Organisationsentwicklung

Teams zu Hochleistung 
motivieren

2008 nahm alles seinen Anfang: PostMail, der Bereich für Briefe, Zeitungen und Werbesendungen der Schweizerischen Post, setzte sich ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollte sich zur Hochleistungs­organisation entwickeln und dabei konsequent auf Hochleistungs-Teamarbeit setzen. HR Today hat im Mai 2010 über den Start des Projektes berichtet. Zeit für einen Zwischenbericht.

Ein Hochleistungsteam ist bei PostMail ein Team, das einen klaren Zweck hat und gemeinsame Ziele verfolgt. Jeder im Team setzt sich engagiert und motiviert für den gemeinsamen Erfolg ein. Alle Teammitglieder haben gemeinsam definiert, wie sie zusammenarbeiten wollen. Das gelingt am besten, wenn sich die Kompetenzen der einzelnen Teammitglieder optimal ergänzen, offen kommuniziert wird und eine gute Konfliktkultur herrscht.

Seit etwa drei Jahren ist das Unternehmen auf Kurs, seine 1500 Teams zu genau solchen Hochleistungsteams zu entwickeln. «Gemeinsam Grosses leisten» heisst das Motto, ein Projektteam aus HR-Spezialisten ist daran, dieses Vorhaben umzusetzen.

Das Team im Fokus

Alle Massnahmen, die das Team zu einem Hochleistungsteam führen sollen, finden sich im neu geschaffenen Führungsprozess für Mitarbeitende und Teams wieder. Kernmassnahme im Führungsprozess ist der jährliche Teamentwicklungsanlass. Dort wird nicht an der Weiterentwicklung des einzelnen Mitarbeitenden, sondern an derjenigen des gesamten Teams gearbeitet. An jedem Anlass erarbeitet jedes Team eine Charta – eine Art Vertrag, der regelt, wie das Team im kommenden Jahr zusammenarbeiten will.

Dabei geht es nicht nur um Arbeitsprozesse, sondern auch um die Kommunikation, die Beziehungen untereinander und den Umgang mit Konflikten. Die Teamcharta wird von allen Mitgliedern unterschrieben und ist verbindlich. Sie ist für das Team Orientierungshilfe und Leitlinie über das ganze Jahr hinweg und soll den Weg zu einer effizienten und reibungsarmen Zusammenarbeit unterstützen. Als zusätzliche Massnahme sollen alle Teams nebst individuellen Leistungszielen auch ganz bewusst Teamziele vereinbaren.

Die Meilensteine der Umsetzung

Basisschulung: 2010 wurden sämtliche Vorgesetzte und ­Spezialisten zum Thema Hochleistungsteams geschult. Schulungsziele waren, Hintergrundwissen zu vermitteln, den Praxisnutzen klarzumachen und die benötigten Instrumente zu erläutern.

Erster Teamentwicklungsanlass: 2010 starteten die ersten Teamentwicklungsanlässe. 1500 Teams führten diesen zwischen 2010 und 2011 durch und erarbeiteten in intensiven Gesprächen und Diskussionen das thematische Modul Teamzweck, -aufgaben und -regeln. So entstanden 1500 unterschriebene, verbindliche Teamchartas. Geleitet wurden die Anlässe durch teamexterne Moderatoren aus dem HR und der Linie.

Konflikte gewinnbringend lösen: Um als Team gut ­zusammenzuarbeiten, ist es wichtig, Konflikte frühzeitig zu erkennen und konstruktiv zu lösen. Deshalb hat das Unternehmen den Konflikt 2012 zum Schwerpunktthema ­gemacht. Kader und Betriebsmitarbeitende wurden sensibilisiert.

Zweiter Teamentwicklungsanlass: 2012 ging der Team­entwicklungsanlass in die zweite Runde. Bis Ende November wurde bereits die Mehrheit der Teamchartas überarbeitet und ergänzt.

Die Team-Charta bei PostMail

Alle Teams bei PostMail erarbeiten jedes Jahr eine gemeinsame Teamcharta. Sie dient als Leitlinie für die Zusammenarbeit. Alle Mitarbeitenden unterschreiben die Teamcharta und zeigen so, dass sie hinter den Vereinbarungen stehen.
 
