anfragen steht der HR Business Partner 
als Berater zur Verfügung.

Hartmut Kretschmer, Cilag International

  1. Einerseits berechnen wir den Mitarbeiterbedarf jährlich im Rahmen 
unserer ordentlichen Budgetplanung. Andererseits verfügen wir natürlich auch über eine mehrjährige, strategische Planung. Der Bedarf wird 
durch interne Weiterentwicklung und Schulung, durch Rotation innerhalb 
der Konzerngesellschaften von Johnson&Johnson und natürlich durch 
externe Rekrutierung abgedeckt.
  2. Wir verfügen über einen gezielten Nachfolge- und Talententwicklungsprozess, der, basierend auf dem individuellen Leistungsbeurteilungsgespräch des Mitarbeitenden, dessen persönlichen Entwicklungsplan 
mit den Bedürfnissen des Unternehmens verbindet.
  3. Johnson&Johnson verfügt über verschiedene Leadership-Development-
Programme für Nichtführungskräfte. So können beispielsweise besonders 
talentierte Mitarbeitende mit höchstens zwei Jahren Berufserfahrung 
in Bereichen wie Information Technology, Finanzen, Produktion oder 
Engineering  ein  Trainee-Programm absolvieren, bei dem sie in drei verschiedenen Funktionen in  zwei verschiedenen Ländern tätig sind.
  4. Es ist das erklärte Ziel des Unternehmens, dass Frauen und Männer auf 
allen Funktionsstufen ausgewogen vertreten sind. Im Rahmen unserer 
Diversity-Initiative laufen derzeit Pilotprojekte, bei denen es darum geht, 
die Höhe der Männer- und Frauenanteile (stufenweise) zu definieren und 
entsprechende Massnahmen zur Zielerreichung auszuarbeiten. Darüber 
hinaus bieten wir beispielsweise auch Mentoringprogramme für potenzielle weibliche Nachwuchskräfte an.
  5. Die entsprechenden Kriterien sind in unserem Nachfolge- und Talententwicklungsprozess definiert.
  6. Wir nutzen verschiedenste Kommunikationskanäle wie beispielsweise 
Mitarbeiterzeitschrift, E-Mail, Intranet und Mitarbeiter-Info-Sessions. 
Zusätzlich finden auch regelmässige, interne Review Meetings mit dem 
höheren Management statt.

Gabriele Schmid-Riedo, Segment Energie Schweiz, Aare-Tessin AG für Elektrizität (Atel)

  1. Im Rahmen des jährlichen Beurteilungsprozesses wird aufgrund der definierten Weiterbildungsmassnahmen dieses Thema angesprochen und individuelle Massnahmen werden vereinbart. Potenzielle Kandidaten für das Förderungsprogramm, career@atel, werden für ein Assessment nominiert. Die Vorgesetzten der 1. und 2. Hierarchiestufe bezeichnen Key People ebenfalls einmal jährlich, diese werden der Geschäftsleitung gemeldet, und Massnahmen zusammen mit den HR Business Partnern besprochen und initialisiert.
  2. Für Hochschulabsolventen wird dieses Jahr das erste Mal ein Graduates-Programm angeboten, für Mitarbeitende career@atel, ein Programm, dass potenzielle Fach- und Führungskräfte fordert und fördert. Dieses Programm wird konzernweit angeboten, hier wird auf eine möglichst ausgewogene Mischung Frauen/Männer Wert gelegt.
  3. Ja. Fach- und Führungskräfte bestreiten die gleichen Inhalte, für die Führungskräfte wird nochmals ein siebentägiges Seminar speziell zur Führung eingeschoben. Dauer für Fachkräfte: 17 Tage; Dauer für Führungskräfte: 25 Tage. Neue Führungskräfte werden in einem Drei-Tages-Seminar in ihre Aufgabe als Führungspersonen einführt (gilt auch für Fachführungskräfte).
  4. Nein, sie werden im Rahmen der oben erwähnten Programme gleichberechtigt gefördert.
  5. Ja, wir sprechen von Potentials.
  6. Während der Management-Konferenz (1. und 2. Führungsebene anwesend) werden die im career@atel erarbeiteten Projekte (Linienprojekte) präsentiert, in der Hauszeitung wird über Teilnehmende berichtet, die Programme sind auf dem Intranet ersichtlich. Für Personen, die als Potentials identifiziert wurden, gibt es individuelle Laufbahnpläne, die jährlich besprochen und bei Bedarf angepasst werden.

