Jörg Frei, HR-Verantwortlicher, Sulser Logistik AG
Bewährte Mischung aus Theorie und Praxis
«Ich bin ein grosser Befürworter des dualen Bildungssystems. Einerseits, weil es damit auch kleineren Unternehmen möglich ist, Lehrlinge aufzunehmen. Sie hätten vielleicht nicht die Kapazität, auch das theoretische Wissen zu vermitteln. Andererseits, weil die jungen Menschen so eine breite und vielfältige Ausbildung durchlaufen. Die Mischung aus Praxis und Theorie hat sich bewährt.
Nachholbedarf sehe ich eher in der Ausbildung vor der Lehre: Ich denke, die jungen Erwachsenen werden in der Schule mental nicht so gut auf das Berufsleben vorbereitet. Für viele ist der Berufseinstieg ein grosser Schnitt. Sie wissen nicht, was von ihnen erwartet wird und auf was sie sich einlassen. Auch haben viele noch nicht die Reife, um sich im Betrieb aktiv einzubringen. Vielleicht könnten die Schulen da noch etwas mehr Vorarbeit leisten. Gleichzeitig sehe ich die Lehrbetriebe in der Pflicht. Sie müssen Verantwortung übernehmen, sich mit den jungen Menschen auseinandersetzen und ihre Anliegen ernst nehmen. Keinesfalls dürfen Lehrlinge nur als günstige Arbeitskräfte verstanden werden.
Die Ausbildung ist heute aber nach der Lehre noch nicht zu Ende. Weiterbildung ist zentral, die Anforderungen sind bei all unseren Jobprofilen gestiegen. Das bestehende externe Angebot an Weiterbildungen betrachte ich als ziemlich umfassend. Vor allem für mittlere und höhere Hierarchiestufen stehen viele Wege offen. Wenn sich jemand bemüht, geht in der Schweiz fast alles. Es liegt dann immer in der Verantwortung des Einzelnen, was er weiter aus seinem Leben und seiner Berufung macht.
Als Anbieter von Aus- und Weiterbildung für Jugendliche und Erwachsene (Swiss ProWork AG) sind wir in den Bereichen Logistik, Transport und Arbeitssicherheit sehr engagiert. Nur schon aus diesem Grund ist es für uns sehr elementar, dass sich unsere Mitarbeiter ständig weiterbilden und -entwickeln.»
Jürg Zellweger, berufliche Aus- und Weiterbildung, Schweizerischer Arbeitgeberverband
Unternehmerisches Mitdenken ist gefragt
«Wir haben in der Schweiz ein sehr gut ausgebautes Bildungssystem mit exzellenten Hochschulen und einem Berufsbildungssystem, das den Absolventen hervorragende Karriere-chancen auf dem Arbeitsmarkt und Zugänge zu praktisch allen weiteren Bildungsstufen eröffnet. Mit der Einführung der Berufsmaturität in den 1990er-Jahren wurde die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems massiv erhöht. Auch die Reformen in der beruflichen Grundbildung – angestossen durch das Berufsbildungsgesetz 2002 – hat zu einem Qualitätsschub geführt.
Es braucht allerdings erhebliche Anstrengungen, um die Stärken der dualen Berufslehre und der höheren Berufsbildung auf internationaler Ebene besser zu verankern. Sowohl im angelsächsischen als auch im lateinischen Kulturraum sind Ausbildungssysteme, die stark auf Praxis und weniger auf reine Schultheorie setzen, kaum bekannt. Es muss nun darum gehen, Instrumente zu schaffen, welche internationale Vergleiche von Qualifikationen zulassen, um die Leistungsfähigkeit unseres Systems transparent zu machen und das Verständnis zu fördern. Gelingt uns das nicht, gerät unser System unter Druck und die internationale Mobilität unserer Berufsbildungs-Absolventen wird eingeschränkt.
Zu den Anforderungen der Wirtschaft an die Aus- und Weiterbildung lässt sich sagen: Wir stellen eine hohe Nachfrage etwa für Führungsseminare fest. Das ist ein Indiz dafür, dass in einer Dienstleistungsgesellschaft Methoden, Selbst- und Sozialkompetenzen einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen. Zudem, denke ich, steht die Fähigkeit und Bereitschaft der Arbeitnehmer zum unternehmerischen Mitdenken bei den Arbeitgebern immer hoch im Kurs. Das nötige Rüstzeug dafür besteht aus dem spezifischen fachlichen Know-how und den erwähnten Soft Skills.»