In der Charta sind die Teamaufgaben zusammengefasst. Im Beispiel eines Teams lautet das wie folgt:

  1. Erbringen einer effizienten und qualitativ hochstehenden Zustellung
  2. Sicherstellen des Kundendienstes (inklusive korrekter Auskunft über Produkte)
  3. Pflegen der Adressdaten

Auch der Teamzweck wird in dem Papier definiert. In einem weiteren Teil schreibt das Team fest, wie es in bestimmten Bereichen (beispielsweise Konfliktfähigkeit, Gesundheit oder bei den Arbeitsabläufen) die Zusammenarbeit künftig verbessern will. Beim Team im Beispiel klingt das so: «Mit dem Einhalten von Feedbackregeln (unter anderem offen kommunizieren) schaffen wir eine der Voraussetzungen, damit persönliche Differenzen im Keim erstickt werden.» Oder: «Wir tragen unseren Teil zur persönlichen Gesundheitsförderung bei, indem wir der Erholung in der arbeitsfreien Zeit (…) die nötige Beachtung schenken.» Zum Thema Flexibilität heisst es: «Unsere Flexibilität bezüglich Einsatzplanung und Aufgabengebiet ist hoch. Bei ungeplanten Abwesenheiten unterstützen wir uns im Rahmen des Möglichen durch Zusammenlegen von Arbeitspaketen.»

Zusätzlich legen die Teams auch Regeln für den Umgang miteinander fest, beispiels­weise: «Wir begegnen uns wertschätzend und mit gegenseitigem Respekt» oder «In unserer täglichen Arbeit lassen wir Platz für Humor». Das Team im Beispiel hat sich zudem vorgenommen, viermal im Jahr in der Freizeit Teamanlässe zu organisieren, deren Organisation je einem Teammitglied obliegt.

Was bewährt sich, was nicht? Die wichtigsten Schlussfolgerungen

Nach dem zweiten Umsetzungsjahr zieht die Projektleitung folgende Bilanz. Was sich bewährt:

  • Lancierung Top down – Einbezug der Geschäftsleitung

Kulturthemen entwickeln sich nur, wenn die Führungskräfte sie gezielt unterstützen, fördern und ihre Vorbildfunk­tion wahrnehmen. Die Geschäftsleitung hat als erstes Leitungsteam den Teamentwicklungsanlass durchgeführt, nun auch im zweiten Umsetzungsjahr.

  • Im Führungsalltag präsent

Ein periodisches Aufgreifen der Teamcharta (zum Beispiel an regelmässigen Teamsitzungen) hält die Thematik aktuell und lässt den Fortschritt bezüglich der vereinbarten Massnahmen zu.  

  • Präsenz in internen Medien

Es ist wichtig, in den internen Medien (Anlässe, Intranet, Mitarbeiterzeitschrift) kontinuierlich über das Thema Hochleistungsteams zu berichten. Verschiedene Perspektiven auf das Themas steigern das Interesse, Projektmitarbeitende, Vorgesetzte und Mitarbeitende kommen zu Wort.

  • Umfragen zeigen eine gute Resonanz und liefern Input für Verbesserungen

Nach dem ersten Umsetzungsjahr führte das Projektteam eine umfassende Erfolgskontrolle durch. Sie befragte über 700 Vorgesetzte und über 700 Mitarbeitende zur Zufriedenheit mit den Teamentwicklungsanlässen. Die Umfrage lieferte wichtige Hinweise für die Optimierung der Prozesse und Instrumente. Drei wichtige Erkenntnisse aus der Befragung:

  1. Vorgesetzte und Mitarbeitende beurteilen den Teamentwicklungsanlass positiv.
  2. Dass den Anlass eine teamexterne Person moderierte, wurde begrüsst. Die Person ist neutral und kann in dieser Rolle unvoreingenommen schwierige Themen ansprechen.
  3. Die Verbesserung in der alltäglichen Teamzusammenarbeit wurde vor allem von den Mitarbeitenden noch nicht so deutlich wahrgenommen. Massnahmen und Regeln müssen deshalb noch konkreter und verständlicher erarbeitet und umgesetzt werden.
  • Förderung von Teamzielen

Nebst individuell vereinbarten Leistungszielen sind gemeinsam vereinbarte Teamziele ein wichtiger Schritt in Richtung Hochleistungsteam. Den Vorgesetzten stehen monetäre und nicht monetäre Leistungsanreize zur Verfügung, um erreichte Ziele zu honorieren.

Getätigte Verbesserungen:

  • Moderatoren aus der Linie und regelmässige Weiterbildung

Professionelle Moderatoren tragen entscheidend zum Erfolg der Teamentwicklungsanlässe bei. Moderatoren werden deshalb jährlich geschult. Durch einen Erfahrungsaustausch und konstante Begleitung werden sie für ihre Aufgabe fit gemacht.

