Reorganisation

UBS: Internes Outplacement im 
vertrauten Umfeld gibt neue Impulse

Claudia Schilter ist Leiterin der internen Coach-Beratung der UBS Schweiz. Mit ihrem Team von zehn HR Professionals unterstützt sie Mitarbeiter, die aufgrund von Reorganisationen oder Veränderung des Jobprofils vom Stellenabbau 
betroffen sind. Die Vorteile gegenüber externen Beratern sind das interne Know-how und der Vertrauensvorschuss durch jahrelange Nähe zum «Kunden».

Frau Schilter, was sind die Vorteile einer internen Beratung gegenüber dem externen Outplacement?

Claudia Schilter: Unsere Coach-Berater verfügen alle über eine langjährige HR-Erfahrung, sei dies als HR Business Partner oder in anderen Funktionen. Zudem besitzen alle fundierte Fachkenntnisse in der Prozessberatung und im Coaching oder haben eine psychologische Grund- oder Weiterbildung absolviert. Sie kennen das interne Netzwerk, die Job-Profile, Prozesse und Abläufe. Sie unterstützen mittels Standortbestimmung die Betroffenen, damit diese während des Coach-Prozesses ihre berufliche Situation hinterfragen und neue Optionen finden. In Gesprächen wird gemeinsam der ideale künftige Job definiert. Was das externe Netzwerk anbelangt, können externe Outplacementberater vor allem für das Direktionskader allenfalls zusätzlichen Mehrwert bieten.

Aufgrund welcher Kriterien wird die Auswahl der betroffenen Mitarbeiter getroffen?

Massgebendes Kriterium für die Aufnahme in den Coach-Prozess ist der unverschuldete Verlust der Arbeitsstelle infolge einer Restrukturierung oder aufgrund einer sub
stanziellen Veränderung des Jobprofils. Welche Stellen konkret abgebaut oder inhaltlich erweitert werden, entscheidet das Management. Der Coach-Prozess beginnt je nach Alter mit einer zwei- oder viermonatigen Abklärungsphase gefolgt von der arbeitsvertraglich bestimmten Kündigungsfrist. Ab Aufnahme in den Coach-Prozess steht dem vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter bis zum internen Übertritt oder Austritt ein persönlicher Coach-Berater zur Verfügung.

Was genau bieten Sie den betroffenen Mitarbeitern?

Wir unterstützen die Mitarbeiter bei der Persönlichkeitsanalyse, der Standortbestimmung und beraten sie bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen sowie bei der Auswahl der Bewerbungsstrategie. Wir helfen auch bei der Beschaffung von Informationen auf dem internen und externen Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang arbeiten wir auch eng mit unserem Recruiting Center zusammen. Grundsätzlich werden die UBS-Stellen zuerst einige Wochen intern ausgeschrieben, bevor sie auf dem externen Arbeitsmarkt publiziert werden. Situativ bieten wir Interviewtrainings und die Nachbearbeitung von Vorstellungsgesprächen an. Zeigen die verschiedenen Analysen andere Optionen, beraten wir die Betroffenen auch im Hinblick auf eine Tätigkeit, die unter Umständen gar nichts mehr mit Banking zu tun hat. Ein wichtiger Aspekt bei der Beratung sind ebenfalls Themen wie Sozialversicherungen, Vorsorge, Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und vorzeitige Pensionierung.

Haben Sie Beispiele von Fällen der Selbständigkeit ausserhalb des Bankings?

Ja, wir hatten beispielsweise einen IT-Spezialisten, der seine Leidenschaft in der Freizeit zur Einkommensquelle machte: Er ist jetzt Motorbootfahrlehrer. Ein Logistikmitarbeiter ist heute unabhängiger LKW-Fahrer. Ein anderer Mitarbeiter wiederum träumte schon seit Jahren davon, eine eigene Tankstelle zu besitzen, jetzt betreibt er eine. Eine Sachbearbeiterin hat sich entschieden wieder dem erlernten Beruf als Arztgehilfin nachzugehen. Aber Entscheidungen dieser Art sind eher Ausnahmefälle.

Wie kamen diese Menschen darauf, ihr Leben komplett zu verändern?

