HR Today Nr. 1&2/2020: Praxis – Interim Management

Tour d’Horizon durch die Entwicklung der Arbeitswelt

Es lässt sich eine Verschiebung von einem Arbeitgeber- zu einem Bewerbermarkt feststellen. Auch Talente tragen zunehmend verändernde Bedürfnisse in den Markt, die mit den herkömmlichen Arbeitsmodellen und Regularien nicht befriedigt werden können.

Umsätze erwirtschaften, innovativ sein und sich weiterent­wickeln: Der Druck auf die hiesigen Unternehmen wächst. Gründe dafür sind ein immer schneller wechselndes Markt­umfeld und neue Verhaltensmuster. Die Folgen sind, dass Produkte und Dienstleistungen regelmässig und in immer engeren, vor allem auch technischen Innovationszyklen («Makrotrends») angepasst werden müssen. Das gelingt allerdings nur, wenn ein optimaler Mix von Mensch und Maschine die notwendige Agilität sicherstellt. Ansonsten sind die längerfristigen wirtschaftlichen Überlebenschancen eines Unternehmens häufig schwindend gering.

Faktoren «Mensch» und «Maschine»

Um Agilität zu erreichen, müssen sich Unternehmen verschiedenen komplexen Herausforderungen stellen. Neue Technologien ermöglichen zwar häufig ein effizienteres, kostengünstigeres und/oder qualitativ verbessertes Arbeiten. Die Anpassung alter operationeller Umgebungen und die Modernisierung der Komponente «Maschine» sind in der Regel aber mit zusätzlichen Kosten und Anstrengungen verbunden.

Eine weitere Herausforderung ist der Faktor «Mensch». Das Bedürfnis, die richtigen Talente samt erforderlichen Fähigkeiten zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar zu haben, vermehrt in immer kürzeren Zeitabständen und sehr oft projektbezogen, ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Die Möglichkeit, Arbeitskräfte «ad interim» einzusetzen, gewinnt damit an Bedeutung. Traditionelle Beschäftigungsformen, hauptsächlich unbefristete Arbeitsverhältnisse, sind aus Sicht der Unternehmen indes je länger je mehr nicht ausschliesslich dafür geeignet, die benötigten Arbeitsresultate zu erbringen. Sie sind oft noch zu schwerfällig und zu langsam, um mit dem Tempo der Lieferketten und Erwartungen der Kunden mithalten zu können. Andererseits sind gewisse Talente im Markt rar. Hier lässt sich eine klare Verschiebung von einem Arbeitgeber- zu einem Bewerbermarkt feststellen. Auch die Talente tragen zunehmend verändernde Bedürfnisse in den Markt, die mit den herkömmlichen Arbeitsmodellen und Regularien nicht befriedigt werden können.

Vor- und Nachteile für Dienstleis­tungsempfänger und -erbringer

Diese Entwicklungen begünstigen all jene Anbieter, die zeitlich und örtlich unabhängige Personal- und Führungslösungen anbieten, konkret «Ad Interim Management» und «Contingent Workforce». Diese zeitlich befristeten Lösungen bringen für eine spezifische Aufgabe entsprechende Fachkenntnisse, Führungskompetenzen und persönliche Eigenschaften mit. Die Vor- und Nachteile auf Seiten Dienstleistungsempfänger und Dienstleistungserbringer sind unter anderem:

  • Talente können selbstbestimmter entscheiden, wann und wo sie arbeiten und mit welchen Themen sie sich beschäftigen. Die Kombination von inhaltlicher Vielfalt und einer selbstgestalteten Work-Life-Balance ist für eine wachsende Anzahl Personen unterschiedlicher Alterskategorien interessant. Nachteile bestehen – zumindest im Augenblick – im Bereich der finanziellen und versicherungstechnischen Sicherheit.
  • Unternehmen sparen die Überkapazitäts- und einen Teil der Fixkosten. Ausserdem können sie flexibler auf die Bedürfnisse von Kunden und Märkten eingehen. Das Wissens- und Ressourcenmanagement wird dafür anspruchsvoller.
  • Kunden sollten von günstigeren Preisen für Dienstleistungen und Produkte sowie von einer rascheren Angebotsverfügbarkeit profitieren.

Während die Personalleihe in vielen Branchen schon fester Bestandteil in der Mitarbeitendenplanung ist und diverse Studien den stark wachsenden Trend in Richtung flexible Arbeitskräfte belegen, bleibt fraglich, wohin diese Entwicklung führen wird. Es darf spekuliert werden, ob insbesondere die Generationen Y (Millenials) und Z (Digital Natives) künftig dazu übergehen werden, ihre Arbeitskraft nur noch via Plattform in den Dienst unterschiedlicher Unternehmen zu stellen. Das kann einerseits ein stabilitätsbildendes und identifikationsstiftendes Element sein, andererseits die Sinnbezogenheit mit Blick auf den Jobinhalt und die Nachfrage nach Mobilität und Flexibilität stillen. Auch scheint ein solches Modell den sich zunehmend manifestierenden Loyalitätsverlust auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite zu adressieren. Bleiben wir gespannt auf die weiteren Entwicklungen.

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Marc O. Morant ist Partner/Head Flexible Resources bei PwC Schweiz.

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