Employer Branding

«Viele Unternehmen haben Angst vor Social Media»

Sandra Roth ist als Leiterin vom Kompetenzcenter Personalmarketing bei der SBB AG in Bern tätig. Sie ist verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung der SBB-weiten Personalmarketing-Massnahmen. An der Recruiting Convention vom 22. September 2015 tritt sie als Referentin zum Thema «Employer Branding» auf. HR Today hat ihr zu diesem Thema ein paar Fragen gestellt.

Immer mehr Firmen erkennen die Wichtigkeit einer guten Arbeitgebermarke, gerade auch wegen des Fachkräftemangels. Was bewirkt gutes Employer Branding? 


Sandra Roth: Gutes Employer Branding bewirkt, dass geeignete, d.h. auf das entsprechende Stellenprofil passende Mitarbeitende für die Unternehmung gewonnen werden – und, nicht minder wichtig, dass diese auch längerfristig an das Unternehmen gebunden werden und kulturell zur Arbeitgeberin passen. Cultural Fit als Stichwort. Erfolgreiches Employer Branding senkt also in letzter Konsequenz die Rekrutierungskosten.

Was sind die häufigsten Fehler von Firmen bezüglich Employer Branding? 


Eine grosse Gefahr besteht meines Erachtens darin, dass die Botschaft, die nach aussen kommuniziert wird, nicht mit der internen Wahrnehmung übereinstimmt. Zudem haben viele Unternehmen Angst vor Social Media, obwohl dies sehr effektive Kommunikationskanäle sind. Auch begehen manche Firmen den Fehler, ihre Mitarbeitenden nicht in die Kommunikation miteinzubeziehen. Die eigenen Mitarbeitenden sind jedoch die besten Botschafter eines Arbeitgebers.

Was empfehlen Sie KMU mit kleinem Budget? 


Hier kommt es darauf an, wo sich das Unternehmen im «Employer Branding Prozesses» befindet. Wenn es um die Umsetzung des Employer Brands geht, empfehle ich eine «Fokussierung» anhand folgender Fragestellungen: Welche Zielgruppe wollen wir prioritär ansprechen? Welches sind «unsere» Attribute, die für diese Zielgruppe relevant sind? Schneiden wir bei den Attributen auch wirklich gut ab? Sind sie zudem einfach und unverwechselbar nach aussen kommunizierbar? Nutzen Sie anschliessend Ihr internes Potential, also Ihre Mitarbeitenden, für das Employer Branding. Lassen Sie sie Geschichten erzählen.

Zur Person

Sandra Roth ist verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung der SBB-weiten Personalmarketing-Massnahmen. Bereits 2002 hat sie nach ihrem Wirtschaftsstudium für die SBB als Assistentin der Geschäftsleitung gearbeitet. In der Zwischenzeit hatte sie das Unternehmen verlassen und war als Projektleiterin bei Input Consulting AG und als Beraterin bei Daniel Fischer & Partner im Bereich Strategisches Marketing für externe Kunden beschäftigt. Nebst ihrer beruflichen Laufbahn hat sie sich während sieben Monaten in Perth (Australien) zur Englisch-Lehrerin für internationale Studierende ausbilden lassen und sich in der Marketingberatung für eine Charity Organisation engagiert. 

Wie schaffen es unbekannte Firmen, an gutes Personal zu kommen?

Das kann generell nicht beantwortet werden. Es hängt vom Budget ab, von der Anzahl Stellen, die besetzt werden müssen, von den Zielmärkten, die die Firma ansprechen will.

Welche Firma ist für Sie ein Vorbild in Sachen Employer Branding? Weshalb?


Es gibt sie für mich nicht, diese eine Firma, die einfach alles richtig macht. Vielmehr finde ich spannend, zu beobachten, welche Firma was besonders gut macht. Zum Beispiel gibt es diejenigen Firmen, die einen vorbildlichen, fast lehrbuchmässigen Arbeitgeber-Positionierungsprozess durchlaufen. Oder ungeheuer stimmig sind bei der Andockung der Arbeitgebermarke an die Unternehmensmarke. Oder auffallend kreativ sind bei der Umsetzung. Oder solche, die es schaffen, sich bei einer ganz spezifischen Zielgruppe besser als die anderen zu positionieren. Oder Unternehmen, die mit ihrer Employer Value Proposition total überzeugend sind.

Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da? 


Gefühlsmässig: in der Schweiz stehen wir nicht so schlecht da. Wir sind aber noch nicht ganz so weit wie zum Beispiel Deutschland. Bei unserem nördlichen Nachbarn sind viele Unternehmen in Sachen Employer Branding äusserst aktiv. Fakt ist: Der Wettbewerb um die besten Bewerbenden wird immer globaler. Zusätzlich gehen wir nach wie vor davon aus, dass sich der «Fachkräftemangel» weiter zuspitzt. Daher ist zu erwarten, dass viele Firmen in der Schweiz in den nächsten Jahren im Employer Branding so richtig Gas geben werden.

Was halten Sie von Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie Kununu? Was müssen Arbeitgeber dort beachten? 


Ob wir’s wollen oder nicht, als Arbeitgeber stehen wir im Schaufenster. Das bringt die «Internetdemokratie» mit sich. Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, dass Arbeitgeber Bewerbungsplattformen wie Kununu ernst nehmen – schliesslich geht es da um ihre Aussendarstellung. Das heisst beobachten, bei Bedarf reagieren, entsprechende interne Bereiche informieren, auswerten – ohne jedoch Einzelbewertungen ein zu grosses Gewicht zu verleihen. Bewertungsplattformen sollten grundsätzlich als Chance betrachtet werden – nicht als notwendiges Übel.

Welche Rolle spielt das HR beim Employer Branding? Was ist die Rolle des HR?

Das HR ist «Hüter» des Employer Brands. Klar ist es wichtig, z.B. im Rahmen der Entwicklung einer Arbeitgebermarke ein interdisziplinäres Team an Bord zu haben. Linienvertreter, KOM-Spezialisten, junge Einsteiger, aber auch das Top-Management. HR muss in diesem Prozess jedoch eindeutig im Driver-Seat sein. Bei der anschliessenden Umsetzung des Employer Brands bleibt das HR im Driver-Seat: Es ist verantwortlich, dass der Employer Brand an sämtlichen Touch Points für den Bewerbenden erlebbar wird.

Recruiting Convention 2015

Am 22. September 2015 findet die 5. recruitingconvention im Lake Side Zürich statt. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.recruiting-convention.ch.

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Weitere Artikel von Grazia Ganci
Weitere Artikel von Yvonne Bugmann