Wir ermutigen die Betroffenen, ihre Wünsche und Visionen zu äussern, sich ihrer Kompetenzen, Stärken und Fähigkeiten bewusst zu werden und neue Optionen zu prüfen. Durch den Jobverlust fühlen sich viele auf der Schattenseite des Lebens; sie sind enttäuscht und verunsichert. Besonders in einer ersten Phase geht es darum, den «Trennungsschmerz» zu verarbeiten, um später dann neue Horizonte zu öffnen, Fragen nach den persönlichen Neigungen zu stellen, das Freizeitverhalten zu analysieren und aus den Erkenntnissen dieser Antworten erste Schritte in neue Richtungen zu erwägen. Diese «Aufwärtsphase» setzt Perspektiven frei, die für manche Mitarbeiter wie ein Befreiungsschlag sind.

Da liegt die Vermutung nahe, dass die UBS auch mit günstigen Krediten hilft …

Die betroffenen Mitarbeiter müssen genauso wie Externe einen Businessplan erstellen und bei der zuständigen UBS Geschäftsstelle direkt einen Kreditantrag stellen. Während des Coach-Prozesses leisten wir je nach Bedarf einen finanziellen Beitrag, so genannte Fördermassnahmen für berufsbezogene Weiterbildungen, um die Arbeitsmarktfähigkeit zu erhöhen. Diese Fördermassnahmen stehen jedem vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter zur Verfügung, wenn die Standortbestimmung und die angestrebte Berufsfunktion entsprechende Entwicklungspotenziale anzeigen. Dies können beispielsweise Sprach-, EDV- oder fachspezifische Kurse sein. Selbstverständlich prüfen wir sorgfältig die Qualität der Weiterbildungsinstitute und den Nutzen der Förderung.

Wie lange dauert der Coach-Prozess?

Je nach Alter gelten eine zwei- oder viermonatige Abklärungsphase sowie zusätzlich die arbeitsvertraglich bestimmte Kündigungsfrist. In dieser Zeit führt der Coach-Berater zwischen vier bis acht Gespräche, situativ kann die Zahl auch höher liegen. Als Beispiel bei einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Langzeitkrankheit verbunden mit einer Invalidisierungsabklärung. Auf Wunsch des Mitarbeiters beziehen wir auch den Partner oder die Partnerin in den Beratungsprozess mit ein. Diese Option wird vor allem bei vorzeitigen Pensionierungen in Anspruch genommen und sehr geschätzt.

Können Sie als interne Coach-Berater neutral sein?

Wir unterstehen wie auch unsere interne Sozialberatung, mit welcher wir sehr eng zusammenarbeiten, der beruflichen Schweigepflicht und sind als vertrauenswürdig und diskret bekannt. Ebenfalls hat jeder Betroffene die Möglichkeit, während des Prozesses einen Beraterwechsel zu beantragen und nach Prozessende unter Namensangabe oder anonym mittels Feedbackbogen Rückmeldung zu geben.

Outplacement bei der UBS

Seit der Fusion des Schweizerischen Bankvereins und der Schweizerischen Bankgesellschaft im Jahre 1998 unterstützt die UBS die von einer Reorganisation betroffenen Mitarbeiter bei der Neuorientierung und Stellensuche. Der Coach-Prozess entstand einerseits aus sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und hat andererseits zum Ziel, das Know-how der von Restrukturierungen betroffenen Mitarbeiter für die Bank weiter zu erhalten. Hierzu werden mittels Persönlichkeitsanalysen und Standortbestimmung mögliche Optionen analysiert und diskutiert sowie mittels Fördermassnahmen die Arbeitsmarktfähigkeit verbessert. Sind intern keine Einsatzmöglichkeiten gegeben, richtet sich der Fokus auf den externen Markt. Die Coach-Beratung bzw. Betreuung erfolgt für den Arbeitsmarkt Schweiz an den Standorten Zürich für die Deutschschweiz, Lausanne/Genf für die Romandie sowie Lugano/Manno für das Tessin.

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Connie Voigt ist 
Executive Coach bei der Firma «Inside Out» sowie Gründerin der Netzwerkorganisation «Interculturalcenter.com GmbH». Zudem ist sie Dozentin für Organizational Behavior an der Edinburgh Business School, FHNW Basel und FU Berlin.

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