Vorsicht beim Umgang mit Personaldossiers
Durch die Zunahme an elektronischer Korrespondenz und Datenerfassung sammeln sich bei Arbeitgebern immer mehr Personendaten über Mitarbeiter an. Diese Personaldossiers sind mit Umsicht zu behandeln, zumal der Arbeitnehmer jederzeit Auskunft darüber verlangen kann.
Illustration: Jonas Raeber
Im Normalfall führt der Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer ein Personaldossier (auch Personalakte genannt). Oft finden sich darin die Bewerbungsunterlagen, der Arbeitsvertrag (einschliesslich allfälliger Reglemente und Abänderungsvereinbarungen), Aufzeichnungen zu Ferienbezügen und Absenzen, Lohndaten, Mitarbeiterbeurteilungen, arbeitsrechtliche Zeugnisse sowie gegebenenfalls auch erfolgte Verwarnungen oder Abmahnungen.
Diese vom Arbeitgeber geführte Sammlung von Unterlagen stimmt nicht zwingend mit dem juristischen Begriff des Personaldossiers überein. Aus rechtlicher Sicht umfasst der Begriff nämlich die Gesamtheit der Aufzeichnungen, die sich auf einen konkreten Arbeitnehmer und den Verlauf des Arbeitsverhältnisses beziehen. Es gilt demnach keine formelle, sondern eine materielle Betrachtungsweise: Ob die betreffende Aufzeichnung tatsächlich im betreffenden Dossier abgelegt wurde oder anderswo, ist unerheblich. Elektronische Aufzeichnungen fallen selbstverständlich auch darunter.
In privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen sind in diesem Kontext die allgemeinen Regelungen im Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) zu beachten, denn Personaldossiers enthalten Personendaten, zum Teil sogar besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile im Sinne des DSG. Daneben bestimmt Artikel 328b des Obligationenrechts (OR), dass der Arbeitgeber Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten darf, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Erfasst ist jede Art von Daten, die sich auf den konkreten Arbeitnehmer bezieht, und «bearbeiten» meint jeden Umgang mit solchen Personendaten, namentlich das Beschaffen, Aufbewahren und Verwenden. Ausgenommen sind immerhin Personendaten, die eine natürliche Person ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch bearbeitet und nicht an Aussenstehende weitergibt. Darunter fallen zum Beispiel persönliche Notizen des Vorgesetzten, welche dieser als Gedächtnisstütze für ein anstehendes Mitarbeitergespräch angefertigt hat.
Gestützt auf das DSG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Auskunft über die ihn betreffenden Personendaten und damit über sein Personaldossier im Rechtssinn verlangen. Dieses Auskunftsrecht kann der Arbeitnehmer grundsätzlich jederzeit geltend machen, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein besonderes Interesse an der Auskunft braucht er nach verbreiteter Auffassung nicht nachzuweisen, sofern sein Begehren nicht als rechtsmissbräuchlich erscheint.
Der Arbeitnehmer hat sein Auskunftsbegehren in der Regel schriftlich zu stellen und kann es vor Gericht im vereinfachten Verfahren durchsetzen. Der Arbeitgeber kann sich dem Auskunftsbegehren nur beim Vorliegen bestimmter Gründe widersetzen. Er kann sich namentlich auf überwiegende Interessen Dritter berufen (wie etwa die Interessen anderer Arbeitnehmer) oder auch auf überwiegende eigene Interessen (wie etwa Geschäftsgeheimnisse), sofern er die Daten nicht Dritten bekannt gibt. Ferner kann es umstritten sein, ob bestimmte Aufzeichnungen als Personendaten einzuordnen und damit vom Auskunftsrecht erfasst sind. Nicht abschliessend geklärt ist zum Beispiel, ob Arbeitszeiterfassungs-Unterlagen als Personendaten zu betrachten sind. Die Auskunft des Arbeitgebers hat grundsätzlich innert 30 Tagen und in der Regel schriftlich zu erfolgen. Sie hat vollständig und wahrheitsgetreu zu sein. Bei einer vorsätzlichen Verletzung der Auskunftspflicht kann der Arbeitgeber mit einer Busse bestraft werden.
Neben der Auskunftspflicht ergibt sich aus dem DSG noch eine Vielzahl weiterer Verpflichtungen, die der Arbeitgeber in Bezug auf Personaldossiers zu respektieren hat. So ist er etwa verpflichtet, die Richtigkeit der im Personaldossier enthaltenen Daten sicherzustellen. Für den Normalfall wird empfohlen, alle zwei Jahre eine entsprechende Überprüfung vorzunehmen. Ebenso hat der Arbeitgeber nicht mehr benötigte Daten zu entfernen, zumal deren Aufbewahrung Artikel 328b OR und das im DSG verankerte Verhältnismässigkeitsprinzip verletzen würde. So wird zum Beispiel vertreten, dass eine Verwarnung nach einer gewissen Zeit ihre Relevanz verlieren kann und deshalb vernichtet werden muss. Weiter hat der Arbeitgeber namentlich angemessene technische und organisatorische Massnahmen zu treffen, um die Personendaten vor einer unbefugten Bearbeitung zu schützen.
Besondere Vorgaben kommen zum Beispiel auch dann zum Tragen, wenn die arbeitgebende Gesellschaft ein «Outsourcing» der Datenbearbeitung ins Auge fasst. Dies gilt in der Regel auch dann, wenn die Bearbeitung «bloss» durch eine andere Konzerngesellschaft erfolgen soll. Dabei sind zusätzliche Anforderungen zu beachten, wenn die Daten vom Ausland aus bearbeitet werden sollen. Insbesondere bedarf es je nach Konstellation einer vorgängigen Information oder Einwilligung des Arbeitnehmers, des Abschlusses einer Vereinbarung zur Datenübertragung verbunden mit einer Notifikation des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten oder auch einer Registrierung der Datensammlung bei dieser Behörde.
Sodann wird vom Arbeitgeber beispielsweise verlangt, dass er den unternehmensinternen Zugriff auf das Personaldossier beziehungsweise die entsprechenden Personendaten nur soweit nötig zulässt. Die Bearbeitung soll demnach neben der Personalabteilung nur denjenigen Personen gestattet werden, die ein berechtigtes, auf die betreffende Arbeitsstelle bezogenes Interesse aufweisen.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber nur noch insoweit Personendaten des ehemaligen Arbeitnehmers aufbewahren, als dass er ein schützenswertes Interesse daran hat. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Arbeitgeber noch Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen hat und hierfür gewisse Daten benötigt, etwa zur Ausstellung des Arbeitszeugnisses oder zur Abwicklung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen. Doch auch in der Wahrung eigener Ansprüche oder in der Abwehr unbegründeter Forderungen des Arbeitnehmers kann ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers liegen, etwa wenn ein Konkurrenzverbot vereinbart wurde oder ein Rechtsstreit zu erwarten ist.