Vielverdiener fühlen sich vom Arbeitgeber ernster genommen
Je besser situiert die Mitarbeitenden sind, desto mehr beachtet fühlen sie sich von ihren Arbeitgebern. Dies eine Kurzversion der Ergebnisse einer repräsentativen Exklusivumfrage rund um die Fragestellungen «Wie gut kennt ein Arbeitgeber die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter?» und «Werden die Fähigkeiten am aktuellen Job auch genutzt?», die HR Today beim Markt- und Meinungsforschungsinstitut Isopublic in Auftrag gegeben hat.
(Bild: Tanja da Silva)
Das Positive vorneweg: Die meisten Mitarbeitenden fühlen sich von ihren Arbeitgebern recht ernst genommen und richtig eingesetzt. Im Durchschnitt gaben 60 Prozent der für die Exklusivumfrage (siehe Kasten Seite 8) interviewten Arbeitnehmer an, ihre Stärken im gegenwärtigen Job voll und ganz einsetzen zu können. Dies ist umso erstaunlicher, als dass sich über 40 Prozent der Schweizer Arbeitnehmer mehr oder weniger regelmässig nach neuen Jobs umschauen (vgl. Exklusivumfrage im HR Today Special 2/2008).
Differenzen zwischen gut und weniger gut situierten Arbeitnehmern
Beim genaueren Betrachten der Resultate zeigen sich ein paar interessante Details: Während bei den ältesten Mitarbeitenden (Alter: 55 bis 74) 63,6 Prozent das Gefühl haben, ihre Stärken im aktuellen Job voll einsetzen zu können, sind dies bei den 15- bis 34-Jährigen «lediglich» 54,6 Prozent. Ein Gefälle zeigt sich auch zwischen den Geschlechtern: So gaben 66,3 Prozent der Männer an, ihre Fähigkeiten würden voll genutzt, bei den Frauen waren es 13 Prozentpunkte weniger (53,3 Prozent). Leicht tiefer lag die Zahl nur noch bei den wenig bemittelten Befragten: Von diesen haben 52,9 Prozent das Gefühl, ihre Stärken voll nutzen zu können. Im krassen Gegensatz dazu stehen da die 76,0 Prozent der gut situierten Arbeitnehmer, die ihre Stärken an der aktuellen Stelle offenbar voll entfalten können.
Ein Grund für diese Differenz dürfte darin liegen, dass sich Letztere ihre Jobs in einem Arbeitnehmermarkt aussuchen können, während den weniger gut bemittelten Arbeitnehmern die Stellen auch in einem wirtschaftlichen Hoch nicht einfach so zufliegen, zumal es für diese Beschäftigungsgruppe immer weniger Arbeitsplätze gibt. Dass die Frauen eher an Stellen arbeiten, an denen sie ihre Fähigkeiten nicht voll und ganz einsetzen können, dürfte an der Tatsache liegen, dass viele von ihnen Teilzeit arbeiten und einfach froh sind, eine Stelle zu haben.
Die Fähigkeiten der Mitarbeitenden sind den Arbeitgebern bekannt
Insgesamt haben 87,1 Prozent der Arbeitnehmenden das Gefühl, dass ihre Arbeitgeber ihre Fähigkeiten sehr gut oder eher gut kennen. Dem gegenüber stehen 8,7 Prozent der Arbeitnehmenden, die das Gefühl haben, dass ihre Fähigkeiten eher schlecht oder sehr schlecht bekannt sind.
Talent Management wird in der Schweiz selektiv durchgeführt
Auch bei den Antworten auf die Frage «Wie gut kennt ihr Arbeitgeber ihre Fähigkeiten, also Stärken?» gab es grosse Unterschiede zwischen Jung und Alt sowie Arm und Reich. Offenbar, so die Ergebnisse der Exklusivumfrage, kennen die Arbeitgeber ihre ältesten Mitarbeitenden am besten, was wohl auf die längere Dienstzugehörigkeit zurückzuführen ist. 48,5 Prozent der 55- bis 74-Jährigen antworteten, ihr Brötchengeber kenne ihre Fähigkeiten und Stärken sehr gut. Bei den 35- bis 54-Jährigen waren es 44,7 Prozent und bei den 15- bis 34-Jährigen nur 35,6 Prozent. Frappanter ist die Differenz bei den Kaufkraftklassen: Während 55,4 Prozent der gut situierten Befragten angeben, ihr Arbeitgeber kenne ihre Stärken sehr gut, sind es bei den wenig bemittelten Befragten gerade mal 35,7 Prozent. Ein Grund dafür dürfte sein, dass sich die Arbeitgeber offenbar mehr um ihre besser bezahlten Kadermitarbeitenden oder Fachspezialisten kümmern als um die «normalen» Arbeitnehmenden; ein weiteres Indiz dafür, dass Talent Management in der Schweiz eher selektiv und für High Potentials durchgeführt wird.
Etwas marginaler ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern. Während 44,3 Prozent der Männer ihre Stärken voll nutzen können, sind es bei den Frauen rund 40 Prozent.
Jüngere Arbeitnehmer werden öfter über ihre Stärken befragt
Eine Kluft zwischen Arm und Reich offenbart auch die Frage «Sind Ihre Fähigkeiten schon einmal systematisch erfasst, das heisst in einem Gespräch anhand einer Liste besprochen worden oder nicht?». Während dies bei den weniger Bemittelten nur bei 36,5 Prozent der Fall war, gaben 64,2 Prozent der gut situierten Befragten an, schon einmal zu ihren Stärken befragt worden zu sein.
Interessantes Detail hier: Jüngere Mitarbeitende werden eher befragt als ältere. Während bei den 15- bis 54-Jährigen die Stärken bei etwas mehr als 56 Prozent schon einmal systematisch erfasst wurden, waren dies bei den über 55-Jährigen mehr als 10 Prozentpunkte weniger (45,5 Prozent). Dafür ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern etwas weniger gross: Bei den Männern geben 57,8 Prozent an, schon einmal zu den Stärken befragt worden zu sein, bei den Frauen 51,4 Prozent.
Gute Verdiener sind sehr zufrieden mit Weiterbildungsangeboten
Im Durchschnitt gaben 37,8 Prozent der Arbeitnehmenden an, sie seien sehr zufrieden mit den Weiterbildungsofferten ihres Arbeitgebers. Am zufriedensten sind offenbar die jüngeren, sehr gut verdienenden Männer. 43,3 Prozent der 15- bis 34-jährigen Umfrageteilnehmer sind mit den ihnen angebotenen Weiterbildungen sehr zufrieden. Bei den 35- bis 54-Jährigen sind es 35,4 Prozent und bei den über 55-Jährigen 34,3 Prozent.
Die Umfrage
Insgesamt wurden 757 Personen in der Deutschschweiz telefonisch befragt, davon 532 Berufstätige. Die Stichprobe wurde mittels eines Random-Quota- Verfahrens basierend auf Daten des aktuellsten Telefonregisters gebildet. Die Resultate wurden analog der effektiven Bevölkerungsverteilung gewichtet und entsprechen somit der genauen Bevölkerungsstruktur. Die Stichprobe ist repräsentativ für die berufstätige Bevölkerung der Deutschschweiz zwischen 15 und 74 Jahren, wobei die meisten der Befragten aus dem unteren bis oberen Mittelstand und aus Agglomerationen stammen.