Vertrauen

«Vertrauen kann nur gelebt,
 nicht verordnet werden»

Vertrauen ist ein grundlegender Baustein eines jeden Unternehmens und Basis dafür, dass 
sich Mitarbeitende wohlfühlen. Doch was genau ist Vertrauen, und wie kann man Vertrauen
in Firmen herstellen? HR Today hat vier HR-Verantwortliche nach ihrer Meinung gefragt.

Timm Süss, Leiter HR 
Projekte, Manor

Was ist Vertrauen für Sie?

Vertrauen beschreibt ein Verhältnis von gegenseitiger Offenheit zwischen Menschen. Es bedeutet, dass man sich auf den anderen verlassen kann und gleichzeitig die Verantwortung übernimmt, dass sich der andere auf 
einen verlässt und man diesen nicht im Stich lässt – eine Partnerschaft. Vertrauen wächst langsam und stetig, muss gepflegt werden und kann auch schnell verloren gehen.

Wie kann man in einem Betrieb Vertrauen herstellen?

Vertrauen kann man nicht «herstellen» – man kann nur die Bedingungen dafür schaffen. Wer Vertrauen fördern will, muss zunächst Vertrauen schenken und den ersten Schritt auf den anderen zu tun. Für Betriebe bedeutet das, offene Fragen zu stellen, richtig zuzuhören und zuzulassen, dass man nicht alles kontrollieren kann. Deshalb gibt Manor jedem seiner Mitarbeitenden jährlich die Chance, seine Meinung in der Mitarbeiterumfrage kundzutun, seine Vorgesetzten zu bewerten und auch auf öffentlichen Plattformen wie Kununu Feedback zu geben. Vertrauen ist ausserdem Bestandteil unseres Programms «Ständig besser wärde», bei welchem unsere Mitarbeiter die eigenen Arbeitsprozesse permanent verbessern.

Ivo Killer, Head HR Business Services, Swiss Re

Was ist Vertrauen für Sie?

In der Familie habe ich erstmals gelernt, was Vertrauen bedeutet. Angenommen sein, dazugehören, sich aufeinander verlassen können – jemand schenkt mir Vertrauen, und ich kann ihm vertrauen. Das ist die Basis für Selbstvertrauen, denn wenn ich in einer vertrauensvollen Atmosphäre aufwachse, kann ich die Erwartungen, die erst die anderen und später ich in mich setzen, erfüllen.

Von der Familie ist es für mich nur ein kleiner Schritt ins Unternehmen. Denn hier wie dort bildet Vertrauen die Basis für Wohlbefinden.

Wie kann man in einem Betrieb Vertrauen herstellen?

Sei es als Kollege, Vorgesetzter oder Mitarbeiter – in allen Rollen bin ich ein Mensch, der Menschen begegnet. Und nur wenn es mir 
gelingt, persönliche Nähe herzustellen und zuzulassen, entsteht Vertrauen im Unternehmen. Naturgemäss wird es daher aufwändiger, Vertrauen über grössere Distanzen aufzubauen, seien diese hierarchischer, geografischer oder vor allem kultureller Art.

Je nach Art der Distanz sind unterschiedliche Schritte wirksam. So wirken Gespräche in den Gängen oft mehr als alle offiziellen Lobpreisungen. Der persönliche Besuch und die Sichtbarkeit in entlegenen Zweigstellen sind meiner Meinung nach immer noch effektiver als alle E-Mails und Telefonkonferenzen.

Vertrauen – das kann nur gelebt, nicht verordnet werden. Und wenn das gelingt, finden Authentizität, Integrität und konstruktiver Widerspruch einen Nährboden, auf dem sie gedeihen und mit ihren Früchten das Unternehmen zum Erfolg bringen können.

Christa Baumann, Leiterin 
Bereich HR, Stadtspital Triemli

Was ist Vertrauen für Sie?

Vertrauen bedeutet für mich: Offenheit, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Vertrauen ist die Basis für jede gut funktionierende Zusammenarbeit sowie geschäftliche oder private Partnerschaft: Nur mit Vertrauen sind Selbständigkeit und das Übernehmen von Kompetenzen und Verantwortung überhaupt möglich. Das Fehlen von Vertrauen schafft Unsicherheit, Unselbständigkeit und Bevormundung des Partners und führt zu Fehlern und mangelnder Qualität; bei Seilschaften von Bergsteigern kann fehlendes Vertrauen lebensgefährlich sein.

Wie kann man in einem Betrieb Vertrauen herstellen?

Auf das HR bezogen meint Vertrauen zuerst einmal den professionellen Umgang mit persönlichen Informationen von Mitarbeitenden, vor allem auch den Vorgesetzten gegenüber. Eine vertrauensvolle Arbeitsumgebung entsteht erst, wenn viele zusätzliche Faktoren ebenfalls gegeben sind, wie eine transparente, zeitnahe, klare und authentische Kommunikation. Von grosser Bedeutung sind auch 
Unternehmens- und HR-Leitbilder, welche nicht nur schöne Worthülsen sind, sondern Inhalte verkörpern, die auch gelebt werden, der Unternehmenskultur entsprechen und vom einzelnen Mitarbeiter als ehrlich erlebt werden. Betriebsinternes Vertrauen kann auch durch den rechtzeitigen Einbezug der Mitarbeitenden in Change-Management-Prozesse, Problemlösungs- und Zukunftsstrategien geschaffen werden. Mitarbeitende sind die wichtigsten betrieblichen Ressourcen, die man sich möglichst lange erhalten möchte – dazu braucht es gegenseitiges Vertrauen!

Michael Federer, Leiter HR, Raiffeisen Schweiz

Was ist Vertrauen für Sie?

Vertrauen in der Beziehung zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten ist für mich persönlich eine Grundhaltung, welche stark vom eigenen Menschenbild geprägt wird. Als 
Vorgesetzter bedeutet für mich Vertrauen, meinen Mitarbeitenden etwas zuzutrauen, an sie zu glauben. Meine Grundhaltung dabei entspricht einer positiven Erwartung, dass meine Mitarbeitenden zum Beispiel eine schwierige Aufgabe erfolgreich meistern.

Aus Sicht der Firma stellt Vertrauen einen wichtigen Führungsgrundsatz dar und bedeutet unter anderem, dass wir als Führungskräfte verlässlich und berechenbar in unseren Handlungen sind und Vertrauen haben in die Fähigkeiten unserer Mitarbeitenden. Kurz: Wir pflegen ein Klima des gegenseitigen Vertrauens. Ich bin überzeugt, dass dieses gegenseitige Vertrauen das Fundament unserer 
Beziehungen bildet und einen massgeblichen Einfluss auf die Leistungserbringung der 
Mitarbeitenden hat.

Wie kann man in einem Betrieb Vertrauen herstellen?

Es beginnt damit, dass eine Organisation die Bedeutung von Vertrauen erkennt und sich gezielt mit dem Thema auseinandersetzt. Es reicht aber nicht, das Thema Vertrauen zu einem Führungsgrundsatz zu erküren. Denn nur gelebte Werte schaffen letztlich Vertrauen. Wenn Vorgesetzte – von der Geschäftsleitung bis zum Teamleiter – von ihren Mitarbeitenden in ihren Handlungen als authentisch und glaubwürdig wahrgenommen werden oder Mitarbeitende gegenüber ihren Vorgesetzten das in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigen, kommt dies einer «Einzahlung auf das Vertrauenskonto» gleich. Diese Zusammenhänge thematisieren wir bei Raiffeisen strukturiert, beispielsweise in der Kader- und 
Managemententwicklung.

Video zum Thema «Vertrauen»

 

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