Peter Moser, Leica Geosystems AG

  1. Grundlage ist eine fortlaufende bereichsbezogene Personalbedarfsplanung, regional und unternehmensweit. Im laufenden Geschäftsjahr erfolgt der 
periodische Abgleich mit der ursprünglichen Planung, wobei nicht nur der Personalbedarf konkretisiert wird, sondern auch die Realisierungsmassnahmen festgelegt und umgesetzt werden. Der Personalbedarf wird dann i
nnerhalb der Firma sowie durch Rekrutierung von aussen realisiert. Für 
Führungspositionen gibt es die Zielsetzung, diese zu zwei Dritteln aus den eigenen Reihen zu füllen.  
  2. Wir haben unser Performance Management, das an alle Mitarbeitenden adressiert ist. Im Rahmen dieser jährlichen Leistungsbewertung werden auch die Förder- und Entwicklungsmassnahmen besprochen und verbindlich vereinbart. Es obliegt dann den Führungskräften zusammen mit den 
Mitarbeitenden, diese Massnahmen auch zu realisieren. Dabei werden 
sie von den zuständigen Personalleitern und unserer Personalentwicklung tatkräftig unterstützt.
  3. Wie gesagt: Das Performance Management gilt für alle Mitarbeitenden. 
Zurzeit arbeiten wir an der Entwicklung eines speziellen Talentprogramms im Rahmen der Personalentwicklung und Nachfolgeplanung. Dieses Programm wird Nicht-Führungskräften offenstehen.
  4. Wir haben keine spezifischen Massnahmen, die ausschliesslich auf unsere weibliche Mitarbeiterschaft oder unsere weiblichen Nachwuchskräfte 
ausgerichtet sind. Allerdings bieten wir mit unserer Vertrauensarbeitszeit ohne Blockzeiten, mit Teilzeitarbeitsmodellen und mit unserer mitfinanzierten Kinderkrippe bestmögliche Rahmenbedingungen, um Familie und 
Beruf zu vereinbaren.
  5. Wir haben hier keine eindeutige Definition. Vielmehr wissen wir, dass mit «Talents» Mitarbeitende gemeint sind, die einerseits sehr gute Arbeitsleistungen erbringen und andererseits über ein hohes Entwicklungspotenzial verfügen. Es liegt auf der Hand, dass diese Mitarbeitergruppe wesentlich zum künftigen Erfolg der Unternehmung beitragen wird und deshalb spezielle Aufmerksamkeit verdient.
  6. Bei uns läuft der Hauptteil der Topdown-Kommunikation über das Intranet. Hier finden die Mitarbeitenden Informationen über unser Performance-Management, aber auch aktuelle Trainingsangebote.

Erich Kaser, Schweizerische Mobiliar

  1. Die Mobiliar leitet den zukünftigen personellen Bedarf jeweils aus der Strategie, den Initiativen des Managements sowie aus dem Chancen- und Risikomanagement ab. Basis dazu bilden die Mehrjahresplanung und die grösseren Projekte. Im Personalentwicklungsprozess klären wir die zukünftig erforderlichen Fähigkeiten der Mitarbeitenden ab.
  2. Einerseits der Personalentwicklungsprozess: Damit steuert die Mobiliar die individuelle, zielgerichtete Entwicklung der Mitarbeitenden. Andererseits die verschiedenen Entwicklungsprogramme. In den Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitenden (Management by Objectives) nehmen wir persönliche Entwicklungsziele auf.
  3. Die Entwicklungswege stehen allen Mitarbeitenden offen. Die Führungs-, die Fach- und die Projektlaufbahn sind gleichwertig.
  4. Nein, Mann und Frau werden bei der Förderung gleich behandelt. Dennoch sind wir bestrebt, mit guten 
Rahmenbedingungen wie flexiblen Arbeitszeiten, Kindertagesstätte, Telearbeit u.a.m. den Anteil von talentierten weiblichen Nachwuchskräften und von Wiedereinsteigerinnen zu erhöhen.
  5. Wir sprechen nicht von Talenten, sondern von Leistungs- und Potenzialträgern. Die Kriterien für die Einschätzung der Leistung und des Potenzials sind unternehmensweit definiert, die entsprechenden Instrumente werden durch das HRM zur Verfügung gestellt.
  6. Die Mobiliar kennt grundsätzlich volle Transparenz. Alle Entwicklungsprogramme sind im Ausbildungsprogramm online und offline ausgeschrieben. Daneben ist die 
Kommunikation über die Linie ein wichtiges Mittel.
Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Weitere Artikel von Katrin Piazza