  • Externe Moderation vermeidet Rollenkonflikt

Ursprünglich war vorgesehen, dass Vorgesetzte ihren Teamentwicklungsanlass selbst moderieren. Die erste Runde mit Fremdmoderation – mehrheitlich durch die HR-Beratung – hat uns gezeigt, wie wertvoll es ist, eine unabhängige Person für die Diskussionen dabeizuhaben. Der Vorgesetzte kann Teil des Teams sein, seine eigene Meinung einbringen oder sich mal zurücklehnen und zuhören, was sein Team sagt. Ein Rollenkonflikt wird vermieden. Die Teammitglieder bringen sich zudem stärker ein.

  • Neue Module entwickelt

Neben dem Modul Teamzweck, -aufgaben und -regeln sind neue Module für den Team­entwicklungsanlass entwickelt worden (zum Beispiel Dialog im Team). Diese sollen die Weiterentwicklung der Teams gezielt unterstützen.

  • Zeitbedarf für TEA erhöht

Die Rückmeldungen aus den Umfragen zeigen, dass für die Anlässe mehr Zeit eingeräumt werden muss. Diese Forderung wurde mit den entsprechenden Führungskräften besprochen und erfolgreich ausgehandelt.

  • Prozesse vereinfachen

Vorgesetzte meinten, dass sie sich einfachere Prozesse wünschten. Zudem mussten die Rollen in der Zusammenarbeit Linie / HR präzisiert werden. Ferner wird auch die Intranet-Anwendung, die den Prozess dokumentiert, benutzerfreundlicher werden.

Wie das Projekt weitergeht

Bis Ende 2013 wird das Projekt abgeschlossen und die Verantwortung für den neuen Führungsprozess für Mitarbeitende und Teams geht an die Linie über. Ein Kommunikationskonzept wird die Übergabe unterstützen. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem Führungsprozess zu. Dieser zeigt Vorgesetzten auf, wann welches Instrument im Verlauf des Jahres für sein Team eingesetzt werden soll. Ergänzend dazu werden Instrumente und Hilfsmittel geschaffen, welche die Zielerreichung unterstützen. So wird beispielsweise bereits beim Rekrutierungsprozess ein differenzierter, jeweils auf die Funktion zugeschnittener Gesprächsleitfaden eingesetzt mit dem Ziel, den idealen Kandidaten anzustellen.

Für die Teamentwicklungsanlässe wird die Anzahl der ausgebildeten Moderatoren sukzessive erhöht. Und das Thema Konfliktmanagement steht auch 2013 wieder auf der Agenda: Nachdem 2012 bereits Kader und Betriebsmitarbeitende geschult worden sei, werden in einem dritten Schritt Vorgesetzte von Betriebsmitarbeitenden vertieft geschult.

Wird PostMail Ende 2013 eine Hochleistungsorganisation sein?

Das Projekt Hochleistungsteams ist zügig unterwegs, jedoch noch nicht am Ziel. Es ist gelungen, Vorgesetzte und Mitarbeitende mit den beschriebenen Aktivitäten für die Bedeutung der Teamarbeit zu sensibilisieren. Viele Rückmeldungen und Handlungen zeigen uns, dass sich Vorgesetzte und Mitarbeitende im Alltag mit den Themen Zusammenarbeit, Kommunikation und Konflikte auseinandersetzen und darüber sprechen. Dies sind deutliche Zeichen, dass die gewünschte kulturelle Entwicklung stattfindet.

Wichtig ist, dass Mitarbeitende aller Stufen am gleichen Strang ziehen, angefangen beim Leiter PostMail, welcher den Führungskräften die Bedeutung von optimaler Teamzusammenarbeit immer wieder vermittelt. Weiter bei den Betriebsteams, welche die Teamentwicklungsanlässe nutzen, um die Zusammenarbeit mit konkreten Massnahmen zu verbessern.

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Chantal Cornaz (Arbeits- und Organisationspsychologin). Die Autoren arbeiten als Fachspezialisten in der HR-Abteilung bei PostMail. Sie bearbeiten schwergewichtig die personellen Aspekte in Logis-tikprojekten, begleiten
Veränderungsprozesse und engagieren sich in HR-Projekten.

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Peter Marthaler ist Teilprojektleiter Kommunikation «Umsetzung Hochleistungsteams» und Leiter HR-Beratung PostMail.

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