Checkliste

Umgang mit Mitarbeitenden mit einer psychischen Belastung

Psychische Belastungen nehmen in unserer Gesellschaft immer mehr zu – auch in der Arbeitswelt. Kaum ein Betrieb beschäftigt nicht auch Arbeitnehmende, die davon betroffen sind.

Woran merken Vorgesetzte, dass Mitarbeiter unter psychischer Belastung leiden? Wie soll der Betrieb vorgehen, wenn bei einem Mitarbeitenden eine psychische Belastung vermutet wird? Wie soll der Wiedereinstieg nach einer psychischen Krise geschehen?

Oft wird eine psychische Belastung bei einem Mitarbeiter lange nicht als solche erkannt und die Probleme schleppen sich über eine lange Zeit hin. Hinterher stellt sich dann häufig die Frage, ob man nicht schon früher hätte aktiv werden sollen. Dazu hätte aber die psychische Problematik frühzeitig erkannt werden müssen.

Wahrnehmen von psychischer Belastung bei Mitarbeitern

Auffällig sind plötzliche Veränderungen, beispielsweise in Arbeitsqualität, -tempo oder Engagement. Auch die Stimmungslage kann betroffen sein: Ein Mitarbeiter ist häufig niedergeschlagen, zieht sich mehr und mehr zurück, ist dauernd gereizt oder bricht in Tränen aus. Vermehrte Konflikte mit Kollegen oder ständige Überlastung sind ebenfalls mögliche Warnzeichen. Auch eine diffuse Situation mit vielen Kurzabsenzen aus ganz verschiedenen Gründen kann eine psychische Ursache haben. All diese Merkmale können zwar auf eine psychische Problematik hinweisen, sie können aber auch einen anderen Hintergrund haben. Wichtig ist deshalb bei solchen Beobachtungen das Gespräch mit dem Mitarbeiter.

Wie ansprechen?

Mitarbeitende reagieren sehr unterschiedlich, wenn man sie auf eine psychische Belastung anspricht, einige sind froh und entlastet, andere wehren ab und lehnen ein Gespräch darüber ab. Nehmen Sie sich Zeit für ein solches Gespräch, führen Sie es nicht zwischen Tür und Angel, sondern vereinbaren Sie einen Termin dafür und wählen Sie einen Raum, wo die Privatsphäre gewährleistet ist. Wenn Sie die psychische Problematik ansprechen, begründen Sie mit konkreten Beispielen und Beobachtungen, beziehen Sie sich dabei auf die Arbeit und die Arbeitsleistung. Bieten Sie Ihre Unterstützung an und empfehlen Sie den Beizug von Fachleuten, wenn Ihnen dies angezeigt erscheint. Vereinbaren Sie Massnahmen und einen Zeitrahmen, nach dem Sie wieder zusammen sitzen.

In solchen Gesprächen ist es nicht einfach, sachlich zu bleiben – Wut und Ärger, aber auch Mitleid und Sympathie hindern uns manchmal daran. Um gute Lösungen zu erarbeiten, ist es jedoch wichtig, sich an der Sachlichkeit zu orientieren.


Wenn der Mitarbeiter selber kein Problem sieht?

Verneint der Mitarbeiter die psychische Problematik, respektieren Sie dies, aber bleiben Sie konsequent darin, was die Arbeitsleistung betrifft. Sprechen Sie Ihre Erwartungen aus und zeigen Sie die Sicht des Betriebes und die Grenzen auf. Planen Sie auch hier gemeinsam Massnahmen, appellieren Sie dabei an die Eigenverantwortung des Mitarbeiters, und definieren Sie einen Zeitpunkt für eine Evaluation. Wichtig ist hier insbesondere Transparenz in Bezug auf die Konsequenzen.

Wiedereinstieg nach einer psychischen Krise

Auch wenn beide Seiten motiviert sind, stellen sich bei einem Wiedereinstieg mehr Stolperfallen, als man sich zuerst denken könnte. Arbeitnehmende sind meist zutiefst verunsichert und haben Angst um ihren Arbeitsplatz. Häufig wagen sie es nicht, von sich aus Unklarheiten anzusprechen, um ja nicht negativ aufzufallen. Die unsichere Prognose, die bei psychischen Erkrankungen immer gegeben ist, ist für Arbeitgeber schwierig zu handhaben, weil sie ja die Arbeit planen müssen. Es ist deshalb zu empfehlen, vor der Arbeitsaufnahme ein Wiedereinstiegsgespräch zu machen, die erste Phase zu planen und festzulegen, wann die nächste Rückmeldung und weitere Planung stattfinden. Unter Umständen ist es sogar sinnvoll, mit der medizinisch-therapeutischen Fachperson Kontakt aufzunehmen – das Einverständnis der betroffenen Mitarbeiterin vorausgesetzt.

Externe Unterstützungsmöglichkeiten

Wenn Sie unsicher sind bezüglich Ihrer Einschätzung der Situation oder bezüglich des weiteren Vorgehens – holen Sie sich Hilfe. Folgende Möglichkeiten haben Sie:

  • Austausch mit Kollegen in einer ähnlichen Funktion
  • Wenn vorhanden: betriebsinterne Stellen wie HR, Sozialdienst
  • Case Management der Taggeldversicherung
  • Integrationsberater der IV-Stelle
  • Austausch mit dem behandelnden Psychiater – natürlich nur, wenn der betroffene Mitarbeiter einverstanden ist
  • Externe Fachberatung, zum Beispiel Arbeitgeberberatung der PSAG (Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft)
     

 

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Christine Hersperger, Psychologin FSP und Berufs- und Laufbahnberaterin, beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Fragen zur beruflichen Eingliederung. Seit 2008 begleitet sie bei der PSAG (Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft Basel) als Job Coach Menschen mit einer psychischen Problematik bei ihrer beruflichen Integration. Sie baute die Beratung für Arbeitgeber im Bereich «Führung, Mitarbeiter und psychische Krankheit» der PSAG auf und leitet entsprechende Seminare.

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